Finanzen

Bargeldlos zahlen wegen Corona: Für viele Bürger wartet am Monatsende eine kleine Kosten-Überraschung

Die Corona-Krise deckt Nachteile bargeldloser Bezahlsysteme auf, welche in normalen Zeiten häufig übersehen wurden.
22.08.2020 13:00
Lesezeit: 2 min
Bargeldlos zahlen wegen Corona: Für viele Bürger wartet am Monatsende eine kleine Kosten-Überraschung
Ein Kontoauszug. (Foto: dpa) Foto: Jens B

Bargeldlos im Supermarkt oder Restaurant zu bezahlen, hat in der Corona-Krise an Bedeutung gewonnen. Doch das kann ins Geld gehen, wie Stiftung Warentest in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest berichtet. Bei einer Auswertung von 294 Kontomodellen von 125 Kreditinstituten in Deutschland wurden 55 Modelle gefunden, bei denen für jedes Bezahlen mit der Girocard (EC-Karte) Gebühren fällig werden - teilweise bis zu 50 Cent. „Diese Gebühren gab es bereits schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Sie fielen jedoch kaum auf, weil viele Menschen bar bezahlten“, sagt Finanztest-Expertin Heike Nicodemus.

Die Corona-Krise hat dem Bezahlen per Karte Studien zufolge einen Schub gegeben. So gaben beispielsweise bei einer Anfang Juli veröffentlichten YouGov-Befragung 35 Prozent der Verbraucher an, zum Schutz vor möglichen Ansteckungen seit Beginn der Pandemie in Geschäften seltener bar zu zahlen. Wegen der Pandemie bieten Handelsketten, Restaurants und Geschäfte verstärkt Kartenzahlungen anstelle von Bargeld an.

„Grundsätzlich stellen wir seit Jahren einen Trend zu mehr und zunehmend höheren Gebühren für Serviceleistungen fest“, sagte Nicodemus der Deutschen Presse-Agentur. „Der Extra-Service kann teuer werden. Die Banken wollen, dass die Kunden möglichst viel selber machen.“ Die Tester werteten 294 Kontomodelle von 125 Kreditinstituten in Deutschland aus. Darunter alle bundesweiten Finanzhäuser sowie Direkt- und Kirchenbanken, alle Sparda- und PSD-Banken sowie die größten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbank je Bundesland.

Auch hier: Ursache der Probleme ist die expansive Geldpolitik er EZB

Letztendlich ist die Verhängung von Gebühren Folge des Umstandes, dass die Europäische Zentralbank die Geschäftsbanken des Kontinents mit ihrer radikalen Geldpolitik immer mehr unter finanziellen Zugzwang setzt.

Niedrigzinsen und Kosten für strengere Regulierung setzen die Finanzhäuser unter Druck. Parken Banken Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB), müssen sie zudem 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, klagt die Branche über eine Milliardenbelastung. Die Kreditinstitute treten daher auf die Kostenbremse. So sinkt die Zahl der Filialen seit Jahren. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank verringerte sich ihre Zahl allein im vergangenen Jahr um 1.220 oder 4,4 Prozent auf 26.667 Zweigstellen.

Zugleich drehen die Institute an der Gebührenschraube. Oft sind es Papierüberweisungen, Anrufe beim Telefonservice oder das Geldabheben an einem Automaten, der nicht zum Pool der Kundenbank gehört. Bis zu 5 Euro verlangen manche der ausgewerteten Geldhäuser den Angaben zufolge für eine Papierüberweisung. Geldabheben am Automaten einer fremden Bank kann bis zu 6 Euro kosten.

Die größten Chancen auf ein kostenloses Girokonto bestehen bei online geführten Versionen. Die Tester fanden aktuell 20 online geführte Gehaltskonten, die ohne weitere Bedingungen kostenlos sind. Allerdings kommt bei den meisten noch eine Jahresgebühr für die Kreditkarte hinzu. Serviceleistungen wie Anrufe beim Telefonservice oder Überweisungen auf Papier kosten auch hier in der Regel extra.

Als kostenlos definiert Stiftung Warentest: Keine Grundgebühr, keine Gebühr für den Kontoauszug, bei Buchungen, für die Girocard und beim Geldabheben am Automaten im eigenen Bankenpool sowie keine Bedingungen wie regelmäßiger Geld- und Gehaltseingang in einer bestimmten Höhe.

„Neben den kostenlosen 20 Girokonten haben wir 71 Kontenmodelle gefunden, die bis zu 60 Euro im Jahr kosten“, sagte Nicodemus. „Diese Summe ist aus unserer Sicht in Ordnung. Es muss nicht immer kostenlos sein, schließlich steht eine Leistung dahinter.“

Jeder Verbraucher müsse entscheiden, welches Kontomodell für ihn passe. „Nicht jeder hat Zugang zum Internet und nicht jeder möchte Onlinebanking machen.“ Verbraucher sollten auf jeden Fall die jährliche Entgeltaufstellung genau überprüfen. „Dort können sie erkennen, was die Kosten nach oben treibt“, empfiehlt die Finanztest-Expertin.

Nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Beratungsunternehmens PwC werden drei Viertel aller privaten Bankgeschäfte in Deutschland mittlerweile online abgewickelt. Vor zwei Jahren lag der Anteil noch bei rund 71 Prozent. PwC führte den Anstieg unter anderem auf die Corona-Pandemie zurück. So gaben 15 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Bankgeschäfte aufgrund der Pandemie häufiger online ausgeführt hätten als früher.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...