Deutschland

Lockdown-Lockerungen Anfang Januar unwahrscheinlich

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Lockdown am 10. Januar 2020 auslaufen wird. Stattdessen könnte der Lockdown bis in den März hinein andauern.
29.12.2020 17:49
Lesezeit: 3 min
Lockdown-Lockerungen Anfang Januar unwahrscheinlich
Der Schriftzug "Dem deutschen Volke" an der Fassade des Reichstages zu sehen. (Foto: dpa) Foto: Tobias Kleinschmidt

Eine Woche vor der nächsten Bund-Länder-Runde zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie mehren sich die Stimmen für eine Verlängerung des geltenden Lockdowns. Auf die Frage, ob er Anlass sehe, Schülern, Eltern oder Geschäftsinhabern Hoffnungen auf ein Ende des Lockdowns ab 10. Januar zu machen, antwortete Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf: „Wir müssen ehrlich und realistisch bleiben. Diese Hoffnung kann niemand seriös wecken.“ Ähnliche Signale kamen von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder.



Zwar gab es am Dienstag im Vergleich zur Vorwoche einen Rückgang bei den gemeldeten Corona-Neuansteckungen. Die aktuellen Zahlen bezeichnete Laschet aber im ARD-„Mittagsmagazin“ als nicht repräsentativ und verwies auf weniger Tests und Meldungen über die Weihnachtstage. Müller sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Ich gehe fest davon aus, dass wir weiterhin mit Einschränkungen leben müssen“. Die Zahlen stagnierten auf einem sehr hohen Stand oder gingen bestenfalls leicht zurück. "Insofern rechne ich damit, dass wir im Januar auch weiter Einschränkungen erleben."



Der verschärfte Lockdown mit strengen Kontaktbeschränkungen, der Schließung der meisten Geschäfte, Schulen und Kitas sowie der schon länger geltenden Schließung von Restaurants, Theatern, Museen und anderen Freizeiteinrichtungen gilt zunächst bis zum 10. Januar. Am 5. Januar wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder darüber beraten, wie es anschließend weiter geht. Dabei werden die Zahlen der Neuinfektionen und Sterbefälle sowie die Belegung von Intensivbetten in den Krankenhäusern wesentliche Entscheidungskriterien sein.



Am Dienstag berichtete das Robert Koch-Institut von insgesamt 12 892 von den Gesundheitsämtern gemeldeten Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Außerdem wurden 852 weitere Todesfälle verzeichnet. Mit den Werten der Vorwoche sind die Zahlen nur bedingt vergleichbar - am vergangenen Dienstag waren 19 528 Neuinfektionen gemeldet worden. So gab es nach Angaben des Vereins Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) in der Weihnachtswoche rund ein Drittel weniger Corona-Labortests als noch in der Woche davor. Das RKI geht außerdem von weniger Meldungen der Gesundheitsämter aus. Dennoch war die Zahl der Todesfälle am Dienstag vor einer Woche mit 731 Fällen geringer.



Politische Richtschnur für mögliche Lockerungen von Corona-Maßnahmen sind maximal 50 Neuansteckungen auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. Ab dann sind nach Einschätzung der Bundesregierung Infektionsketten wieder nachvollziehbar. Am nächsten kamen diesem Wert am Dienstag Mecklenburg-Vorpommern (77), Schleswig-Holstein (85), Niedersachsen (87) und Bremen (90). Alle anderen Bundesländer waren weit davon entfernt. Besondere Corona-Hotspots bleiben Sachsen (knapp 365) und Thüringen (knapp 274). Der Thüringer Landkreis Sonneberg rief den Katastrophenfall aus. Hauptgrund sei die angespannte Lage in mehreren Betreuungseinrichtungen, dem Rettungswesen sowie den Krankenhäusern, erklärte der Landrat.



Diskussionsthema bleibt, in welcher Form der Unterricht an den Schulen nach dem 10. Januar weitergehen könnte. Bisher ist das weitgehend unklar. Kurz vor den Beratungen Merkels mit den Länderchefs wollen sich am 4. Januar die Kultusminister der Länder bei dem Thema abstimmen. In Hamburg verlängerte der Senat bereits die Aufhebung der Anwesenheitspflicht in den Schulen bis 17. Januar. Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen, zumindest Kitas und Grundschulen "in jedem Fall wieder" in Präsenz zu öffnen.



Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte dagegen in der „Rheinischen Post“: „Nach dem Lockdown darf es keine Rückkehr zum regulären Präsenzunterricht geben. Maske, Lüften plus 30 Kinder geht nicht, ansonsten droht wieder exponentielles Wachstum der Infektionszahlen“. Lauterbach forderte „bundesweit geteilte Klassen, zusätzliche Unterstützung für Lernschwächere, ausnahmslose Maskenpflicht in den Schulgebäuden und verkürzte Sommerferien zum Ausgleich der Defizite“.



