Finanzen

Dank der EZB: Spanien kann Schulden machen wie nie zuvor

Dank der Rückendeckung durch die EZB können auch die riskanteren Staaten der Eurozone Staatsanleihen zu äußerst niedrigen Zinsen ausgeben. Nun hat Spanien einen neuen Rekord aufgestellt.
17.01.2021 11:40
Lesezeit: 2 min

Spanien hat mehr als 130 Milliarden Euro an Aufträgen für eine neu aufgelegte 10-jährige Anleihe erhalten. Da sie zu den wenigen Staatsanleihen der Eurozone gehört, die noch Zinsen abwerfen, reißen sich die Investoren um die Papiere. Sie vertrauen darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) trotz der desolaten Finanzlage Spaniens die Nachfrage nach den Papieren aufrechterhält und somit Verluste mit den Papieren verhindert.

Die Rekordnachfrage nach der spanischen Staatsanleihe setzt den starken Jahresbeginn fort, den die Anleihen der eigentlich riskanteren Staaten in der Peripherie der Eurozone verzeichnet haben. Dagegen erlitt der breitere Anleihemarkt Verluste. Spaniens 10-jähriger Spread - die zusätzliche Rendite gegenüber deutschen Bundesanleihen - erreichte Anfang der Woche mit knapp unter 0,55 Prozentpunkten den niedrigsten Stand seit der Euro-Schuldenkrise vor einem Jahrzehnt.

Die italienischen Spreads, die aufgrund der sehr hohen Schuldenlast des Landes oft als Barometer für politische Risiken in der Eurozone gelten, erreichten zu Beginn der Woche den niedrigsten Stand seit 2016. Doch dann stiegen sie als Reaktion auf eine sich anbahnende politische Krise in Rom wieder an. Der 10-jährige Spread wurde am Mittwoch bei 1,10 Prozentpunkten gehandelt, gegenüber 1,01 Punkten am Montag.

In Rom wurde um die Verwendung des EU-Wiederaufbaufonds gestritten. Der frühere Premierminister Matteo Renzi hat seine Partei Italia Viva aus der Regierung von Giuseppe Conte zurückgezogen, was zu ihrem Sturz führen könnte. Vor diesem Hintergrund ist der Zinsanstieg in Italien erstaunlich gering und hat auch kaum auf andere Euro-Staaten übergegriffen.

Am Mittwoch verkaufte Portugal 10-jährige Anleihen zu einer negativen Rendite."Hätte man in der Vergangenheit solche Schlagzeilen gehabt, hätte man eine sehr starke Ausweitung der Spreads gesehen, aber es war eine sehr milde Bewegung", zitiert die Financial Times Mohammed Kazmi, einen Portfoliomanager bei der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée.

"Dieses Mal ist es dem Markt klar, dass die EZB da ist, um diese Anleihen zu stützen", so Kazmi. Die Notenbank ziele auf die Spreads von Staatsanleihen der Peripherie ab. Das bedeutet, dass sie ihre Anleihekäufe dazu nutzt, einen Anstieg der dortigen Renditen zu begrenzen. Dieser Schutz vor fallenden Kursen ermutigt Investoren, in Anleihen der Peripherie zu investieren.

"Es ist Jahresanfang, und es gibt eine Menge Bargeld, das darauf wartet, sinnvoll eingesetzt zu werden. In der Zwischenzeit gibt es immer noch diese Suche nach Rendite", so Kazmi. Noch bieten ausgewählte Anleihen der Peripheriestaaten, darunter Spanien und Italien, deutlich höhere Zinsen als die deutschen Bundesanleihen, die stark negativ verzinst sind.

Chiara Cremonesi, stellvertretende Leiterin des Bereichs Fixed Income Strategy bei UniCredit, sagt, dass sich die Schwäche der italienischen Anleihen als vorübergehend erweisen sollte, sofern das aktuelle politische Patt nicht den Weg für Neuwahlen ebnet. Inzwischen ist die italienische Koalition tatsächlich auseinandergebrochen und es wird über die Bildung einer neuen Regierung verhandelt.

Nach einem großen Ausverkauf, als die Pandemie letztes Jahr zum ersten Mal zuschlug, haben sich Investoren zunehmend damit angefreundet, risikoreichere Anleihen der Eurozone zu halten. Dies ist zu einem großen Teil dem Notfall-Anleihekaufprogramm der EZB zu verdanken, das im Dezember um weitere 500 Milliarden Euro auf 1,85 Milliarden Euro erweitert wurde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalwährung: EU-Finanzminister beschließen digitalen Euro
16.12.2025

Der „Digitale Euro“ soll ab 2029 Realität werden: Die Pläne für eine Digitalwährung in der Euro-Zone schreiten voran. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rentenkommission startet: Experten sollen Reform ohne feste Vorgaben prüfen
16.12.2025

Nach langem Hin und Her um das erste Rentenpaket nimmt ein neues Gremium seine Arbeit auf. Die Kommission aus Fachleuten soll Vorschläge...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Impfschäden: Wann haften Hersteller für Gesundheitsfolgen?
16.12.2025

Kopfschmerzen, Fieber oder sogar Hörverlust – treten nach einer Corona-Impfung gesundheitliche Probleme auf, suchen Betroffene häufig...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vertrauensverlust im Mittelstand: Wirtschaft zweifelt an Merz:
15.12.2025

Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt deutlich ab. Laut einer aktuellen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 63.000 Jobs bedroht: Ostdeutsche Chemiebranche drängt auf Rettungsplan
15.12.2025

Die Chemieindustrie in Ostdeutschland steht unter Druck: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben der Bundesregierung einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bahnhofstoiletten bleiben kostenpflichtig: DB sieht keinen Spielraum
15.12.2025

Kostenlose Toiletten an Bahnhöfen sind in Deutschland selten. Laut Bundesregierung sieht die Deutsche Bahn aus Kostengründen keine...