Gold ist wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise so teuer wie noch nie. In der Nacht auf Montag stieg der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) an der Börse in London bis auf 1944,71 US-Dollar. Damit wurde das bisherige Rekordhoch von rund 1921 Dollar vom September 2011 deutlich übertroffen. Zuletzt bröckelte der Kurs wieder etwas ab, lag am Montagmittag aber immer noch fast zwei Prozent im Plus bei 1939 Dollar.
Marktbeobachter sprachen von einer starken Preisdynamik und wollten einen Anstieg über 2000 Dollar nicht ausschließen. Seit Beginn des Jahres ist der Goldpreis um etwas mehr als ein Viertel gestiegen, wobei der Kurs vor allem seit Mitte Juni stark zulegte. Mitte März kostete eine Feinunze zeitweise weniger als 1500 Dollar.
Als der wichtigste Preistreiber beim Gold gilt die Unsicherheit über den Fortgang der Corona-Krise. Zuletzt rückte mit einer hohen Zahl von Neuinfektionen in den Vereinigten Staaten die Sorge vor einem konjunkturellen Rückschlag in der größten Volkswirtschaft der Welt in den Vordergrund. Die enormen Hilfspakete führender Notenbanken und großer Industriestaaten zur Ankurbelung der Wirtschaft verstärkte bei vielen Anlegern die Sorge vor einem künftigen Anstieg der Inflation.
Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank verwies auf einen starken Zuwachs der Geldmenge und einer damit verbundenen Sorge vor einer schleichenden Geldentwertung. Gold wird von vielen Anlegern als Krisen- und Inflationsschutz geschätzt.
Goldhändler berichten von einer hohen Nachfrage nach Wertpapieren, die mit Gold hinterlegt sind. "Zweifellos ist die globale Nachfrage der ETF-Investoren derzeit die große Kraft, die die Preise nach oben treibt", kommentierte Hans-Günther Ritter, Leiter des Edelmetallhandels beim Technologiekonzern Heraeus. Commerzbank-Experte Fritsch bezifferte die ETF-Zuflüsse in der vergangenen Woche auf 55 Tonnen.
Die Corona-Krise zeigte aber auch direkte Auswirkungen auf die Fördermenge. Heraeus-Experte Ritter verwies auf Aussagen des Interessenverbands World Gold Council. Demnach sei die Minenproduktion in wichtigen Förderländern im ersten Quartal um drei Prozent auf das niedrigste Volumen seit 2015 gesunken. Für das zweite Quartal liegen noch keine Daten zur Fördermenge vor. Bei Heraeus wird aber allenfalls "eine marginale Erholung" erwartet.
Darüber hinaus sorgt auch die jüngste Kursentwicklung am Devisenmarkt für eine stärkere Nachfrage nach Gold. Wegen der Sorge um die weitere Entwicklung der US-Wirtschaft ist die amerikanische Währung zuletzt spürbar unter Druck geraten. Weil Gold auf dem Weltmarkt in US-Dollar gehandelt wird, macht ein Kursrückgang der amerikanischen Währung das Edelmetall außerhalb des Dollar-Raums günstiger und stärkst so die Nachfrage.
Nach Einschätzung von Fritsch spricht die derzeitige Dynamik für eine Fortsetzung der Preisrally. "Gold könnte daher schon in den nächsten Tagen die Marke von 2000 Dollar in Angriff nehmen", sagte der Commerzbank-Experte. Rohstoffexpertin Gabriele Widmann von der Dekabank warnte hingegen, dass es nach dem jüngsten starken Anstieg des Goldpreises "durchaus zu einer Korrektur kommen könnte".