Weltwirtschaft

Aluminium-Branche schlägt Alarm: Cocktail aus Covid und Green Deal führt den Mittelstand in den Ruin

Lesezeit: 3 min
05.12.2020 08:59
Der europäische Zusammenschluss der Aluminium verarbeitenden Unternehmen warnt in einer neuen Studie vor dem Ausverkauf einer ganzen Branche.
Aluminium-Branche schlägt Alarm: Cocktail aus Covid und Green Deal führt den Mittelstand in den Ruin
Indutriekletterer bergen am 23.08.2016 in Berlin ein Kinderfahrrad von dem Aluminium-Kunstwerk «Molecule Man» auf der Spree. (Foto: dpa)
Foto: Kay Nietfeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In einer jüngst erhobenen Umfrage für die Federation of Aluminium Consumers in Europe (FACE), dem Zusammenschluss der unabhängigen europäischen Aluminiumverarbeiter, über die Folgen der COVID-19 Krise in Deutschland ergab sich ein klares Bild, wie mittelständische Unternehmen unter den Folgen der COVID-19 Krise leiden. Zielgruppe der Befragung waren Unternehmen, die sich im engeren und weiteren Sinne mit der Verarbeitung in Aluminiumbereich beschäftigen, sowohl aus den Bereichen Automobilindustrie, Bauindustrie, Verpackung, Elektrotechnik und Maschinenbau. 83,6 Prozent der befragten Unternehmen sehen die wirtschaftliche Perspektive für das Jahr 2020 als sehr schlecht und schlecht an. Erst für die Jahre 2022 bis 2025 hellt sich das Bild auf, hier hofft etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen auf eine positive Geschäftsentwicklung, die auf das Niveau von 2019 oder darüber hinaus führt.

Michael Schumann, Vorsitzender des Vorstandes BWA:

„Die Aluminium verarbeitenden Unternehmen, die traditionell sehr energieintensiv arbeiten, haben eine dreifache Herausforderung vor sich. Die schwerste Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, die Herausforderungen des European Green Deals und die Digitalisierung. Das überfordert gerade in der Krise viele Unternehmen. Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu einem technologischen Ausverkauf dieser für Deutschland so wichtigen Industrie kommt.“

Erika Zender, Vizepräsidentin der Federation of Aluminium Consumers in Europe (FACE) und CEO von Aluminium Rheinfelden:

„Durch die Coronapandemie sind viele Unternehmen unter Druck geraten, auch mein eigenes. Unser Unternehmen ist durch das Raster aller staatlichen Fördermaßnahmen gefallen, und wir sind jetzt gezwungen, einen Finanzinvestor mit aufzunehmen. Dabei sind wir vor allem, was Aluminiumlegierungen angeht, Technologieführer. Von unseren Kunden werden wir in den Margen unter Druck gesetzt. Zumindest eine Entlastung kann schnell umgesetzt werden: Die Eliminierung der Einfuhrzölle von sechs Prozent auf importiertes Rohaluminium würde uns Entlastung bringen. Diese sechs Prozent könnten für uns erhebliche Mittel freisetzen, die wir jetzt dringend benötigen.“

Professor Dr. Ingo Rollwagen, Professor für General Management Fresenius Hochschule/AMD, Mitautor des Policy Papers:

„Aluminium ist der Schlüsselrohstoff im bevorstehenden Green Deal, da es durch seine Materialeigenschaften bei einer massiven Renovierungswelle von Gebäuden und Infrastruktur unterstützt. Aluminium ist ein wichtiger Teil der Kreislaufwirtschaft aufgrund der hohen Recyclingfähigkeit und ermöglicht Neuentwicklung von designbasierten Produktinnovationen. Dazu gehören Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, bei der Transformation von Transport und Logistik. Leichtbauweise ist hier ein Stichwort.

Um diese Entwicklung zu unterstützen, brauchen Aluminium verarbeitende Unternehmen in Deutschland eine schnelle Entlastung von regulatorisch induzierten, wenig wirksamen Kostenblöcken, um die nachhaltige Transformation im Sinne des Green New Deal zu meistern. Sie brauchen konstruktive Unterstützung durch regulatorische Initiativen, wozu die verstärkte Förderung von Forschung und Entwicklung, aber auch Maßnahmen zur Versorgungssicherheit und zum Schutz vor Dumpingpreisen zählen. Es muss ein strategischer Vorteil bei Aluminium beibehalten werden, um die Versorgungssicherheit für Schlüsselsektoren zu gewährleisten.“

Mario Conserva, Generalsekretär der Federation of Aluminium Consumers in Europe (FACE):

„Die Zukunft der Aluminiumindustrie in Europa liegt in den Händen des Mittelstandes, der nachgelagerten Aluminium verarbeitenden Betriebe, die über 90 Prozent der Beschäftigten ausmachen. Was die aluminiumverarbeitenden Unternehmen in Deutschland jetzt brauchen, ist eine rasche Befreiung von den schädlichen Zusatzkosten für unseren Rohstoff, vor allem des Aluminiums, das unter dem Einfluss einer wirtschaftlich absurden Importzollstruktur steht. Aluminium ist ein weltweit stark nachgefragter Rohstoff, bei dem das Produktionsdefizit in der EU über 74 Prozent beträgt und die Europäische Union dringend auf Importe angewiesen ist. Diese Mehrkosten von durchschnittlich 60 bis 85 Euro pro gekaufter Tonne Primäraluminium sind ein Killer in einer Industrie mit so geringen Gewinnspannen und einem Markt, der im Wesentlichen aus gerade in der Krise anfälligen KMUs besteht. In diesem Zusammenhang besteht eine einfache Maßnahme - vor allem zur Linderung der betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen und zur Wiederbelebung der Wirtschaft darin, die Einfuhrzölle auf Rohaluminium unverzüglich abzuschaffen. Dies ist eine einfache, leicht umzusetzende und sofort verfügbare Maßnahme, die die Produktionskosten der nachgelagerten Unternehmen senken und damit deren Fähigkeit unterstützen würde, ihre Wettbewerbsfähigkeit in Europa und auf den internationalen Märkten wiederzuerlangen oder aufrechtzuerhalten und den Green Deal und die Digitalisierungsbestrebungen der EU zu verwirklichen.“

Lesen Sie dazu auch:

„Nachhaltige“ Finanzierung und grüne Planwirtschaft: Hinter dem Great Reset stecken Sozialisten im Schafspelz

Kritik wird lauter: EU erdrückt den Mittelstand mit „grünem Bürokratiemonster“

Corona: Erst haben unsere Politiker Deutschland in die Krise geführt - jetzt vollenden EU-Bürokraten das Werk


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...