Deutschland

Plötzlich üben die Medien Kritik an Spahn, doch es ist zu spät

Die Medienlandschaft hat sich dazu durchgerungen, Jens Spahn zu kritisieren. Doch es ist zu spät, obwohl die Deutschen Wirtschaftsnachrichten seit Beginn der Pandemie eindeutige Warnungen ausgesendet hatten. Spahn wird nun nicht nur unbeschadet weitermachen, sondern in der kommenden Legislaturperiode „die Hauptrolle“ in der Bundesregierung spielen.
24.02.2021 20:48
Aktualisiert: 24.02.2021 20:48
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Plötzlich üben die Medien Kritik an Spahn, doch es ist zu spät
Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht bei einer verdi-Kundgebung von Beschäftigten im Gesundheitswesen vor dem Tagungsort der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder. (Foto: dpa) Foto: Christoph Soeder

Seit Beginn der Pandemie warnen die Deutschen Wirtschaftsnachrichten vor Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In diesem Zusammenhang wurden zahlreiche Artikel publiziert, die von der Öffentlichkeit ignoriert wurden. Nun ist die deutsche Medienlandschaft dazu übergegangen, etwas Kritik an Spahn zu äußern. Doch es ist zu spät. Der Chefredakteur der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, Hauke Rudolph, hatte noch frühzeitig Spahns Rücktritt gefordert (HIER). Diese Forderung blieb ungehört.

Das Kind ist im Verlauf der Corona-Pandemie längst in den Brunnen gefallen. Und die Deutschen Wirtschaftsnachrichten präsentieren Ihnen nun die nächste Prognose zum „Fall Spahn“:

Er wird mit keinerlei Konsequenzen rechnen müssen. Herr Spahn wird wie gewohnt weiter machen und höchstwahrscheinlich eine ganz große Rolle in der nächsten Bundesregierung spielen. Wenn er nicht der nächste Bundeskanzler werden sollte, dann sicherlich der übernächste. Dem sogenannten aktuellen Streit zwischen Angela Merkel und Spahn ist kein Glauben zu schenken. Es handelt sich dabei eher um eine PR-Kampagne, um die öffentliche Kritik an Spahn einzudämmen. Wahrscheinlicher ist, dass Merkel und Spahn ihren öffentlichkeitswirksamen Streit vorher abgesprochen haben.

Einige aktuelle Pressestimmen werden folglich dokumentiert

Die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet: „,Wir sind pandemiemüde‘, sagte Spahn gestern im Bundestag. Das ist wahr. Vor allem aber sind ,wir‘ müde, einem Gesundheitsminister zuzusehen, der viel Zeit in persönliche PR und wenig in vorausschauende Pandemiepolitik investiert. Jens Spahn sollte einfach seinen Job machen. Dann müssten ,wir‘ ihm auch weniger verzeihen.“

Die „Leipziger Volkszeitung“ wörtlich: „Es ist ein cleverer Trick des CDU-Politikers. Das ,Wir‘, das er verwendet, wenn es um schlechte Nachrichten geht, erweckt den Anschein persönlicher Zurückhaltung, als nähme er sich selbst nicht ganz so wichtig. Gleichzeitig verschleiert es die wahren Verantwortlichkeiten. Tragen ,wir‘ nicht alle zusammen die Schuld daran, dass die Lage so schlecht ist, wie sie ist? Die Antwort auf diese Frage lautet: nein. Auch wenn es in der Pandemie-Bekämpfung natürlich auf jeden Einzelnen ankommt, kommt es auf einige wenige ein ganzes Stück mehr an. Derjenige, auf den es am meisten ankommt, ist Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit.“

Die „Nürnberger Nachrichten“: „Wer vorschnell und teils fahrlässig Hoffnungen weckt, der handelt letztlich verantwortungslos. Jens Spahn hat dies nun schon des öfteren getan; er agiert inzwischen mehr als Ankündigungs- denn als Gesundheitsminister. Er verspricht jene Fortschritte, die sich alle wünschen – und muss dann zurückrudern.“

Die „Mitteldeutsche Zeitung“ führt aus: „Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich zog die Notbremse und kassierte das Testversprechen wieder ein. Es wird keine flächendeckenden Schnelltests ab nächster Woche geben, stattdessen will Merkel bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit den Regierungschefs der Länder beraten, wie es in der Sache weitergeht. Zurück bleibt das Bild eines überforderten Ministers, dem die eigene Öffentlichkeitsarbeit wichtiger ist als das Lösen von Problemen. Für Spahn persönlich mag das bedauerlich sein, weil er so in wenigen Wochen vom möglichen Kanzlerkandidaten zu einem Minister wurde, der um sein Amt kämpfen muss. Für das Land aber ist dies hochgefährlich.“

Der „Kölner Stadtanzeiger“ berichtet: „Spahn, dessen Corona-Politik lange Zeit von einer Mehrheit der Bevölkerung positiv bewertet worden war, hat die Lage erkennbar nicht im Griff. Im Gegenteil: Bei Lichte betrachtet, stolpert der Minister seit Beginn der Pandemie von Fehler zu Fehler. Er nahm das Virus nicht ernst genug, versäumte den Einkauf von Schutzausrüstung, dachte nicht an die Reiserückkehrer, ließ die Impfstoffbeschaffung schleifen, reagierte zu spät auf die zweite Infektionswelle. Nun kommt noch die Posse um die vermasselte Einführung flächendeckender Corona-Schnelltests hinzu.“

Der „Südkurier“ berichtet: „Zur Abwechslung hat Gesundheitsminister Spahn etwas Positives zu verkünden. Funktioniert der Selbsttest, sind viele Lockerungen möglich, weil sich die Infektionen wesentlich genauer eingrenzen lassen. Damit sollten sich viele Türen, die bislang noch verschlossen sind, für Nichtinfizierte wieder öffnen lassen. Nach dem enttäuschenden Start der groß angekündigten Impfaktion darf sich Spahn über Skepsis allerdings nicht wundern: Nicht alles, was der Minister lautstark in Aussicht stellte, hat er anschließend in die Tat umgesetzt. Noch immer läuft im Kampf gegen Corona in Deutschland vieles umständlich und langsam. Länder wie Österreich sind beim Einsatz von Schnelltests deutlich weiter. Solange er hinterherhinkt, steht Spahn unter Druck. Für den Gesundheitsminister lief es schon besser.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Bahnverbindung nach Aserbaidschan: Türkei baut Teil der Neuen Seidenstraße für 2,4 Milliarden Euro
14.09.2025

Die Türkei baut eine 224 Kilometer lange Bahnverbindung nach Aserbaidschan – als Teil der Neuen Seidenstraße. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China jenseits der Schlagworte: Ein Insider berichtet – Megastädten und ländliche Transformation
14.09.2025

Uwe Behrens hat 27 Jahre in China und Indien gelebt und gearbeitet – lange bevor Schlagworte wie „Belt and Road Initiative“ bekannt...

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...