Finanzen

Bitcoin in Gefahr: Es drohen Hackerangriffe, Preisverfall und das endgültige Verbot

Lesezeit: 6 min
05.03.2021 11:00
DWN-Finanzexperte Andreas Kubin analysiert die Zukunft des Bitcoin.
Bitcoin in Gefahr: Es drohen Hackerangriffe, Preisverfall und das endgültige Verbot
Uwe Stärker sucht nahe der kleinen Ortschaft Theuern (Kreis Sonneberg/Thüringen) im Flüsschen "Grümpen" nach Gold. Letzteres hat einen weitaus realeren Wert als der Bitcoin. (Foto: dpa)

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In mancher Tageszeitung, in manchem (Finanz)Magazin ist dieser Tage zu lesen: „Die Kryptowährung Bitcoin hat sich etabliert, auch als Anlagemedium sollte man dieses digitale Geld ernst nehmen.“

Nun tun sich viele Fragen auf, vor allem diese:

Als was hat sich Bitcoin eigentlich etabliert?

Beziehungsweise: Nur, weil die Kursnotiz eines höchst spekulativen Anlageobjekts einen exorbitanten Anstieg in exakt fünfeinhalb Jahren von 235 auf 58.330 Dollar hingelegt hat, ist dieses Anlageobjekt bereits etabliert? Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Nein! Wahr ist stattdessen dies: Die von der Kryptowährung generierte Aufmerksamkeit und ihr exorbitanter Kursanstieg haben sich gegenseitig bedingt. Die Käufer wurden durch die Chance auf schnelles Geld angezogen wie die Motten vom Licht!

Wer jedoch auf stabilen Werterhalt setzt, der legt andere Maßstäbe an.

Ich möchte nochmal auf den weltweit anerkannten Ökonom Nouriel Roubini hinweisen, der sich zu der Digitalwährung folgendermaßen äußerte: Fallen Sie nicht auf die Bitcoin-Blase herein, selbst die Flintstones hatten in der Steinzeit ein besseres (Zahlungs)System.

Darüber hinaus ist der Umstand auffällig, dass sich gerade viele alteingesessene Investmentprofis, also wahre Anlage-Experten, unter den warnenden Stimmen befinden.

Auch, dass manche die Blockchain-Währung als aufstrebenden Wertspeicher für Millennials orten, und dass „Fidelity“ – mit seinen mehr als sieben Jahrzehnten Erfahrung als Vermögensverwalter – dieses Produkt seinen Kunden anbietet, ist für mich kein Argument pro Bitcoin.

Charlie Munger

Sollte ihnen der Name Charlie Munger nicht auf Anhieb etwas sagen: Nun, sein Träger ist die Nummer zwei (stellvertretender Vorstandsvorsitzender) hinter Warren Buffet bei „Buffet Hathaway“, einer der weltweit renommiertesten Investment-Gesellschaften überhaupt. Der 97-jährige Milliardär ließ am 24. Februar mit einer höchst interessanten Einschätzung von Bitcoin aufhorchen, wobei seine harsche Ausdrucksweise völlig verständlich ist, ortet der Investmentprofi doch eine ganze Reihe von Unwägbarkeiten bei dem Anlage-Objekt. Ethan Wolff-Mann, Yahoo Senior-Autor, schrieb am gleichen Tag auf “yahoo! finance”:

Der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Berkshire Hathaway, Charlie Munger, nahm hinsichtlich seiner Meinung zu Bitcoin kein Blatt vor den Mund. „Ich glaube nicht, dass Bitcoin am Ende das Tauschmittel für die Welt sein wird", sagte er als Antwort auf eine Frage über neue disruptive Technologien im Bankensystem. „Es ist zu volatil ... um in geeigneter Weise als Tauschmittel zu dienen."

Der Grund, so Munger, sei, dass die Zentralbanken gerne ihr eigenes Bankensystem und ihre eigene Geldversorgung kontrollieren. Es sei „wirklich eine Art künstlicher Ersatz für Gold.“

Munger …mag Gold nicht.

