Heute finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Die – nach Meinung der meisten politischen Experten und Kommentatoren – wichtigsten der amerikanischen Nachkriegsgeschichte.
Zur Wahl stehen der republikanische Amtsinhaber Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden (und tatsächlich noch viele, viele andere Kandidaten, die jedoch keinerlei Chancen haben).
"Make America great again"
Kaum ein Präsident war jemals so umstritten wie der 45te. Seine Befürworter sagen, dass er die USA wieder zu einer mächtigen Nation gemacht, ihre Wirtschaft wieder angekurbelt, den IS besiegt und den Friedensprozess im Nahen Osten in Gang gebracht hat. Er lasse sich nichts von den liberalen Eliten vorschreiben, biete China sowohl ökonomisch als auch militärisch die Stirn, habe keine Angst vor Corona und verteidige traditionelle amerikanische Werte wie beispielsweise den freien Waffenbesitz.
Der Spalter
Die Gegner des 74-Jährigen dagegen werfen ihm vor, die USA weltpolitisch immer mehr zu isolieren, durch den schrittweisen Rückzug der US-Truppen Russland und andere potentielle Feinde zu stärken, durch seine Wirtschaftspolitik die Reichen reicher und die Armen ärmer zu machen und das Haushaltsdefizit massiv zu vergrößern. Er habe das politische und gesellschaftliche Klima im Land vergiftet, den Rassenhass angeheizt und bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie vollkommen versagt.
Der Versöhner
Die Unterstützer von Trumps Herausforderer Joe Biden setzen dagegen darauf, dass ihr Kandidat die Beziehungen zu den europäischen Verbündeten wieder verbessert und vermehrt die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen sucht. Weiterhin pochen sie darauf, dass der 77-Jährige ein wirkungsvolles Konjunkturprogramm auflegt, die Steuern für Gutverdienende und für Unternehmen erhöht, den Mindestlohn von derzeit 7,25 auf 15 Dollar mehr als verdoppelt, Corona wirksam bekämpft und die in hohem Maße polarisierte amerikanische Gesellschaft wieder versöhnt und eint.
"Sleepy Joe"
Die Gegner von Biden (den Trump wegen seines hohen Alters und angeblicher Senilität "Sleepy Joe", schläfriger Joe, nennt), sind dagegen der Meinung, er werde gegenüber China eine Appeasement-Politik fahren und Amerikas Interessen gegenüber den US-Handelspartnern – vor allem dem Reich der Mitte und der EU – verraten. Seine ökonomischen Vorstellungen seien die eines Sozialisten, er vertrete die Interessen der großen Tech-Konzerne und vernachlässige die der Arbeiter, und er sei als Berufspolitiker (36 Jahre Senator, acht Jahre Vizepräsident) dem Leben von Otto Normalverbraucher (oder, wie es im Englischen so schön heißt, „Joe Sixpack“) völlig enthoben.
Kein Ende der Geschichte
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Sieg über den Kommunismus postulierten amerikanische Historiker und Politikwissenschaftler das „Ende der Geschichte“: Das westliche politische System und Gesellschaftsmodell habe sich durchgesetzt; ein unipolares System sei entstanden, in dem die USA die alleinige Führungsrolle innehabe. Dies Szenario ist offensichtlich nicht wahrgeworden – den Vereinigten Staaten ist auf internationaler Ebene mächtige Konkurrenz erwachsen, im Inneren ist das Land gespalten, orientierungslos und – weil sich für so viele der amerikanische Traum nicht bewahrheitet – desillusioniert.
Nichtsdestotrotz sind die USA weiterhin wirtschaftlich, militärisch und technologisch noch immer die Weltmacht Nummer eins. Ob man es wahrhaben möchte oder nicht: Die amerikanische Präsidentschaftswahl strahlt an jeden Ort, an jeden Winkel dieser Erde aus – nach Peking, Moskau und Berlin, nach Tahiti, Patagonien und Ostfriesland.
Und darum werden die Deutschen Wirtschaftsnachrichten über diese Wahl live berichten. Wir sind bis morgen früh für sie da – damit Sie über alle Ereignisse sofort informiert sind.
Auf eine spannende Wahlnacht!