Marktbericht

Bedrohliche Trends am Automarkt: Kaufprämie erzeugt Stagflation bei E-Autos, Nachfrage im Gesamtmarkt bricht weg

Die Situation am Automarkt verdunkelt sich. Die Nachfrage ist weg, die Produktion liegt brach. Und am Markt für E-Autos herrscht dank der steuergeldfinanzierten Kaufprämie Stagflation, schreibt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.
11.08.2020 11:45
Aktualisiert: 11.08.2020 11:45
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Bedrohliche Trends am Automarkt: Kaufprämie erzeugt Stagflation bei E-Autos, Nachfrage im Gesamtmarkt bricht weg
Eine Rabattaktion in einem deutschen Autohaus. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Gollnow

Die Autorabatte im Juli sind deutlich gestiegen und liegen über den Vorjahres- und Vormonatsrabatten. Die Rabattwelle ist gestartet. Drei Effekte machen die Steigerung aus: Erstens, deutlich gestiegene Durchschnitts-Rabatte für die 30 meistverkauften Neuwagen auch als Resultat der Mehrwertsteuersenkung, zweitens äußerst hohe Rabatte auf Elektroautos aufgrund der staatlichen Kaufprämien für Elektroautos und drittens wieder gestiegene Eigenzulassungen.

Rabatt-Hoch bei Internetvermittler

Durch die zeitlich begrenzte Mehrwertsteuer-Senkung haben die Rabatte bei Internetvermittlern für die 30 meistverkauften Neuwagen im Juli ein Rekordhoch von 22,5% oder 6.941 Euro erreicht. Im Vorjahresmonat waren es 18,7%.

Seit Januar 2013 erfasst das CAR die Internetrabatte im deutschen Automarkt (vgl. auch Abb. 1). Damals wurden die 30-meistverkauften Neuwagen im Schnitt mit 18,8% Rabatt auf den Listenpreis verkauft. Die niedrigsten Rabatte bei Internetvermittler wurden im August 2015 mit 17,5% im Durchschnitt gewährt. Legt man den Listenpreis der Neuwagen mit der üblichen Mehrwertsteuer von 19% zugrunde ergibt sich für Juli 2020 ein Rabatt Nachlass von durchschnittlich 6.884 Euro.

Die Aktionen „Wir schenken die MwSt“ wird oft „verrechnet“

Autobauer wie Opel, Kia, Nissan, Renault, Seat und VW hatten bereits vor Juli in Werbekampagnen versprochen, die Mehrwertsteuer nicht nur um 3% zu senken, sondern die kompletten Mehrwertsteuern den Kunden zu erlassen. Unsere Analyse der Internetrabatte bei den 30-meistverkauften Neuwagen zeigt, dass die geschenkte Mehrwertsteuer oft mit anderen Rabatten verrechnet wird und damit das Geschenk oft bescheiden ausfällt.

So etwa beim Opel Astra, Corsa oder Crossland X. Im Mai 2020, also vor der „geschenkten“ Mehrwertsteuer wurden die Modelle mit 2,2% bzw. 2,3% weniger Nachlass angeboten, wie Abb. 2 zeigt. Auch bei Renault ging man mit dem Geschenk für den Captur mit 2,0% Zusatzrabatt sparsam um. Ähnliches gilt für Seat. Großzügiger war da VW, wobei auch hier das „Geschenk“ mit anderen Rabatten „verrechnet“ wurde

Elektroautos erzeugen Stagflation

Extrem sind die Rabatte dank der staatlich finanzierten Umwelt-Prämie bei den Elektroautos. Abb. 3 gibt den Überblick über die 15 meistverkauften Modelle, die knapp 85% des batterieelektrischen Marktes abbilden. Außer dem Porsche Taycan bekommen alle die Umwelt-Prämie, wobei sie beim Audi e-tron aufgrund des Listenpreises auf 5.000 Euro beschränkt ist und der Rest beim Kauf mit 6.000 Euro honoriert wird.

Damit kostet der Elektro-Smart noch 12.579 Euro. Kein Wunder, dass ein Ansturm auf das Auto entbrannt ist, so dass Daimler gezwungen war, das Modell auf nicht lieferbar zu setzen. Auch bei Skoda und beim VW up mußten „Zwangs-Kontingente“ verkündet werden. Die Entwicklung zeigt, wie schräg die Umweltprämie konzipiert wurde. Viel Steuergeld wird eingesetzt, um Lieferengpässe oder Lieferstopps zu erzeugen. Die hohen Elektroauto-Subventionen treiben die Rabatte im deutschen Automarkt nach oben, aber ändern wenig am Markt. Ein klassischer Stagflations-Effekt. Die Preise – hier Rabatte – schießen nach oben, aber die Nachfrage oder das Angebot bleibt beschränkt.