"Da ich nie Gold kaufe, kaufe ich auch nie Bitcoin, und ich empfehle anderen Leuten, es mir gleichzutun", fügte er hinzu.

Bitcoin, sagte Munger, erinnere ihn an ein altes Oscar Wilde-Zitat über die Fuchsjagd: „Die Jagd auf das Ungenießbare durch das Unaussprechliche" (das Zitat lautet eigentlich: "Fuchsjagd ist
das Unaussprechliche in Verfolgung des Ungenießbaren“ aus dem Stück "Eine Frau ohne Bedeutung").

Ein anderer Aktionär fragte Munger, ob das Daily Journal (ein Verlag und Technologie-Unternehmen unter Leitung von Charles Munger – Anm. d. Red.) dem Beispiel von Tesla folgen und Bitcoin in die Bilanz aufnehmen würde. "Wir werden Tesla nicht in den Bitcoin folgen", antwortete Munger lapidar.

Munger ätzte und lieferte in der Sitzung eine Menge Sticheleien gegen Kryptowährungen, Investmentbanker („sie werden Scheiße verkaufen, solange Scheiße verkauft werden kann") sowie wie Broker wie
„Robinhood“ ("auf schmutzige Art Geld machen").

Auf die Frage, was unglaublicher sei, der Aktienkurs von Tesla oder Bitcoins Stand bei 50.000 Dollar, zitierte der 97-jährige Milliardär den Lexikographen Samuel Johnson: „Ich kann die Rangfolge zwischen einem Floh und einer Laus nicht entscheiden, und mir geht es bei der Wahl zwischen diesen beiden Optionen genauso."

Merke: Die Chronologie des kürzlichen Kurs-Verfalls der Kryptowährung Nummer eins wurde bereits in einem separaten DWN-Artikel intensiv durchleuchtet.

Kryptowährungen versus etablierte Währungen: Pros und Kontras

Hinter einer herkömmlichen Währung stehen eine Volkswirtschaft und eine Zentral- beziehungsweise Nationalbank.

Eine herkömmliche Währung erfährt dadurch eine gewisse Stabilität (wie ausgeprägt diese ist, kann man an der jeweiligen Währungsschwankung ablesen). Welche Volkswirtschaft, welche Zentralbank steht hinter Bitcoin? Antwort: Keine

  • Die extreme Schwankungsbreite

Es wäre müßig, dem aufmerksamen Beobachter der Finanzmärkte hier einen Edelmetall-Chart der letzten fünfzehn oder zwanzig Jahre zu präsentieren. Interessierte Anleger können diesen quasi im Schlaf nachzeichnen.

Dem gegenüberstellen sollte man folgende Fakten:

21. Februar, 08.05 Uhr MEZ: 58.330 Dollar je Krypto-Coin.

26. Februar, 12:42 Uhr MEZ: 46.083 Dollar je Kryto-Coin.

Das sind nach Adam Riese satte 21 Prozent Kursverlust innerhalb von fünf Tagen, im etablierten Zahlungsmittel ausgedrückt exakt 12.247 Dollar oder fast ein Kleinwagen! Sieht so ein stabiles Zahlungsmittel aus? Mit anderen Worten: Bitcoin geht neuerlich auf „Tauchstation“.

Die aktuellen Kursentwicklungen – ganz egal, wie sich der Kurs mittelfristig entwickeln wird – deutet doch sehr auf eine Blase hin, aus der mal ordentlich „Luft raus muss“. Oberhalb von 50.000 Dollar je Krypto-Coin vermisst man Unterstützungen.

  • Die angeblich mengenmäßige Limitierung

Immer häufiger wird der Vergleich mit einem seit Jahrtausenden etablierten Anlageobjekt namens Gold strapaziert. Platin, Palladium, Gold, etc. gibt es nicht unbegrenzt auf unserem Planeten. Alle sind mengenmäßig limitiert. Angeblich können Bitcoins maximal bis zu einer Gesamtmenge von 21 Millionen Stück elektronisch geschürft (richtigerweise „errechnet“) werden. Aber: wer garantiert oder haftet, dass das tatsächlich für immer und ewig unabänderbar ist? Ich habe diesbezüglich noch kein Zertifikat gesehen oder eine von den Erfindern schriftlich abgegebene Garantie, dass eine Ausweitung technisch beziehungsweise rechnerisch unmöglich wäre.

