Finanzen

Lagarde öffnet einer höheren Inflation die Tür - auf Sparer kommen schwere Zeiten zu

Die Europäische Zentralbank folgt der Federal Reserve und kündigt eine Tolerierung höherer Inflationswerte an. Da die Geldentwertung schon jetzt deutlich stärker sein dürfte, als offiziell abgebildet, kommen auf die Sparer harte Zeiten zu.
30.09.2020 10:56
Lesezeit: 1 min
Lagarde öffnet einer höheren Inflation die Tür - auf Sparer kommen schwere Zeiten zu
Detailansicht der Euro-Skulptur in Frankfurt. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Die EZB könnte im Zuge ihres Strategiechecks dazu übergehen, ihr Inflationsziel flexibler anzusteuern. EZB-Präsidentin Christine Lagarde verwies am Mittwoch in einer Videoschalte auf der Finanzkonferenz "The ECB and Its Watchers" darauf, dass es dazu derzeit eine Debatte unter Währungshütern gebe. Dabei stelle sich die Frage, ob Zentralbanken sich verpflichten sollten, nach längeren Zeiten mit zu niedriger Inflation danach entsprechend auch einen höheren Preisdruck zu tolerieren. Einen solchen Strategieschwenk hatte zuletzt die US-Notenbank vollzogen.

Die EZB strebt knapp unter zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Dieses Ziel wird aber seit Jahren verfehlt - mindest den offiziellen Daten zufolge. Diese sind jedoch aus Sicht des Finanzexperten Michael Bernegger viel zu niedrig angesetzt. Bei der laufenden Strategieüberprüfung stellt die EZB auch das Maß für die Inflationsmessung auf den Prüfstand.

Bislang legt die EZB ihr Hauptaugenmerk dabei auf den für den europäischen Vergleich angelegten Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Lagarde sagte, dieses Maß habe zwar gute Dienste getan und sei auch kontinuierlich weiter entwickelt worden. Doch da sich die Wirtschaft veränderte, müssten auch Konzepte entwickelt werden, die die Kosten der Menschen in ihrem Alltagsleben stärker abbildeten - dazu gehörten etwa Kennzahlen zum selbst genutzten Wohneigentum.

Im Unterschied zu anderen Währungsräumen wie beispielsweise den USA ist selbst genutztes Wohneigentum nicht im Warenkorb des Europäischen Statistikamts (EZB) Eurostat enthalten. Bislang werden dort nur Mieten erfasst - mit einem Gewicht von 6,5 Prozent. Bei vielen Haushalten machen jedoch die Kosten für das Wohnen mehr als ein Drittel des verfügbaren Monatseinkommens aus - ein Punkt, auf den auch Bernegger in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen hatte. Lagarde sagte, es gehe der EZB nicht darum, die Koordinaten der Inflationsmessung zu verrücken. Vielmehr solle das Konzept "zukunftssicher" sein.

Auf dem Forum diskutieren Notenbanker, Finanzmarktteilnehmer und Wissenschaftler aktuelle Fragen der Geldpolitik. Die Beiträge aus der diesjährigen Konferenz werden in die Strategieüberprüfung der EZB einfließen. Der Strategiecheck soll im zweiten Halbjahr 2021 abgeschlossen werden. Die EZB hatte letztmalig im Jahr 2003 ihre Strategie überarbeitet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...