Politik

Russland-Affäre: Untersuchung des US-Senats entlastet Trump - belastet jedoch Putin

Inwiefern hat Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf 2016 Hilfe von Russland bekommen? Eine parteiübergreifende Untersuchung des US-Senats entkräftet die meisten Vorwürfe gegen Trump. Doch den Spionage-Vorwurf gegen Russland halten die Senatoren aufrecht.
19.09.2020 12:00
Lesezeit: 4 min
Russland-Affäre: Untersuchung des US-Senats entlastet Trump - belastet jedoch Putin
28.06.2019, Japan, Osaka: Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Donald Trump, Präsident der USA, kommen zu einem Gruppenfoto beim G20-Gipfel. (Foto: dpa) Foto: Lukas Coch

Nach Angaben des neuen Berichts des Geheimdienstausschusses des US-Senats reiste Donald Trump im Jahr 1996 nach Moskau, um nach neuen Möglichkeiten für seine Immobiliengeschäfte zu suchen. Er erhielt kein zufriedenstellendes Angebot, aber hatte offenbar eine kurze Affäre mit einer Russin, obwohl er zu diesem Zeitpunkt mit Marla Maples verheiratet war. In dem Bericht, der einen parteiübergreifenden Charakter hat, ist der Name der Russin unkenntlich gemacht und ihr Gesicht auf Fotos verdunkelt. Es wird jedoch ausführlich erklärt, wie russische Geheimdienstmitarbeiter die sexuellen Aktivitäten ausländischer Geschäftsleute bei ihren Russland-Besuchen genauestens überwachten, und festgestellt, dass der in Moskau ansässige US-Geschäftsmann, der Trump der Russin vorstellte, wahrscheinlich russische Regierungsbeamte von der Angelegenheit unterrichtete.

Die Art und Weise, wie der Senatsausschuss mit Trumps Moskau-Besuch umgeht, ist beeindruckend: Er bemüht sich erfolgreich um Überparteilichkeit und Vollständigkeit. Und: Er befasst sich lediglich mit Ereignissen, für die es faktische Evidenz gibt.

Diejenigen, die das berühmt-berüchtigte Steele-Dossier anfertigten mit dem Ziel, Trump zu schaden, sollten sich am Senatsausschuss ein Beispiel nehmen. Der Justizausschuss des US-Senats hat bereits festgestellt, dass die Inhalte des angeblich so penibel recherchierten Dossiers weitestgehend erlogen waren. Der damalige FBI-Chef James Comey hat die Öffentlichkeit bewusst getäuscht und in die Irre geführt. Und Christopher Steele, der Haupt-Verfasser des Dossiers, hat bereits vor einem Londoner Gericht ausgesagt, dass er im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2016 beauftragt wurde, für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton Argumente zu beschaffen, mit denen sie den Ausgang der Wahl würde anfechten können, falls Trump sie gewinnen sollte.

Bericht entlastet Trump - aber belastet Russland

Der aktuelle Senatsbericht widerlegt viele der Anschuldigungen gegen Trump und auch einige, die gegen Russland erhoben werden. Allerdings liefert er eine Fülle von Beweisen dafür , dass Russland bei den Präsidentschaftswahlen 2016 eingriff, um Trump zum Sieg zu verhelfen.

Darüber hinaus bietet er die erste detaillierte Untersuchung des komplexen Beziehungsnetzwerks zwischen Trump und seinem sich ständig verändernden Kreis persönlicher und geschäftlicher Mitarbeiter auf der einen Seite sowie einer Reihe russischer Oligarchen und anderer russischer und ukrainischer Persönlichkeiten mit Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der anderen Seite.

Seit seiner Veröffentlichung am 18. August 2020 wurde dem Bericht des Senats wenig Beachtung geschenkt. Er ist jedoch von besonderer Bedeutung, da sich der US-Wahlkampf 2020 verschärft und Trump und seine Anhänger weiterhin bestreiten, dass Russland versucht hat, Trump 2016 zum Sieg zu verhelfen (und da dies vor vier Jahren geschehen ist, kann man davon ausgehen, dass Moskau sich auch in die diesjährige Wahl einmischen wird).

Massive Kritik an Sonderermittler Robert Mueller

Der Senatsbericht kritisiert den Bericht des US-Sonderermittlers Robert Mueller (des damaligen FBI-Chefs) zum Themenkomplex Trump-Russland, weil der Bericht offenbar darauf angelegt war, Trump und seinen engeren Kreis strafrechtlich zu belangen. Liest man den Bericht, erhält man das Gefühl, dass Mueller eine persönliche Fehde mit Trump ausfechten wollte. Er war offensichtlich in hohem Maße befangen, ja voreingenommen.