Zur Verunsicherung trägt auch bei, dass der kolportierte Erfinder namens „Satoshi Nakamoto“ seit dem Start von Bitcoin von der Bildfläche verschwand.

Das erweckt doch sehr den Anschein, als hätte man wieder einmal einen „Strohmann“ vorgeschoben.

  • Reiner Glaube

    Bitcoin lebt allein vom Glauben an seinen Wert. Vielleicht wird es sich als das Resultat digitaler Rechengänge der Blockchain-Technologie als Zahlungsmittel etablieren. Die Kriterien einer Währung wird Bitcoin deshalb noch lange nicht erfüllen. Egal, welche namhaften Unternehmen darin investieren. Eine Erkenntnis von Voltaire möchte ich in Erinnerung rufen (der große französische Philosoph zog damals den Vergleich eines gängigen Zahlungsmittels mit Edelmetall, aber der Vergleich lässt sich auch auf das Verhältnis von Bitcoin und Edelmetall anwenden):

    „Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück – (nämlich) Null“!
  • Der Schlüssel

Erste Netzwerke berichten, dass sich Bitcoin-Besitzer nicht mehr ihrer digitalen Zugangs-Schlüssel erinnern können.

Da ist die Wahrscheinlichkeit gleich null, dass das Enkerl durch Zufall mal eine digitale Münze entdeckt, die der Opa vergaß und deshalb unerwähnt hinterließ. Und bei der zunehmend fortschreitenden Tendenz der Bevölkerung, der Demenz zu unterliegen, sind dann irgendwann einmal weit weniger Kryptos in Umlauf, weil „eindementiert“ :)

  • Thema Sicherheit

Ganze Krypto-Börsen wurden schon gehackt! Speichern sie ihre Bitcoins oder die Bruchteile dessen am besten auf einem USB-Stick, dann ist der „Zaster“, die „Knete“ sicher vor Hackern. Dann vergraben sie ihn. Heben sie den digitalen Schlüssel dazu gut auf, natürlich am besten getrennt. So ist sichergestellt, dass der Finder nie seine Freude daran haben wird.

  • Wie fern ist das Verbot?

Es wurde auch die These aufgestellt, Bitcoins „Existenz untergrabe die Macht von Bankern, Notenbankern und Politikern“. Na ja, seid ihr sicher, damit nicht falsch zu liegen?

Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass eine Parallelwährung verboten wird. Was dann? Was ist, wenn Institutionen auf staatlicher oder auf Metaebene eigene Kryptowährungen auflegen? Würde man dann den Bitcoin parallel dulden? Fragezeichen über Fragezeichen also.

Tatsache ist: Eines schönen Tages könnte jemand auf die Idee kommen, die ach so leichte Transport- und Zugriffsmöglichkeit als zu förderlich für kriminelle Kräfte einzustufen, und schon gäbe es ein Verbot!

Warum fehlt der Diskurs zur CO2-Bilanz der Kryptowährungen?

Ich bin sicherlich alles andere als ein Verfechter des aktuellen CO2-Irrsinns – wobei es natürlich schon so ist, dass es ohne CO2 kein Leben gäbe, denn jeder Baum, jede Pflanze braucht CO2, nur damit funktioniert die Sauerstoffproduktion. Aber das ist ein anderes Thema.

Warum schreit bei Kryptowährungen wie Bitcoin keiner wegen der verheerenden CO2-Bilanz auf? Das Problem des exorbitanten Stromverbrauchs, der für das „Errechnen“ der Coins notwendig ist, wird völlig ausgeblendet.

