Deutschland

Bundesregierung beschließt höheren Zusatzbeitrag der Krankenkassen

Nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen künftig rund 3 Milliarden Euro mehr zur Gesetzlichen Krankenversicherung zahlen. Auch der Steuerzahler muss noch viel mehr zuschießen als bisher.
23.09.2020 12:43
Lesezeit: 1 min
Bundesregierung beschließt höheren Zusatzbeitrag der Krankenkassen
Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, am Mittwoch in Berlin. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Die Bundesregierung hat die Weichen für eine höhere Belastung der Beitragszahler zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestellt. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der auf eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages der Kassen um 0,2 Punkte auf 1,3 Prozent hinausläuft. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten dadurch rund drei Milliarden Euro mehr zahlen.

Damit wird aber nur ein Teil der Finanzlücke bei der GKV geschlossen, die für 2021 auf über 16 Milliarden Euro beziffert wird. Daher wird zudem der Bundeszuschuss um fünf Milliarden Euro erhöht. Zudem müssen die Kassen einmalig acht Milliarden Euro aus ihren Reserven an den Gesundheitsfonds überweisen. Das stößt bei Arbeitgebern, Gewerkschaften und der GKV auf Widerstand.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA) warf der Bundesregierung einen Vertrauensbruch vor. Sie habe mit der Sozialgarantie zugesagt, dass die Summe aller Beiträge zu Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung notfalls mit Hilfe von Bundeszuschüssen unter 40 Prozent gedeckelt werde.

"Jetzt soll sie dagegen vor allem dadurch erreicht werden, dass vorhandene Rücklagen erfolgreicher Krankenkassen auf andere Kassen verteilt werden", erklärte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. "Das ist nicht nur ein Vertrauensbruch gegenüber den Beitragszahlern, sondern auch eine Bestrafung gut wirtschaftender Krankenkassen."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund warf Spahn bereits vorige Woche vor, er mache Versicherte und Krankenkassen zu "Zahlmeistern für die Folgekosten der Corona-Pandemie".

Der GKV-Spitzenverband forderte die Abgeordneten des Bundestages auf, den Entwurf bei den Parlamentsberatungen zu ändern. Sie müssten eine "nachhaltige finanzielle und strukturelle Schwächung der gesetzlichen Krankenversicherung" verhindern. Spahns Vorschläge seien "sozial unausgewogen". Ein Bundeszuschuss "von nur fünf Milliarden Euro aus Bundesmitteln ist unzureichend, die einseitige Belastung der Beitragszahlenden ist nicht gerechtfertigt".

Formell gibt das Gesundheitsministerium erst bis zum 1. November bekannt, wie hoch der durchschnittliche Zusatzbeitrag im kommenden Jahr festgelegt wird. Mit einer Anhebung um 0,2 Prozentpunkte blieben für die meisten der Versicherten die Sozialbeiträge im kommenden Jahr mit 39,95 Prozent unterhalb der 40-Prozent-Marke. Das gilt allerdings nicht für Kinderlose: Sie müssen 0,25 Prozentpunkte mehr in die Pflegeversicherung einzahlen - und kommen damit 2021 auf 40,2 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Ukraine-Gespräche in Istanbul: Nach neuem Sanktionspaket der EU - Putin kommt nicht
15.05.2025

Russlands Präsident Putin bleibt selbst den Friedensgesprächen in Istanbul fern. Was steckt hinter Putins demonstrativem Fernbleiben? Ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeldlos um jeden Preis: Ist Schweden Vorbild oder Extremfall?
15.05.2025

Schweden hat sich in den vergangenen Jahren zu einem nahezu bargeldlosen Land entwickelt. Seit 2007 hat sich der Bargeldbezug im Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Alternative Investments – unverzichtbar, chancenreich und doch kein Allheilmittel
15.05.2025

Die Weltwirtschaft befindet sich im Umbruch: Globale Krisen, politische Polarisierung, Inflationsdruck und regulatorische Verwerfungen...

DWN
Politik
Politik Europa will Verteidigungspakt – aber Frankreich kämpft um Fische
15.05.2025

Am 19. Mai treffen sich erstmals seit dem Brexit die Spitzen der EU und Großbritanniens zu einem hochrangigen Gipfel in London. Ziel ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...