Der Senat kritisiert darüber hinaus, dass Mueller den Bericht durch die Medien ausschlachten ließ, obwohl es sich bei den Untersuchungen um Angelegenheiten aus dem Bereich Spionageabwehr handelte, die der Geheimhaltung unterliegen.

Der Senat kritisiert aber nicht nur Mueller. Er übt auch massive Kritik an Russland.

Russland soll gegen Clinton vorgegangen sein - und Trump profitierte davon

Im Bericht des Senatsausschusses heißt es: „Der Ausschuss stellte fest, dass der russische Präsident Wladimir Putin angeordnet hatte, Computernetzwerke und Konten der Demokratischen Partei zu hacken und Informationen zu verbreiten, die Hillary Clinton und ihrer Präsidentschaftskampagne schaden sollten. Moskaus Absicht war es, der Clinton-Kampagne Schaden zuzufügen, nach einem - zu erwartenden - Sieg Clintons ihr politische Erfolge zu erschweren sowie - nachdem Trump der mutmaßliche republikanische Kandidat geworden war - den demokratischen Wahl-Prozess in den USA zu untergraben. Während WikiLeaks sowie die ´Hauptverwaltung für Aufklärung´ (GRU) (das leitende Zentralorgan des Nachrichtendienstes der russischen Streitkräfte - Anm. d. Red.) gehackte Dokumente veröffentlichten, versuchte das Wahlkampf-Team von Trump, die Wirkung dieser Materialien zu maximieren, um Trumps Wahlaussichten zu erhöhen. Zu diesem Zweck ergriff das Trump-Team Maßnahmen, um vorab über WikiLeaks´ Veröffentlichungen von Clinton-E-Mails informiert zu werden."

Die GRU soll die Hacks durchgeführt und Daten an WikiLeaks übermittelt haben.

Einer der faszinierendsten Abschnitte des Berichts befasst sich mit der Beziehung zwischen Paul Manafort, dem ehemaligen Vorsitzenden der Trump-Kampagne, und einem russischen Geheimdienst-Offizier. In der Tat ist der Abschnitt über Manafort ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Ermittler des Senats eine bekannte Episode in der Angelegenheit "Trump-Russland" mit neuen Augen betrachteten und im Gegensatz zu Müller neue Informationen fanden.

Im März 2016 schloss sich der langjährige internationale Lobbyist Paul Manafort der Trump-Kampagne an und wurde im Mai zum Chef der Kampagne ernannt. Manafort bot an, kostenlos für Trump zu arbeiten. Er hatte jahrelang für den russischen Oligarchen Oleg Deripaska gearbeitet, der ihn beauftragt hatte, Einfluss in Ländern zu bekommen, in denen Deripaska Geschäftsinteressen hatte. Deripaska machte Manafort auch mit ukrainischen Oligarchen bekannt, und schließlich arbeitete Manafort für den pro-russischen Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, bis dieser 2014 nach der Maidan-Revolution in der Ukraine gestürzt wurde.

Einer der engsten Helfer von Manafort während seiner Zeit in der Ukraine war Konstantin Kilimnik, den der Senatsbericht als russischen Geheimdienstoffizier ausweist. Kilimnik diente auch als Verbindungsmann von Manafort zu Deripaska.

Als er während der Kampagne 2016 für Trump arbeitete, blieb Manafort in Kontakt mit Kilimnik und gab ihm die internen Umfragedaten der Trump-Kampagne, die zeigten, dass der Schlüssel zum Sieg über Clinton darin bestand, negative Einstellungen über sie bei den Wählern zu fördern.

Fazit

Somit kann abschließend zusammengefasst werden, dass die Demokraten und das FBI unter Comey mit ziemlich unfairen und illegalen Mitteln Präsident Trump stürzen wollten. Doch auch Trumps Team hat offenbar im Wahlkampf 2016 alles dafür getan, um zu verhindern, dass Clinton das Präsidentenamt ergattert. Problematisch ist, dass ein Großteil der medialen Öffentlichkeit in Westeuropa, gerade auch in Deutschland, sich lediglich auf die belastenden Fakten gegen Trump stürzte, während über die Lügen des Steele-Dossiers, die den Sturz von Trump dienen sollten, nahezu überhaupt nicht berichtet wurde.

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