Technologie

Künstliche Intelligenz jetzt sogar auf der Baustelle: Braucht es bald keine Bauarbeiter mehr?

Auf Baustellen wird zunehmend Künstliche Intelligenz eingesetzt, die Programme sollen für reibungslose Abläufe sorgen. Bauarbeiter könnten perspektivisch überflüssig werden.
31.10.2020 09:39
Lesezeit: 2 min
Künstliche Intelligenz jetzt sogar auf der Baustelle: Braucht es bald keine Bauarbeiter mehr?
Wird man Bauarbeiter in ein paar Jahrzehnten überhaupt noch brauchen? (Foto: dpa) Foto: Nikku

Experten der renommierten Unternehmensberatung „McKinsey“ schätzen, dass auf Baustellen durch Missmanagement vor Ort ein jährlicher Schaden von 1,6 Billionen (1.600 Milliarden!) Dollar entsteht. Zur Einordnung: Die weltweite Bauindustrie ist grob 10 Billionen Dollar schwer (und damit die größte Industrie der Welt). Mit Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz (KI) können die Kosten für Bauprojekte laut der Studie um bis zu 50 Prozent gesenkt werden.

KI ist darauf ausgelegt, aus vergangenen Daten Mustern zu identifizieren. Intelligente Algorithmen sind also in der Lage, wiederkehrende Strukturen automatisch zu erkennen. Deshalb kann eine entsprechend gut trainierte und sinnvoll implementierte KI eine große Baustelle unter Umständen deutlich besser und effizienter beaufsichtigen als eine Handvoll Ingenieure und Vorarbeiter.

Roy Danon, Gründer und Vorstand des britisch-israelischen Startups „Buildots“, ist der Ansicht, dass KI nicht nur in High-Tech-Fabriken, sondern auch auf der schnöden Baustelle einen großen Mehrwert haben kann. Seine Firma hat sich auf die Fahne geschrieben, die Abläufe an der Baustelle zu modernisieren.

Dafür kommt ein Bilderkennungs-System zum Einsatz, die jedes kleinste Detail auf dem Baugelände überwacht und Fehler automatisiert in Echtzeit markiert und dokumentiert. Um wirklich alles erfassen zu können, werden die Helme der Bauarbeiter und Ingenieure mit hochmodernen Kameras ausgestattet. Die Aufzeichnungen werden in das KI-basierte Bilderkennungs-System hochgeladen, welches mit den Daten eine exakte digitale Kopie der Baustelle kreiert. Die Software kann den Status von bis zu 150.000 Objekte gleichzeitig überwachen und damit auch sofort melden, wenn etwas nicht nach Plan verläuft.

Wenn die Inspektion komplett automatisiert ist, müssen Entscheidungsträger nicht immer vor Ort sein (ein großer Pluspunkt in Corona-Zeiten) und es bleibt mehr Zeit für anspruchsvollere Tätigkeiten: „Unsere KI macht viele repetitive Aufgaben überflüssig und erlaubt es den Arbeitern und Managern, sich auf die wirklich wichtigen Entscheidungen zu fokussieren“, wird Roy Danon vom „MIT Technology Review“ zitiert.

Buildots intelligente Software wird bereits von einigen großen Baufirmen eingesetzt, darunter auch dem Schwergewicht „Wates Group“ aus dem Vereinigten Königreich.

Und Buildot ist nicht die erste Firma, die Künstliche Intelligenz auf die Baustelle bringen will. Auch bei der Erstellung von Design-Konzepten, selbstfahrenden Baggern und ferngesteuerten Kränen kommen intelligente Computer-Programme zum Einsatz.

Die Technik „digitaler Zwillinge“ – die bei Buildots zum Einsatz kommt – lässt sich dabei in der Baubranche vielseitig einsetzen, nicht nur auf Baustellen. Der Dienstleister „LocLab“ aus Deutschland hat sich komplett auf diese Technologie spezialisiert. „Unsere digitalen Zwillinge revolutionieren Ihre Unternehmensabläufe. Sie liefern als objektbasierte virtuelle Abbilder bestehender oder geplanter Bauwerke, technischer Anlagen oder ganzer Städte einen völlig neuen intuitiven Zugang zu ihren Assets“, heißt es auf der Homepage.

Das Berufsbild des Bauarbeiters ist gefährdet

Prinzipiell kann jede wiederholbare Aufgabe automatisiert werden. Wird menschliche Arbeitskräfte auf Baustellen bald überflüssig? Heute ist es die Aufsicht, in einem Jahrzehnt könnte es die tägliche Arbeit der Bauarbeiter sein, die automatisiert wird.

Fakt ist: Die Kategorie „Bauarbeit“ liegt in diversen Studien und Prognosen beim Automatisierungsrisiko im Mittelfeld. Die Handlungsabläufe wiederholen sich nicht so oft, dass ein unmittelbares Risiko bestehen würde, von einer Maschine komplett ersetzt werden zu können. Andererseits ist die Arbeit zwar physisch, aber nicht kognitiv anspruchsvoll. Peripheren Berufsbildern wie “Elektriker” wohnt dagegen ein sehr geringes Automatisierungsrisiko inne.

Immerhin: Eine führende Ingenieurin von Buildots glaubt nicht, dass mittelfristig niemand mehr gute Bauarbeiter braucht: „Am Ende des Tages ist es eine sehr arbeitsintensive Industrie und das wird sich nicht ändern.“ Aber: Dennoch könnte die Technik viele Bauarbeiter eines Tages in die Arbeitslosigkeit schicken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shein, Temu & Co. betroffen: EU erhöht Kosten für Billigpakete aus Drittstaaten
12.12.2025

Um die Flut günstiger Online-Pakete aus Ländern wie China einzudämmen, beschließt die EU eine neue Importabgabe. Ab Juli 2026 sollen...

DWN
Politik
Politik Regierung reagiert auf Cyberangriffe: Russlands Botschafter einbestellt
12.12.2025

Nach einer Reihe hybrider Angriffe, darunter Falschnachrichten, manipulierte Videos und eine Hacker-Attacke, hat die Bundesregierung...