Vielleicht fehlt der Diskurs auch, weil, wie es mir gegenüber vor Jahren ein Bekannter so wunderbar plastisch ausdrückte: „Cash is fesch.“

Der CO2-Fußabdruck der Blockchain-Strategie

Zitat Scinnexx – das Wissensmagazin: „Stromverbrauch von 46 Terawattstunden! Das Ergebnis: Im November 2018 lag der jährliche Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks bei rund 45,8 Terawattstunden – wenn man von der unteren Grenze der möglichen Spannbreite ausgeht. Um diesen Bedarf zu decken, müssen mehr als fünf Großkraftwerke das ganze Jahr hindurch auf Volllast laufen. Seit 2016 ist der Energieverbrauch zudem relativ stetig angestiegen, von 345 Megawatt Ende 2016 bis auf 5.232 Megawatt Ende 2018, wie die Forscher ausrechneten.“

Die Schweizer „Handelszeitung“ titelt: „Krypto gegen Klima: Der Bitcoin ist eine Umweltsau. Der Umweltpreis von Bitcoin & Co. steigt so steil wie die Spekulation damit. Warum wettert die Klimajugend nicht gegen Kryptowährungen?.......

Und weiter heißt es:Sie setzen zwar Notenbanken und private Finanzinstitute mehr und mehr unter Druck, Kapital aus den alten CO2-Industrien abzuziehen; doch daneben entwickeln Männer mit Guerilla-Attitüde (Frauen sind fast nie dabei) eine neue Treibhausgas-Großindustrie: die Kryptowährungen. Diese wiederum sollen eine Alternative zur Geldstruktur der Zentralbanken darstellen, welche als nicht nachhaltig betrachtet wird.“

Noch eine aus hunderten von diesbezüglichen Meldungen möchte ich zitieren. Tim Blumenstein schreibt erst kürzlich am 22. Januar auf t-online.de unter der Schlagzeile: Umweltsünder Bitcoin? Es ist nicht alles Gold, was glänzt: „Dort, wo vor Jahrhunderten Bergleute den Fels noch mit der Spitzhacke bearbeiteten, in der Hoffnung, wertvolle Edelmetalle zutage zu fördern, wird heute schweres Gerät aufgefahren. Bei den digitalen Bergleuten der Gegenwart, auch Miner genannt, ist das nicht anders: Konnten sie vor wenigen Jahren noch mit einfachen Computern das virtuelle Bitcoin-Gold schürfen, brauchen sie dafür heute ganze Serverfarmen. Und die sind energiehungrig.

Höherer Stromverbrauch als die Niederlande: 110 Terawattstunden – so viel Strom könnten die Hightech-Rechner der Bitcoin-Miner weltweit dieses Jahr verschlingen, schätzt des Centre of Alternative Finance der britischen Universität Cambridge, anhand tagesaktueller Daten zur Rechenleistung. Das ist mehr Strom, als die gesamte Niederlande im Jahr verbraucht. Allein seit Jahresbeginn ist der Strombedarf für die Kryptowährung um fast zehn Terawattstunden gestiegen, seit Oktober hat er sich nahezu verdoppelt … .“

Da sollte schon die Frage erlaubt sein. Warum wettern da so wenige dagegen? Den SUV-Fahrern macht man ihr Auto madig. Bei Bitcoin ist es egal?

Eine neue, geeignetere Digital-Währung

Mein Vorschlag ist folgender: Der Internationale Währungsfonds (IWF) oder eine andere, mindestens aber kontinentalweit anerkannte Institution, sollte eine weltweit akzeptierte digitale Währung auflegen und diese entsprechend mit physischen Vermögenswerten hinterlegen, die in regelmäßigen Abständen von einer rotierenden Anzahl unabhängiger Experten - und da möchte ich beispielsweise auch einen Philipp Bagus, Max Otte, Markus Krall drunter wissen - offiziell überprüft werden.

Und es ist alles andere als ein Ding der Unmöglichkeit, dass diese Währung parallel zu existierenden Währungen eingeführt werden kann.

Dann bin ich unter den Allerersten, welche diese neue digitale Währung einer kritischen Analyse unterziehen und – wenn gerechtfertigt – für gut befinden werden.

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 

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