Die Bundesregierung hat die Weichen für eine höhere Belastung der Beitragszahler zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestellt. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der auf eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages der Kassen um 0,2 Punkte auf 1,3 Prozent hinausläuft. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten dadurch rund drei Milliarden Euro mehr zahlen.
Damit wird aber nur ein Teil der Finanzlücke bei der GKV geschlossen, die für 2021 auf über 16 Milliarden Euro beziffert wird. Daher wird zudem der Bundeszuschuss um fünf Milliarden Euro erhöht. Zudem müssen die Kassen einmalig acht Milliarden Euro aus ihren Reserven an den Gesundheitsfonds überweisen. Das stößt bei Arbeitgebern, Gewerkschaften und der GKV auf Widerstand.
Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA) warf der Bundesregierung einen Vertrauensbruch vor. Sie habe mit der Sozialgarantie zugesagt, dass die Summe aller Beiträge zu Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung notfalls mit Hilfe von Bundeszuschüssen unter 40 Prozent gedeckelt werde.
"Jetzt soll sie dagegen vor allem dadurch erreicht werden, dass vorhandene Rücklagen erfolgreicher Krankenkassen auf andere Kassen verteilt werden", erklärte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. "Das ist nicht nur ein Vertrauensbruch gegenüber den Beitragszahlern, sondern auch eine Bestrafung gut wirtschaftender Krankenkassen."
Der Deutsche Gewerkschaftsbund warf Spahn bereits vorige Woche vor, er mache Versicherte und Krankenkassen zu "Zahlmeistern für die Folgekosten der Corona-Pandemie".
Der GKV-Spitzenverband forderte die Abgeordneten des Bundestages auf, den Entwurf bei den Parlamentsberatungen zu ändern. Sie müssten eine "nachhaltige finanzielle und strukturelle Schwächung der gesetzlichen Krankenversicherung" verhindern. Spahns Vorschläge seien "sozial unausgewogen". Ein Bundeszuschuss "von nur fünf Milliarden Euro aus Bundesmitteln ist unzureichend, die einseitige Belastung der Beitragszahlenden ist nicht gerechtfertigt".
Formell gibt das Gesundheitsministerium erst bis zum 1. November bekannt, wie hoch der durchschnittliche Zusatzbeitrag im kommenden Jahr festgelegt wird. Mit einer Anhebung um 0,2 Prozentpunkte blieben für die meisten der Versicherten die Sozialbeiträge im kommenden Jahr mit 39,95 Prozent unterhalb der 40-Prozent-Marke. Das gilt allerdings nicht für Kinderlose: Sie müssen 0,25 Prozentpunkte mehr in die Pflegeversicherung einzahlen - und kommen damit 2021 auf 40,2 Prozent.