Thunberg oder Trump, WHO oder Black Lives Matter, ein Preis für Journalisten oder wieder einer für Friedensstifter in Afrika: Einmal mehr kochen die Spekulationen hoch, wer in diesem Jahr den begehrten Friedensnobelpreis erhält. Die Welt blickt deshalb an diesem Freitag gespannt nach Oslo, wo das norwegische Nobelkomitee das Geheimnis um den Namen des diesjährigen Preisträgers lüften wird.
Geht es nach Friedensforschern, dann könnte der Preis diesmal an eine Journalistenorganisation, Menschenrechtler oder prodemokratische Aktivisten gehen. Die Buchmacher glauben dagegen an die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Klimaaktivistin Greta Thunberg - und einer in den USA ganz besonders an sich selbst.
Insgesamt wurden nach Angaben des Nobelkomitees diesmal 318 Kandidaten für die renommierte Auszeichnung nominiert, darunter 211 Persönlichkeiten und 107 Organisationen. Das ist die vierthöchste Nominiertenzahl seit der ersten Preisvergabe im Jahr 1901.
Die Namen der Nominierten hält das Komitee traditionell für 50 Jahre geheim. Dafür hat aber eine Reihe von Nominierungsberechtigten - dazu gehören Politiker, Akademiker und frühere Friedensnobelpreisträger - enthüllt, wen sie der Jury in Oslo vorgeschlagen haben. Demnach ist definitiv Thunberg im Rennen, aber auch die nach Demokratie strebende Bevölkerung Hongkongs, der Whistleblower Edward Snowden und Wikileaks-Gründer Julian Assange.
Eine Nominierung muss jedoch nichts heißen. „Für den Friedenspreis nominiert zu sein, sagt überhaupt nichts über die Sicht des norwegischen Nobelkomitees aus“, sagte der Exekutivdirektor der Nobelstiftung, Lars Heikensten, der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. „Eine Nominierung an sich bedeutet nicht, dass man dicht davor steht, den Friedensnobelpreis zu bekommen.“
Dasselbe gilt für den Fall, dass einen Fachleute und Buchmacher zu ihren Favoriten zählen - das erlebte etwa Greta Thunberg im Vorjahr: Obwohl die junge Schwedin als eine Topfavoritin gehandelt wurde, ging der Preis 2019 an Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed - allerdings hatten auch den viele Experten weit oben auf dem Zettel gehabt.
Wer könnte es diesmal werden? Einen ersten Hinweis dazu gibt bereits die Nominierungsfrist: Kandidaten für dieses Jahr mussten bis zum 31. Januar eingereicht werden. Das bedeutet, dass ein Preis für die in der Pandemie omnipräsente WHO eher als unwahrscheinlich betrachtet wird, schließlich nahm die Corona-Krise erst im Frühjahr weltweit ihren verheerenden Lauf. Ähnlich dürfte es für die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja aussehen, da sich die Lage in ihrem Land erst nach der Präsidentenwahl im August zugespitzt hat.
Beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hält man es für möglich, dass das Nobelkomitee diesmal einen Preis für den Kampf für Menschenrechte oder die Umwelt ins Auge fassen könnte. In der Welt von Konflikten, Frieden und Sicherheit ließen sich derzeit nur wenige Zeichen des Fortschritts erkennen, sagte Sipri-Direktor Dan Smith der dpa. Derweil gebe es eine klare Verbindung zwischen Frieden und dem Klimawandel, da dieser Auswirkungen auf die politische Stabilität und das Wohlbefinden der Menschen habe. Dies könnte laut Smith möglicherweise zu einem Preis für Thunberg gemeinsam mit anderen jungen Aktivisten aus aller Welt führen.