Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) nimmt kurz nach den Präsidentschaftswahlen keine Änderungen an ihrer bereits ultralockeren Geldpolitik vor. Der Leitzins bleibt auf absehbare Zeit in der extrem niedrigen Spanne von 0 bis 0,25 Prozent, und die milliardenschweren Anleihekäufe zur Stützung der Konjunktur gehen wie gewohnt weiter. Das teilte die Notenbank am Donnerstag mit. An den Finanzmärkten war nicht mit einer Kursänderung gerechnet worden.
Die Fed betonte, dass die Corona-Pandemie trotz der jüngsten konjunkturellen Erholung in USA weiter ein erhebliches Risiko darstelle und die Wirtschaft immer noch deutlich schwächer sei als zu Jahresbeginn. "Die anhaltende Gesundheitskrise wird die wirtschaftliche Aktivität, Beschäftigung und Inflation weiter belasten", heißt es im Statement der Notenbank. Bei einer Pressekonferenz sagte Fed-Chef Jerome Powell, dass sich die Erholung der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts zuletzt abgeschwächt hätten.
Bereits Mitte September hatten die Währungshüter signalisiert, dass die Leitzinsen auf Jahre hinaus nahe Null bleiben dürften. Die Notenbanker hatten die Zinsen nach dem Übergreifen der Corona-Pandemie auf die USA im März in zwei großen Schritten auf das jetzige Niveau gesenkt. Zudem pumpt die Fed über milliardenschwere Anleihekaufprogramme zusätzliche Liquidität in die Finanzmärkte, um mit der Geldflut die Wirtschaft anzuschieben.
Die Fed bekräftigte auch ihre neue Linie, Inflationsraten über ihrem Preisziel von zwei Prozent übergangsweise zuzulassen. Diese neue Strategie hatte die Notenbank erst vor wenigen Monaten eingeführt. Hintergrund ist die seit langem ungewöhnlich schwache Teuerung, selbst in wirtschaftlich besseren Zeiten. Die Fed ist per Mandat dazu verpflichtet, sowohl "maximale Beschäftigung" am Arbeitsmarkt als auch eine wirtschaftlich gesunde Inflation anzustreben.
Wie stark die Corona-Krise die US-Wirtschaft weiterhin belastet, wurde am Donnerstag auch aus neuen Daten des Arbeitsministeriums ersichtlich. 21,5 Millionen Menschen bezogen demnach zuletzt eine Form von Arbeitslosenhilfe. In der vergangenen Woche kamen 751 000 hinzu - obwohl am Jobmarkt seit dem beispiellosen Einbruch zu Beginn der Krise viel Boden wiedergutgemacht wurde, ist dies ist im historischen Vergleich immer noch ein dramatisch hoher Wert.
Notenbank-Chef Powell selbst hat schon häufiger an die Politik appelliert, weitere Staatshilfen für die angeschlagene Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Viele Wirtschaftszweige sind auf Unterstützung angewiesen. Die Parteien hatten sich vor den Wahlen aber nicht auf ein neues Konjunkturprogramm einigen können. Bei einer weiteren Hängepartie könnte der Handlungsdruck für die Fed rasch steigen, mit zusätzlichen geldpolitischen Lockerungen Beistand zu leisten.
Dass die Fed im aktuellen politischen Umfeld still hält, ist alles andere als überraschend. Die US-Wahl ist noch nicht entschieden, es zeichnen sich rechtliche Streitigkeiten zwischen Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden ab. Ohnehin hält sich die Notenbank in Zeiten politischer Wahlen meist zurück. Powell bezeichnete den jüngsten Anstieg von Corona-Infektionen in den USA jedoch als besorgniserregend. Eine volle wirtschaftliche Erholung sei erst möglich, wenn die Menschen sich sicher fühlten.