Technologie

Behörden beschlagnahmen eine Milliarde Dollar in Bitcoin

Die US-Behören haben mit der Hilfe eines anonymen Hackers die Kontrolle über Bitcoin im Wert von knapp 1 Milliarde Dollar übernommen. Die Bitcoin stammen aus einer elektronischen Brieftasche, die mit dem früheren Darknet-Markt Silk Road in Verbindung steht.
07.11.2020 09:21
Aktualisiert: 07.11.2020 09:21
Lesezeit: 3 min
Behörden beschlagnahmen eine Milliarde Dollar in Bitcoin
Mit der Hilfe eines Hackers beschlagnahmten die US-Behörden Bitcoin im Wert von 1 Milliarde Dollar - so viel wie niemals zuvor. (Foto: dpa) Foto: Silas Stein

Ein anonymer Krypto-Benutzer hat am Dienstag mit nur einer einzigen Transaktion knapp 69.370 Bitcoin von einer Bitcoin-Adresse verschoben, die mit dem Darknet-Markt Silk Road in Verbindung steht. Der Krypto-Benutzer hatte zunächst nur 1 Bitcoin überwiesen, bevor er den Großteil der Münzen bewegte, offenbar als eine Art Test.

Laut einem Bericht von CipherTrace stammt die Transaktion, mit der Bitcoin im Wert von knapp einer Milliarde Dollar bewegt wurden, von einer Adresse, die mit dem Silk-Road-Marktplatz in Verbindung steht. Da das letzte Mal, dass jemand Gelder im Zusammenhang mit dem geschlossenen Darknet-Markt bewegte, war im April 2015.

Ciphertrace vermutet, dass der Benutzer die Transaktionen durchführte, "um mit dem Bitcoin-Netzwerk auf dem Laufenden zu bleiben", da er auf das neue Adressformat wechselte. Eine weitere mögliche Erklärung ist, dass der Besitzer seine Bitcoin deshalb auf eine neue Adresse überwiesen hat, weil Hacker in den Besitz der alten Wallet-Datei gelangt waren und nun versuchten, das dazugehörige Passwort zu knacken.

Der Darknet-Markt Silk Road, im Jahr 2013 geschlossen wurde, war in letzter Zeit wiederholt von Hackern angegriffen worden. Daher ist noch unklar, ob die Transaktion durch die Person angewiesen worden ist, welche die Adresse ursprünglich kontrollierte, oder ob möglicherweise Hacker, die in den Besitz der Wallet-Datei gelangt sind, das dazugehörige Passwort geknackt und die Bitcoin entwendet haben.

Die Brieftasche (Wallet) der Silk Road ist seit mehr als zwei Jahren unter Hackern im Umlauf. Im September rief ein Twitter-Benutzer, der angeblich im Besitz der Wallet-Datei war, die Bitcoin-Community dazu auf, nach Lösungen zu suchen, wie man Zugang zu den mehr als 69.000 Bitcoin erhalten könnte. Er schlug unter anderem den Einsatz eines Quantencomputers vor, um die Datei zu knacken.

Die Silk Road war ein Darknet-Markt, wo Benutzer mit illegalen Gütern wie Waffen und gestohlenen Kreditkarteninformationen handeln konnten. Doch die meisten Angebote betrafen illegale Drogen. Ross Ulbricht, der die Website für Silk Road zur Verfügung gestellt hatte, wurde deswegen in einem Skandal-Urteil zu zwei lebenslangen Haftstrafen ohne die Möglichkeit einer Bewährung verurteilt.

US-Behörden haben die Bitcoin beschlagnahmt

Am Donnerstag wurde nun bekannt, dass die US-Behörden die Bitcoin im Wert von rund 1 Milliarde Dollar von einem ungenannten Hacker beschlagnahmt haben. In den Dokumenten wird behauptet, dass es dem Hacker, der als "Individuum X" bezeichnet wird, gelungen sei, die Silk Road zu hacken und die Bitcoin zu stehlen.

Der Hacker hat demnach bereits am Montag zugestimmt, die Bitcoin an die Behörden zu übergeben, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass diese Gelder in dieser Woche zum ersten Mal seit fünf Jahren den Besitzer gewechselt haben. Heute sind diese Bitcoin rund 1 Milliarden Dollar wert, was den Vorgang zur größten Beschlagnahmung von Kryptowährungen in der Geschichte macht.

Auf Twitter wird spekuliert, dass der Hacker, dem es gelungen war, die Kontrolle über die Riesenmenge Bitcoin zu übernehmen, einen Deal mit den Behörden geschlossen hat. Möglicherweise hat der Hacker die Bitcoin an die Behörden übergeben und erhält dafür einen Finderlohn. Denn schon 1 Prozent dieser erbeuteten Bitcoin hat einen Wert von 10 Millionen Dollar, auf die der Hacker dann legal zugreifen könnte.

Mega-Transaktion und Beschlagnahmung zeigen Potential und Risiken von Bitcoin

Die Bitcoin-Transaktion vom Dienstag zeigt erneut sowohl die Vorteile von Bitcoin als auch die damit verbundenen Gefahren. Ein offensichtlicher Vorteil besteht darin, dass man Bitcoin im Wert von einer Milliarde Dollar versenden kann und dafür nur gut 11 Euro Transaktionsgebühren zahlen muss. Eine Banküberweisung in dieser Größenordnung wäre sehr umständlich und um ein Vielfaches teurer.

Ein weiterer Vorteil für den Nutzer von Bitcoin besteht darin, dass niemand auf der Welt eine Transaktion verhindern kann - sei es eine Bank, eine Zentralbank oder eine Behörde. Wie der vorliegende Fall zeigt, hatte der Nutzer auch den Vorteil, dass zunächst niemand seine Identität herausfinden konnte. Warum die Behörden auf ihn gestoßen sind, ist noch unklar.

Doch der vorliegende Fall zeigt auch die Nachteile von Bitcoin. So ist Bitcoin in gewisser Hinsicht sehr transparent. Kurz nachdem die Transaktion angewiesen worden war, wurde schon auf Twitter darüber diskutiert, zunächst nur wegen ihrer ungewöhnlichen Größe, dann aber auch wegen der bekannten Adresse, von der die Bitcoin kamen.

Nun kann jeder die Transaktion für alle Ewigkeit in der Blockchain nachschlagen, weshalb für den Besitzer wegen der Transparenz von Bitcoin schwer geworden wäre, mit seinem Geld zum Beispiel ein Haus zu kaufen. Die Behörden können nun die Bitcoin ganz legal verkaufen, was im Übrigen den Preis stark belasten dürfte.

Und der Fall zeigt noch ein weiteres Risiko, nämlich dass man seine Bitcoin vor Dieben selbst schützen muss. Wenn jemand in den Besitz der Wallet-Datei kommt und das Passwort herausfindet, so sind die Bitcoin unwiederbringlich verloren. Auch wenn man selbst das Passwort vergisst, sind die Bitcoin verloren. Mit dem Besitz von Bitcoin, wenn man sozusagen seine eigene Bank ist, geht man eine riesige Verantwortung ein.

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