Unternehmen

Doch keine Pleitewelle unter Verbrauchern durch Corona - Mittelstand atmet auf

Die befürchtete Pleitewelle der privaten Haushalte durch Corona ist ausgeblieben. Das teilt der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) mit. Den Mittelstand wird es freuen, weil sich die Kaufkraft ihrer Kunden doch nicht so stark verringert hat wie angenommen.
15.10.2020 15:27
Lesezeit: 2 min
Doch keine Pleitewelle unter Verbrauchern durch Corona - Mittelstand atmet auf
Positive Nachrichten für den Mittelstand: Viele Kunden können auch weiterhin ihre Rechnungen zahlen. (Foto: dpa) Foto: Alexander Heinl

Die Pandemie hat bisher doch nicht überall negative Spuren hinterlassen: So ist die Pleitewelle bei privaten Haushalten, die viele Skeptiker befürchtet hatten, in den vergangenen Monaten ausgeblieben. Im Gegenteil: Viele Schuldner haben ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern sogar abgebaut. Wie der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) mitteilt, ist die Zahl der Erstanschreiben, die von den Dienstleistern versendet worden sind, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Fünftel zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Gesamtwert der Forderungen, die Inkassodienstleister für ihre Auftraggeber realisiert haben, weitgehend gleich geblieben, so der Verband.

Hintergrund: Der Lockdown hat gerade in den ersten Monaten die Konsumausgaben drastisch verringert. Darüber hinaus haben die Verbraucher die Zeit zuhause wohl genutzt, sich einen Überblick über ihre finanzielle Lage zu verschaffen.

„Viele von denen, die grundsätzlich leistungsbereit und leistungsfähig sind, haben gesparte Ausgaben durch geplatzte Urlaube, ausgefallene Großveranstaltungen oder nicht mögliche Restaurantbesuche vernünftigerweise genutzt, um von alten Verbindlichkeiten runter zu kommen“, erklärt die BDIU-Präsidentin Kirsten Pedd.

Die positive Tendenz ist für den BDIU aber nur ein Teil des Gesamtbildes: Den vielen Verbrauchern, die bisher relativ gut durch die Krise gekommen sind, stehen natürlich auch einige gegenüber, die wirtschaftlich und finanziell schwer betroffen sind. Die BDIU-Präsidentin: „Menschen etwa, die nennenswerte Teile ihres Einkommens durch einen 450-Euro-Job finanziert haben, standen oft über Nacht vor dem Nichts. Da griff kein Kündigungsschutz, kein Kurzarbeitergeld und es gab kaum staatliche Unterstützung. Gläubiger und Inkassodienstleister haben ihr Möglichstes getan, um diese Fälle durch mehr Kulanz und Entgegenkommen bei Zahlungsvereinbarungen aufzufangen.“

So geht aus den Daten des BDIU hervor, dass Verbraucherschuldnern im vergangenen halben Jahr dreimal häufiger kostenfreie Zahlungsaufschübe gewährt wurden als im Vergleichszeitraum davor.

Dass die Pandemie sich bei der Mehrheit bisher finanziell insgesamt kaum, bei einigen dafür aber umso dramatischer ausgewirkt hat, zeigt auch die Häufigkeit, mit der sich Verbraucher auf das mittlerweile ausgelaufene gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht wegen COVID-19 beriefen.

Dazu Kirsten Pedd: „Unsere Mitglieder haben nur wenige tausend Fälle gemeldet, in denen Schuldner ihre Zahlungsunfähigkeit mit COVID-19 begründeten. Gemessen an den vielen Millionen Forderungen, die Inkassodienstleister jährlich bearbeiten, lag der Anteil der COVID-19-Einreden im Promillebereich.“

Gesetzlich galt das Leistungsverweigerungsrecht nur für Forderungen aus dem Bereich der Daseinsfürsorge und für Verbraucherdarlehensverträge. Viele BDIU-Mitglieder haben das aber in Absprache mit den Gläubigern freiwillig auf andere Forderungen ausgeweitet. Wer glaubhaft dargelegt hat, wegen COVID-19 nicht zahlen zu können, der konnte auf Entgegenkommen zählen.

Nur fünf Prozent der von Inkassodienstleistern bewilligten COVID-19-Einreden betrafen Verträge aus dem Bereich der Daseinsfürsorge, bei denen ein gesetzlicher Anspruch auf kostenfreie Stundung bestand.

80 Prozent der Schuldner, die äußerten, wegen der Pandemie nicht zahlen zu können, erhielten einen aus Kulanz gewährten kostenfreien Zahlungsaufschub. Natürlich sind Inkassodienstleister zunächst ihren Auftraggebern, den Gläubigern, verpflichtet, deshalb müssen sie überprüfen, ob die Einreden berechtigt sind.

Kirsten Pedds vorläufiges Fazit: „Dass nur 15 Prozent der Anträge auf Stundungen als unbegründet abgelehnt werden mussten, zeigt: Auch Schuldnerinnen und Schuldner haben sich sehr verantwortungsbewusst gezeigt. Die Kooperation hat fast immer gut funktioniert. Nun müssen wir sehen, ob die Folgen der Pandemie bei den zahlungsgestörten Forderungen erst später zu Tage treten. Bisher sind die schlimmsten Befürchtungen erfreulicherweise nicht eingetreten.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Home Office vs. Büropräsenz: Warum Führungskräfte unter Druck geraten
31.12.2025

Viele Unternehmen ringen damit, die Erwartungen ihrer Mitarbeitenden an flexible Arbeitsmodelle mit den Anforderungen einer...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...