Finanzen

Abschwung im Welthandel: Supertanker fahren zu Niedrigstpreisen auf den Weltmeeren herum

Der Wirtschaftseinbruch trifft die Reeder schwer. Inzwischen müssen sie äußerst niedrige Frachtraten akzeptieren, um überhaupt noch einen der begehrten Transportaufträge zu ergattern.
15.07.2020 13:17
Aktualisiert: 15.07.2020 13:17
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der von der Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftseinbruch rund um den Globus belastet die Transporteure im Energiesektor schwer. Da aufgrund der schwachen Nachfrage weltweit inzwischen mehr Tanker zur Verfügung stehen als Fahrten notwendig sind, müssen die Schiffseigner immer geringere Frachtraten akzeptieren, um an die begehrten Aufträge zu kommen.

Aktuellen Daten des Schiffsmaklers Howe Robinson zufolge sind die durchschnittlichen Gebühren für Großtanker mit einem Fassungsvermögen bis zu 2 Millionen Barrel Erdöl (VLCC – very large crude carriers) zwischen der arabischen Halbinsel und Asien derzeit auf rund 20.000 US-Dollar pro Tag gesunken. Der weltweite Durchschnittspreis lag bei etwa 26.500 Dollar. Bei einem Barrel handelt es sich um ein Faß mit 159 Litern Volumen.

Beachtlich ist: Noch im März lagen die Durchschnittspreise bei 250.000 bis 300.000 Dollar pro Tag, wie das Portal American Shipper damals berichtete. Auch wenn die Preise in den Sommermonaten traditionell stark fallen, liegen die durchschnittlichen Gebühren zu dieser Jahreszeit normalerweise noch immer bei mehr als 28.000 Dollar.

Neben den riesigen VLCCs sind auch Schiffe der kleineren Tankerklassen vom Preisrutsch betroffen. Die Durchschnittspreise bei Suezmax-Schiffen (Volumen von 1 Million Barrel) sanken auf 9.700 Dollar täglich, während Transportschiffe der Aframax-Klasse (750.000 Barrel) noch rund 8.000 Dollar aufrufen können, wie aus Daten von Clarksons Platou Securities hervorgeht. Bei all diesen Gebühren handelt es sich um die tiefsten Preise seit mehreren Jahren.

Die Charterer haben die Oberhand

Der Grund für die sinkenden Preise wurzelt in der schwachen Nachfrage nach Energie-Transporten im Zuge der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Rezession in der Weltwirtschaft. Weil inzwischen mehrere Tanker um ein und denselben Auftrag buhlen, ist das Preisniveau gesunken. Beobachtern zufolge könnte sich sogar eine negative Preisspirale bilden, wenn sich die wirtschaftlichen Gegebenheiten weiter eintrüben.

„Brokern zufolge haben die Charter-Gesellschaften jetzt die Oberhand, weil jede Ausschreibung eine zweistellige Zahl an Angeboten von Schiffseignern erhält. Da so viele Schiffseigner um denselben Auftrag kämpfen, braucht nur einer davon Nerven zeigen und die Preise durch ein günstiges Angebot unter Druck bringen“, wird ein Analyst von Clarksons Platou Securities zitiert.

Zu den weiteren Faktoren, welche zu sinkenden Preisen führen, zählen die vom Ölkartell Opec beschlossenen Förderkürzungen, die scharfen Produktions- und Exportrückgänge US-amerikanischer Fracking-Unternehmen, die traditionell schwachen Sommermonate und die Auflösung der schwimmenden Ölvorräte auf See. Insbesondere letztere ist es, angetrieben von den zunehmenden Corona-Lockerungen weltweit, welche neue Tanker verfügbar macht, die in den vergangenen Monaten vollbeladen auf eine Löschung ihrer Fracht warten mussten und der Angebotsseite nicht zur Verfügung standen.

Letztendlich wird die Schwere der Preis-Baisse von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Ein Analyst von Jefferies erwartet im letzten Quartal des laufenden Jahres aber einen deutlichen Aufschwung. „Die niedrigen Gebühren bei VLCCs sind ein Resultat zu weniger Aufträge und zu vieler Schiffe. Der Markt ist sehr angespannt. (…) Nach sechs bis acht Monaten hoher Preise können sich die Schiffseigner diese niedrigeren Einkünfte aber auch leisten. Ihre Bilanzen und ihre Ausstattung mit Liquidität haben sich in den vergangenen Quartalen deutlich verbessert, weswegen ein paar schlechte Wochen oder Monate keinen so großen Schaden anrichten. Wir erwarten, dass die Preise im Juli und August tief – aber immer noch über der Marke von 20.000 Dollar bleiben werden - bevor es zu einem starken vierten Quartal kommen wird. Ich erwarte dann Gebühren über 50.000 Dollar pro Tag irgendwann in diesem Quartal. In 18 der vergangenen 20 Quartale gab es im Sommer tiefe Preise, welche sich im vierten Quartal erholten.“

Ein Blick in die Vergangenheit nützt dieses Mal jedoch höchstwahrscheinlich nicht, um die Zukunft einzuschätzen. Denn zum einen befindet sich die Weltwirtschaft durch die Pandemie in einem Zustand wie zuletzt in den 1930er Jahren, und zum anderen könnte es sogar zu einer bedeutenden zweiten Welle des Virus kommen, was endgültig alle Prognosen hinfällig machen würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Sondergipfel in Katar: Forderung nach internationalem Waffenembargo gegen Israel
15.09.2025

Der Sondergipfel in Katar hat mit scharfer Kritik auf das israelische Vorgehen reagiert. Mehrere Staaten der Region erklärten ihre...

DWN
Politik
Politik UN-Kritik: Israel zielt auf Journalisten um eigene Gräueltaten zu vertuschen
15.09.2025

252 Reporter sind in gut zweieinhalb Jahren im Gazastreifen getötet worden. Diese Zahl sei kein Zufall, meinen Menschenrechtsexperten und...

DWN
Politik
Politik Elektroautos: Autofahrer revoltieren gegen Brüsseler Kurs
15.09.2025

Subventionen statt Innovation: Während China den Markt dominiert, setzt die EU auf Elektroautos um jeden Preis. Für Autofahrer und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apothekennetz schrumpft - Branche verlangt Reform
15.09.2025

In Deutschland schließen immer mehr Apotheken: Allein im ersten Halbjahr sank die Zahl der Standorte um 238 auf 16.803. Damit hat in den...

DWN
Technologie
Technologie Klage gegen Google: Streit um KI-Zusammenfassungen
15.09.2025

Der US-Medienkonzern Penske Media, zu dem Titel wie Rolling Stone und Hollywood Reporter gehören, hat Google wegen seiner neuen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Handel und Öl: China droht nach Trumps Vorstoß
15.09.2025

Nach den jüngsten Forderungen von Ex-US-Präsident Donald Trump an die Nato-Partner, hohe Zölle auf chinesische Waren zu erheben und den...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street: Zeit für Gewinnmitnahmen und ein Dämpfer für Bitcoin
15.09.2025

Rekorde an der Wall Street, Warnungen vor Rezession und ein Rückschlag für Bitcoin: Anleger fragen sich, ob jetzt die Zeit für...

DWN
Politik
Politik Hybrider Krieg: Moskau intensiviert Angriffe auf Europa
15.09.2025

Russische Drohnen über Polen, Drohungen gegen die NATO: Moskau intensiviert seinen hybriden Krieg. Für Deutschland wächst der Druck,...