US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag angekündigt, den Spezialstatus im Handel mit Hongkong zu beenden. Die Maßnahme wird als Reaktion auf das neue „Sicherheits-Gesetz“ für Hongkong verkauft, welches die chinesische Regierung erlassen hat.
Diese Beendigung des Spezialstatus bedeutet konkret, dass fortan Importe aus Hongkong denselben Zollsätzen unterliegen wie Importe aus Festland-China. Dies ist insofern wichtig, als das es einen bedeutenden Export aus den südlichen Provinzen Chinas – insbesondere Shenzen – gibt, der über einen Zwischenhandel in Hongkong abgewickelt wird. De facto ist dies nichts anderes als eine weitere Zollerhöhung für Importe aus China. Denn Güter aus Hongkong werden sowieso kaum noch in die USA exportiert – die Stadt ist, ähnlich wie London, vor allem Finanzzentrum.
Am Mittwoch veröffentlichte zudem die New York Times den Inhalt eines Entwurfs, nachdem Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas keine Einreisevisa mehr in den USA bekommen würden. Außenminister Mike Pompeo legte nach, indem er zusätzliche Visa-Beschränkungen für Angestellte von Huawei und anderen Technologie-Unternehmen ankündigte.
Dazu kommt, dass bereits eine Woche zuvor er und Trump China scharf vor der Ausweitung seines Hoheitsgebiets im Südchinesischen Meer gewarnt hatte.
Man muss konstatieren: Die Maßnahmen stellen eine Eskalations-Spirale dar, an der in letzter Zeit wöchentlich und jetzt praktisch täglich gedreht wird. China reagiert jeweils prompt und hart und lässt sich praktisch nichts gefallen.
Der Hintergrund dieses Szenarios liegt erstaunlicherweise nicht im Bereich der Außen-, sondern der Außenpolitik: Trump liegt in den Umfragen dreieinhalb Monate vor den Präsidentschaftswahlen klar hinter seinem Herausforderer Joe Biden zurück. Zusätzlich ist er in jedem einzelnen der sechs oder sieben Schlüsselstaaten, welche für die Mehrheit im Wahlmänner-Gremium entscheiden werden, deutlich abgeschlagen. Die Gründe dafür sind die Wirtschaftslage, die außer Kontrolle geratene Coronavirus-Krise, für die Trump persönlich verantwortlich gemacht wird, und die aggressive sektiererische innenpolitische Rhetorik von Präsident Trump, des Präsidenten, die mittlerweile überhaupt nicht mehr gut ankommt.
Im Team des Präsidenten sowie bei den Republikanern im Kongress macht sich Endzeit-Stimmung breit. Der Präsident hat gerade seinen gefeierten Wahlkampf-Manager von 2016, Brad Parscale, gefeuert, und schießt auch sonst wild um sich, um von seinem persönlichen Versagen in der Coronavirus-Krise abzulenken. Den Fokus auf China als Feind zu lenken, ist eine dankbare und innenpolitisch wenig kostspielige Strategie. Die Republikaner im Kongress wie auch weitherum die Demokraten und die Medien opponieren in der Sache nämlich überraschend wenig. Zudem wird sich der bisher im Schatten agierende Wahlkampfgegner Joe Biden trefflich als Agent Chinas verteufeln lassen. Trumps letzte Chance?
Mit seiner Strategie kann Trump ablenken von der eigenen Verantwortung und versucht, Fragen aus dem Weg zu gehen, weshalb die Farmer und die Industriearbeiter sowie die Massen von Arbeitslosen und überhaupt große Teile der Bevölkerung leiden, und warum die Coronavirus-Krise außer Kontrolle geraten ist.
Die Eskalation hat aber auch eine geopolitische Dimension. Mitten in der größten Krise der Weltwirtschaft und der amerikanischen Wirtschaft seit 90 Jahren, scheint sich ausgerechnet die Wirtschaft Chinas am raschesten aus der Krise zu befreien. Der als Hauptfeind identifizierte Rivale profitiert sogar teilweise noch von der Krise, und kann seine Exporte ungeahnt steigern. Demgegenüber ist die amerikanische Wirtschaft – aller positiven Rhetorik zum Trotz – in der Coronavirus-Pandemie gefangen.
Es ist ein Umfeld, in dem Überraschung und Eskalation in der Luft liegen. Anleger, die heute vertrauensvoll in Risiko-Aktiven investieren, müssen sich auf mögliche herbe Schläge gefasst machen.