Deutschland

Am Montag kommen wieder schärfere Corona-Beschränkungen

Die Äußerungen aus Politik und Wissenschaft sind eindeutig. Alles deutet darauf, dass Bund und Länder am Montag wieder schärfere Corona-Maßnahmen beschließen werden.
20.03.2021 19:10
Lesezeit: 2 min

Angesichts immer weiter steigender Infektionszahlen wächst der Druck auf Bund und Länder, wieder schärfere Corona-Beschränkungen zu erlassen. Vor den nächsten Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Montag warnen Mediziner vor einer drohenden Zuspitzung der Pandemie-Lage. Dabei rückt kurz nach ersten Öffnungsschritten nun zusehends die von Bund und Ländern vereinbarte "Notbremse" in den Blick - also die Rücknahme von Lockerungen, wenn sich zu viele Menschen anstecken. Ärztevertreter kritisierten die geplante stärkere Einbeziehung von Praxen in die Impfungen als zu zögerlich.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnte vor weiteren Öffnungen. "Wer jetzt die falschen Schritte geht, riskiert, dass aus der dritten Welle eine Dauerwelle wird", sagte der CSU-Chef der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es gelte: "Jetzt lieber konsequent und schneller - auch wenn es noch mal Kraft kostet." Die Notbremse müsse überall in Deutschland gleich und konsequent angewandt werden.

Der Ärzteverband Marburger Bund forderte, die Notbremse definitiv zu ziehen. "Es war unverantwortlich, in die dritte Welle und die Ausbreitung der Mutanten hinein auf diese Art zu lockern. Dadurch droht den Kliniken nun die dritte Extremsituation binnen eines Jahres", sagte die Vorsitzende Susanne Johna der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte im Deutschlandfunk: "Die Situation ist dramatisch." Mit der Impfkampagne allein sei nun kein Damm zu bauen, "so dass nichts anderes bleibt, als in großen Teilen hier auch wieder Schutzmaßnahmen zu ergreifen".

Merkel hatte bereits am Freitagabend gesagt: "Ich hätte mir gewünscht, dass wir ohne diese Notbremse auskommen, aber das wird nicht möglich sein, wenn ich mir die Entwicklung der letzten Tage anschaue."

Die "Notbremse" sieht vor, Öffnungen zurückzunehmen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region oder einem Land an drei aufeinander folgenden Tagen auf über 100 steigt. Bundesweit liegt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen laut Robert Koch-Institut (RKI) nun bei 99,9 und damit höher als am Vortag (95,6). Regional gibt es aber weiterhin erhebliche Unterschiede - von 58 in Schleswig-Holstein bis 201 in Thüringen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, auch den Fortschritt der Impfungen beim weiteren Vorgehen stärker zu berücksichtigen. "Es braucht eine verbindliche Impfrate von 85 Prozent bei den über 80-Jährigen und 70 Prozent bei den über 70-Jährigen", sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. "Diese Menschen bedroht das Virus am meisten." Unerlässlich sei auch ein Monitoring der Belastung von Krankenhäusern und Intensivstationen vor Ort.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, auch sie sehe die Entwicklung mit Sorge. Beim weiteren Vorgehen müssten Schulen und Kitas weiterhin oberste Priorität haben. "Wir haben die meisten Kinder in die Schulen und Kitas zurückgeholt. Das ist wichtig für die Kinder wie auch für die Eltern." Man sollte aber auch zumindest darüber sprechen, ob es Wege für Urlaub in der näheren Umgebung gebe. "Viele Menschen verstehen nicht, dass es Möglichkeiten für den Osterurlaub auf Mallorca gibt, aber zu Hause nicht einmal eine Ferienwohnung im eigenen Bundesland angemietet werden kann."

Um die Impfungen zu beschleunigen, hatten Bund und Länder am Freitag beschlossen, Hausärzte nach Ostern routinemäßig einzubeziehen - aber zunächst noch mit kleinen Impfstoffmengen von etwa 20 Dosen pro Woche und Praxis. Zunächst sollen eine Million Dosen pro Woche in Praxen gehen können - aber weiterhin 2,25 Millionen Dosen an die regionalen Impfzentren der Länder. Ein Schub für die Praxen soll dann jedoch in der Woche vom 26. April mit 3,2 Millionen Dosen kommen. Dann hätten sie auch erstmals mehr Impfstoff zur Verfügung als die Impfzentren.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte: "Jetzt müssen die Länder aber auch liefern und wöchentlich 2,25 Millionen Impfdosen verimpfen. Schaffen sie das nicht, müssen sie sich dafür verantworten." Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wir stehen zum Impfen bereit - und wollen keine Resterampe werden." Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt sagte, wenn alle Impfzentren unter Volllast liefen und vor allem 50 000 Arztpraxen eingebunden würden, "haben wir eine echte Chance, bis zum Sommer allen Erwachsenen ein Impfangebot zu machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...