Der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, erwartet transparente und nachvollziehbare Regelungen, auf die sich Beschäftigte an Schulen, Eltern und Schüler verlassen könnten. „Das ständige Hin und Her der vergangenen Monate ist nicht tolerabel“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Beckmann forderte außerdem Antworten darauf, wie etwa mit Prüfungen umgegangen werden soll. Die Politik müsse anerkennen, dass es kein normales Schuljahr mehr werde.



Unterdessen lief die deutschlandweite Corona-Impfaktion weiter. In den ersten drei Tagen bis einschließlich Montag erhielten nach RKI-Angaben knapp 42 000 Menschen die erste Dosis. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht schaltete sich am Dienstag in die Debatte über eine mögliche Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften ein. Es sei nicht einmal klar, ob die Impfung auch vor der Weitergabe der Infektion durch den Geimpften schütze, sagte die SPD-Politikerin der dpa. „Allein deshalb verbieten sich gegenwärtig Privilegien für Geimpfte.“ Solange nicht allen ein Impfangebot gemacht werden könne, sei es „ein Gebot der Fairness und der Solidarität, Sonderrechte weder einzufordern noch anzubieten“.



FDP-Parlamentensgeschäftsführer Marco Buschmann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland dazu, wenn feststehe, dass von einem Menschen weder für sich noch andere eine Gefahr ausgehe, „dann darf der Staat seine Freiheit nicht einschränken“. Derzeit warnen viele Stimmen davor, eine Corona-Impfung zur Voraussetzung für den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder Orten zu machen. Konkrete Pläne dafür etwa von Unternehmen sind in Deutschland bisher nicht bekannt.

Die „FAZ“ wörtlich: „Wenn Politikerinnen und Politiker vor einem zu schnellen Ende des Lockdowns warnen und zudem gegen die Rückkehr zum Präsenzunterricht sind, dann meinen Sie doch, dass die Corona-Einschränkungen nicht am 10. Januar enden. Wäre es dann nicht Zeit für diesen Fall einen Plan zu entwickeln und darüber zu diskutieren, damit er vervollständigt werden kann und auf diesem Wege sich Fehler nicht wiederholen? Der Beginn der Impfungen und die anschließende Debatte über Privilegien für Geimpfte oder die Diskussion über die Details des Impfplans zeigen jedenfalls, dass derart komplexe Projekte eher mehr als weniger vorbereitet werden sollten. Denn im Laufe des Verfahrens tauchen noch genügend Fragen auf. Überträgt man das auf das Thema Schule, dann müsste jetzt besprochen werden, welche Form des Unterrichts angemessen ist und wie dieser am besten sichergestellt werden kann. Antworten fehlen aber auch für Friseurläden oder Restaurants und viele andere Bereiche.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama Neue Betrugsmasche: Telekom-Kunden werden mit Fake-Mails getäuscht - Verbraucherschutz warnt
19.02.2025

Eine neue Betrugsmasche führt Telekom-Kunden mit gefälschten E-Mails hinters Licht. Die Verbraucherzentrale warnt vor der neuen...

DWN
Finanzen
Finanzen Xiaomi-Aktie: Rekordhoch und starke Impulse aus China – was Anleger jetzt wissen müssen
19.02.2025

Die Xiaomi-Aktie hat seit Anfang 2024 ihren Wert um 300 Prozent gesteigert. Wer in der Xiaomi-Aktie investiert ist, hat sein Kapital...

DWN
Finanzen
Finanzen Stiftung Warentest: PKV im Test - diese Tarife lohnen sich wirklich
19.02.2025

Schnelle Arzttermine und exklusive Leistungen – die private Krankenversicherung gilt als Premium-Schutz. Doch ein aktueller Test zeigt:...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten bringen neue Russland-Sanktionen auf den Weg
19.02.2025

Die EU-Staaten haben ein neues Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Unter anderem ist der Ausschluss weiterer Banken aus Swift,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Jobs: Künstliche Intelligenz bedroht diese 7 Berufe
19.02.2025

Ob in der IT, der Buchführung oder im Journalismus: KI wird die Arbeitswelt tiefgreifend verändern und laut neuesten Studien rund 60...

DWN
Politik
Politik Trump macht Ukraine und Selenskyj erneut schwere Vorwürfe: "Hättet eine Vereinbarung treffen können"
19.02.2025

Donald Trump macht die Ukraine und Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut für den Krieg mit Russland verantwortlich. Auf einer...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump-Euphorie verflogen? Bitcoin fällt auf tiefsten Wert seit Anfang Februar
19.02.2025

Vor der Veröffentlichung des Fed-Protokolls fiel der Bitcoin am Dienstag unter 94.000 US-Dollar. Die anfängliche Euphorie über einen...

DWN
Politik
Politik Wahlprogramme 2025 Vergleich: Energiepolitik Deutschland - das wollen CDU/CSU, AfD und SPD
19.02.2025

Im Wahlkampf 2025 ist die Energiepolitik nicht so präsent wie andere Themen, obwohl hohe Energiekosten von der Rentnerin über den...