Die Deutsche Bank will jede fünfte Filiale in Deutschland schließen. "Wir planen, die Zahl der Filialen so rasch wie möglich von gut 500 auf etwa 400 zu verringern", sagte Philipp Gossow, Leiter des Privatkundengeschäfts der Marke Deutsche Bank. "Das wollen wir hauptsächlich in Städten tun, in denen wir ohnehin mit mehreren Filialen vertreten sind." In ländlicheren Gebieten wolle die Bank bleiben, um ein flächendeckendes Filialnetz zu erhalten.
Mit den Schließungen sei auch ein Stellenabbau verbunden, die Zahl der Berater solle aber stabil bleiben. Die wegfallenden Arbeitsplätze gehören zu den 18.000 Stellen, deren Abbau im Rahmen der neuen Konzernstrategie Vorstandschef Christian Sewing bereits im Juli 2019 angekündigt hatte.
"Die Anforderungen an die Beratung und das Filialgeschäft haben sich durch Corona weiter verändert", sagte Gossow. "Selbst Kunden, die früher nicht viel anfangen konnten mit Online-Banking, erledigen mittlerweile viele einfache Bankgeschäfte am Computer oder iPad von zu Hause aus." Selbst komplexe Beratungen wie etwa bei Wertpapieren fänden mittlerweile häufiger über Video oder Telefon statt.
Seit Ausbruch der Pandemie seien auch Bargeldabhebungen weniger geworden, Kunden zahlten mehr mit Karten oder dem Smartphone. "Die Nachfrage der Kunden nach Beratung ist seit der Corona-Krise deutlich gestiegen. Die Kunden gehen aber für die Beratung seltener in die Filiale."
Künftig werde sich das Geldhaus mehr über Video und Telefon an Kunden wenden, erläuterte Gossow, der die Pläne in Frankfurt bei einer Bankenkonferenz präsentierte. Dafür werde mehr Geld in den Ausbau von Technologie investiert, um etwa Produktabschlüsse über das Internet zu ermöglichen.
Ausprobieren will die Deutsche Bank auch sogenannte Anlagezentren. "Kunden können diese bei Bedarf nach vorheriger Terminvereinbarung aufsuchen und werden von ihrem Berater in einer Art Bankbüro beraten", sagte Gossow. "Auf die sonst übliche Infrastruktur einer Filiale wie SB-Zone oder Schalterraum verzichten wir."
Finanzchef James von Moltke sieht die Deutsche Bank durch den großangelegten Umbau in einer guten Position für eine Konsolidierung in der Branche. Das Institut arbeite daran, sich auf eine Fusionswelle vorzubereiten. "Wir fokussieren uns auf die Umsetzung unserer eigenen Strategie und wir sind der Überzeugung, dass uns diese Strategie auf Fusionen vorbereitet, wenn die Zeit gekommen ist und sich die richtigen Gelegenheiten ergeben", sagte er. Die industrielle Logik hinter Bankenfusionen sei groß. Übernahmen im Heimatmarkt seien aber nach wie vor schwierig. 2019 hatte die Deutsche Bank eine Fusion mit der Commerzbank ausgelotet, die Gespräche wurden aber nach einigen Wochen wieder gestoppt.
Deutsche Geldhäuser betreiben viel mehr Filialen als etwa britische oder niederländische Banken. Dort sind Kunden tendenziell offener für digitale Dienstleistungen und Beratungen. Das anhaltend niedrige Zinsumfeld und mögliche Kreditbelastungen in Folge der Corona-Pandemie erhöhen den Druck auf Banken, die Kosten zu senken. Auch die Commerzbank will Zweigstellen schließen und arbeitet derzeit eine neue Strategie aus. Insidern zufolge könnten von den rund 1000 Filialen jede zweite wegfallen.