Politik

Polnische Regierung besetzt Obersten Gerichtshof mit regimetreuen Richtern

Lange war es still geworden um den Dauer-Konflikt, den die EU mit Polen wegen des Umbaus des Justizwesens hat. Nun gibt es eine neue große Etappe.
14.09.2020 10:29
Lesezeit: 1 min
Polnische Regierung besetzt Obersten Gerichtshof mit regimetreuen Richtern
Hier protestieren Polen gegen den fortschreitenden Umbau des Justizwesens durch die Regierung. (Foto: dpa) Foto: Omar Marques

Polen plant weitere Schritte, um sein Verfassungssystem im autoritären Stil umzubauen – des jahrelangen Widerstandes der EU zum Trotz: So will die nationalkonservative Regierungspartei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) die letzten unabhängigen Richter aus dem Obersten Gerichtshof herausdrängen, der im Land die höchste Instanz in Straf- und Zivilsachen darstellt.

Wie die konservative Tageszeitung „Rzeczpospolita“ berichtet, hat die Partei vor, das Gremium der Richter von derzeit 100 auf 20 bis 30 Juristen zu verringern. Der Großteil wird in den Ruhestand geschickt. Etwa 50 von ihnen gelten noch als unabhängig.

Die verkleinerte Gruppe soll eine Art Elite von Juristen bilden, die der Regierung besonders unkritisch gegenüberstehen. Doch das ist noch nicht alles: Die Straf- und die Zivilkammer, die bisher getrennt waren, sollen nun zusammengelegt werden. Die Partei sieht auch einen ähnlichen Umbau bei den allgemeinen Gerichten und bei den Verwaltungsgerichten vor, der allerdings weniger radikal ausfallen wird.

Dabei sollen die Richter bei den allgemeinen Gerichten keine doppelte Funktion mehr wahrnehmen, um die Qualität der Arbeit zu verbessern. Denn dadurch hat jeder einzelne Jurist zu wenig zu wenig Zeit, um eine Aufgabe effektiv zu lösen. „Wir wollen zudem die Zahl der Fälle begrenzen, die es zu arbeiten gibt“, sagte die stellvertretende Justizministerin Anna Dalkowska und wies daraufhin, dass die Gerichte derzeit pro Jahr etwa 16 Millionen Angelegenheiten bearbeiten müssen.

Kritische Worte von der Juristen-Vereinigung

„Die Regierung will nun auch den Obersten Gerichtshof so umbauen, wie sie es auch mit dem Verfassungsgericht gemacht hat, der der Regierung vollkommen unkritisch gegenüber steht“, erklärte Bartłomiej Przymusiński, der Sprecher der polnischen Juristenvereinigung „Iustitia”.

Polen befindet sich seit Jahren mit der EU im Clinch über den Umbau des Verfassungssystems, das nicht mehr demokratischen Prinzipien entspricht, die in der Gemeinschaft gelten. Insbesondere die Gewaltenteilung wird immer weiter ausgeweicht. Trotz des heftigen Widerstandes der EU beschleunigt Warschau unaufhörlich die Restrukturierung des Justizwesens.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...