Steigende Eigenzulassungen – hohe unausgelastete Kapazitäten

Der dritte Auslöser für steigende Rabatte sind steigende Eigenzulassungen. Abb. 4 zeigt, dass die Eigenzulassungs-Quote im Juni auf 26,9% aller Neuwagenzulassungen angestiegen ist. Das ist höher als im Vormonat und höher als im Vorjahres-Monat (24,3%).

Hohe Eigenzulassungen sind ein Zeichen für Marktschwäche, nicht ausgelastete Produktionskapazitäten. Nach kurzer Zeit werden die Fahrzeuge als Kurzzulassungen oder junge Dienstwagen mit Rabatten von 25% + x als junge Gebrauchte verkauft. In Zeiten hoher unausgelasteter Kapazitäten - wie derzeit durch Corona – macht es Sinn, Neuwagen zu Preisen leicht über den Deckungsbeiträgen abzugeben. Damit erzeugen die Fahrzeuge Verluste, helfen aber dennoch einen Teil der Fixkosten abzudecken.

Derzeit sind europaweit nach unserer Einschätzung mehr als 40% der Produktionskapazitäten nicht ausgelastet. Der Markt ist schwach. Also werden in den nächsten Monaten die Rabatte weiter steigen, um dann bei zum Teil Verlusten die Verlusthöhe einzugrenzen. Bei den Eigenzulassungen hat Mazda mit 49% ebenso wie Opel (42%) und Fiat (40%) eine kritische Grenze erreicht. Hoch sind auch die Eigenzulassungen bei Porsche, Hyundai, Nissan.

Fazit: Stagflations-Effekte

Der deutsche Automarkt ist in schwieriger Verfassung. Die deutlich steigenden Rabatte weisen auf die schwache Kapazitätsauslastung bei den Autobauern hin. Das Problem dürfte sich in den nächsten Monaten kaum abschwächen, da Gesamt-Europa durch die Corona-Pandemie deutlich Kaufkraft entzogen wird. Gleichzeitig steigen in Teilbereichen wie den Elektroautos die Rabatte in nicht nachvollziehbare Höhen. Mit staatlichen Prämien werden Lieferstopps und Lieferengpässe erzeugt und gleichzeitig die Rabattspirale angetrieben. Ein fast schon bizarres Bild. Die nächsten Monate werden nach unserer Einschätzung weiter steigende Rabatte bringen. Eine Rückkehr zur „Normalität“ ist überhaupt nicht erkennbar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Führen Sie die weltweit größten Kryptowährungen wie DOGE und BTC direkt ein und erzielen Sie über die COME-Mining-Plattform einen Gewinn von über 5.000 US-Dollar pro Tag.

Die Nachfrage nach Bitcoin (BTC) ist in letzter Zeit weiter gestiegen, und die Anlegerstimmung hat sich deutlich verbessert. Die COME...

DWN
Panorama
Panorama Autokrise trifft Kommunen: Wie Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt sparen müssen
16.10.2025

Die Automobilkrise trifft nicht nur Konzerne, sondern auch ganze Städte. Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt verlieren Millionen an...

DWN
Finanzen
Finanzen Trade Republic-Aktie im Fokus: Trade Republic hat Portfolio um Festzinsprodukte erweitert
16.10.2025

Die Trade Republic-Aktie steht erneut im Fokus, nachdem das Unternehmen sein Angebot im Bereich Zinsprodukte erweitert hat. Anleger...

DWN
Politik
Politik 123.000 Sicherheitsbeauftragte sollen wegfallen
16.10.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will Betriebe von Bürokratie beim Arbeitsschutz entlasten und mehr als 123.000 spezielle...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären
16.10.2025

Fünf Jahre nach der spektakulären Pleite von Wirecard stehen zehntausende Aktionäre noch immer mit leeren Händen da. Ihre Forderungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ryanair-Aktie im Blick: Fluggesellschaft Ryanair reduziert Angebot in Deutschland
16.10.2025

Die irische Fluggesellschaft Ryanair setzt ihren Kurs der Angebotsreduzierung in Deutschland fort. Im Winterflugplan 2025/2026 werden...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis auf Rekordniveau: Warum Silber den großen Bruder Gold aktuell in den Schatten stellt
16.10.2025

Nach seinem Allzeithoch zur Wochenmitte zeigt sich der Silberpreis aktuell kaum schwächer und bleibt auf Rekordniveau. Während der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quereinsteiger: Fachfremde Talente finden und erfolgreich einarbeiten
16.10.2025

Vor einigen Jahrzehnten war es noch üblich, den Beruf, der als junger Erwachsener erlernt wurde, bis zur Rente auszuführen. In unserer...

DWN
Finanzen
Finanzen TSMC-Aktie auf Wachstumskurs: Neuer Höchstwert durch KI
16.10.2025

TSMC profitiert vom globalen KI-Boom und setzt neue Maßstäbe im Chipmarkt. Der taiwanische Konzern erwartet 2025 einen höheren Umsatz...