Wirtschaft

Ohne China gehen in Deutschlands Industrie die Lichter aus

Die neuesten Zahlen zum Export zeigen: ohne die Nachfrage aus China sähe die derzeitige Lage noch weitaus schlimmer für Deutschlands Industriebetriebe und Produzenten aus.
10.12.2020 13:25
Aktualisiert: 10.12.2020 13:25
Lesezeit: 3 min

Gestützt vor allem durch das China-Geschäft erholten sich die Exporte deutscher Unternehmen im Oktober weiter, wie aus am Mittwoch veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes hervorging. Die deutschen Ausfuhren legten demnach im Oktober gegenüber dem Vormonat um 0,8 Prozent zu. Mit einem Volumen von 112,0 Milliarden Euro lagen sie aber 6,5 Prozent unter dem Vorjahresmonat. „Das leichte Plus im China-Geschäft hilft, unseren Außenhandel zu stabilisieren, ist aber zu wenig für eine kräftige Erholung“, wird Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Dafür sei der wirtschaftliche Einbruch bei allen anderen wichtigen Handelspartnern einfach zu groß.

Bemerkenswert ist der Vergleich des deutschen Handelsgeschehens mit China einerseits sowie mit den USA und Großbritannien andererseits: In dem Bericht des Statistischen Bundesamtes heißt es dazu:

Je nach Handelspartner waren die Exporte im Vorjahresvergleich unterschiedlich stark beeinträchtigt: Während Exporte in die Volksrepublik China im Oktober 2020 um 0,3 % auf 8,7 Milliarden Euro gegenüber Oktober 2019 stiegen, nahmen die Exporte in die Vereinigten Staaten um 10,5 % auf 9,9 Milliarden Euro ab. Die Exporte in das Vereinigte Königreich verzeichneten im Oktober 2020 einen Rückgang von 11,7 % auf 6,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahresmonat.

Die meisten Importe kamen im Oktober 2020 aus der Volksrepublik China nach Deutschland. Von dort wurden Waren im Wert von 10,1 Milliarden Euro eingeführt (-3,3 %). Die Importe aus den Vereinigten Staaten sanken im Oktober 2020 um 18,8 % auf einen Wert von 5,8 Milliarden Euro. Die deutschen Importe aus dem Vereinigten Königreich sanken um 17,6 % auf 3,0 Milliarden Euro.

Während die Ausfuhren von deutschen Waren in die EU und die USA gegenüber Oktober 2019 also stark zurückgingen, gab es im Handel mit China ein leichtes Plus von 0,3 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Die zweitgrößte – und nach Kaufkraftparität berechnet größte – Volkswirtschaft der Welt ist ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Exporte. Das Land dürfte trotz des Einbruchs zum Jahresanfang als einzige große Volkswirtschaft 2020 ein Wachstum verzeichnen.

„Der nur moderate Exportanstieg zeigt, dass Covid-19 die Konjunktur weiter hemmt“, sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. „Besonders aus Ländern mit hohen Infektionszahlen, etwa den USA und Großbritannien, fehlt Nachfrage.“ Die hohe Auslastung der Containerschiffe mache aber Mut, dass es weitere Exportzuwächse geben werde. „Hier ruhen die Hoffnungen vor allem auf China, wo die Wirtschaft wieder brummt“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Die Volksrepublik versorge derzeit die Welt mit Gütern, die in der Corona-Pandemie besonders intensiv gekauft würden - neben Hygieneartikeln auch Elektronik für das Homeoffice. „Wenn China produziert, braucht es aber auch deutsche Maschinen, mit deren Hilfe diese Güter hergestellt werden“, sagte Gitzel.

Von Januar bis Oktober blieben die Exporte ungeachtet der jüngsten Erholung weit unter dem Vorjahresergebnis: Sie brachen um 11,2 Prozent auf 992,1 Milliarden Euro ein. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) geht davon aus, dass im Gesamtjahr 2020 unterm Strich ein Minus von 13 Prozent herauskommen wird. Die Importe wuchsen im Oktober ebenfalls den sechsten Monat in Folge, wenn auch nur um 0,3 Prozent. Hier war von Analysten ein Wachstum von 1,0 Prozent erwartet worden. Die Einfuhren blieben dennoch um deutliche 5,2 Prozent unter dem Februar-Niveau.

Im Winter kommt der Abschwung zurück

Die exportorientierten Maschinenbauer warnten vor einem Lockdown für die produzierende Industrie. Das würde die Krise der Branche noch verschärfen. „Er sollte nur in Frage kommen, wenn der Infektionsschutz ihn zwingend erfordert“, sagte Karl Haeusgen, Präsident des Branchenverbandes VDMA.

Nach der Erholung im Sommer befürchtet die Wirtschaft einen neuerlichen Rückschlag, weil in vielen Ländern die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zuletzt wieder verschärft wurden. Die Stimmung der Exporteure trübte sich im November einer Ifo-Umfrage zufolge ein. Insbesondere die Heftigkeit der zweiten Corona-Welle in vielen europäischen Ländern belaste das Exportgeschäft, erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut jüngst. Nach Einschätzung von Stefan Kooths, Konjunkturexperte am Institut für Weltwirtschaft (IfW), droht den deutschen Exporten im Winter ein neuerlicher Abschwung.

Wirtschaftsverbände warnten vor zusätzlichen Belastungen. „Auf die Last, die unsere Betriebe jetzt pandemiebedingt zusätzlich tragen müssen, da darf nichts mehr raufgepackt werden“, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Gesamtwirtschaftlich habe sich die Lage seit den neuen Einschränkungen von Anfang November und angesichts des anhaltend hohen Infektionsgeschehens wieder verschärft. In der Corona-Krise bräuchten die Unternehmen vor allem Liquidität. Finanzpolster, die manche Unternehmen in vielen Jahren aufgebaut hätten, seien in kürzester Zeit zusammengeschmolzen. „Für viele Betriebe geht es um die Existenz“, sagte Wollseifer.

Lesen Sie dazu auch:

Quartalszahlen zeigen: Ohne China wären Deutschlands Konzerne kaum überlebensfähig

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...