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Suez-Krise, Handel und Seidenstraße: In Dschibuti könnte es bald knallen

Lesezeit: 3 min
28.03.2021 14:41  Aktualisiert: 28.03.2021 14:41
Dschibuti spielt eine wichtige Rolle im Rahmen des Seewegs der Neuen Seidenstraße und bei der Sicherheit des Suez-Kanals. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Ereignisse in dem kleinen Land überschlagen – mit weiteren Folgen für den internationalen Handel. Die großen Spieler sind die USA und China.
Suez-Krise, Handel und Seidenstraße: In Dschibuti könnte es bald knallen
Dschibuti liegt an der Straße Bab-el-Mandeb, die zum Suez-Kanal führt. (Grafik: DWN/Google Maps)

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Die USA, China, Russland, die EU und Japan versuchen ihren Einfluss in Somalia und Dschibuti zu erweitern, um ihre wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen auf dem afrikanischen Kontinent zu untermauern. Dabei spielt insbesondere Dschibuti eine wichtige Rolle.

Die Chinesen, die ihre erste Auslandsbasis in Dschibuti errichteten, tun dies hauptsächlich über wirtschaftliche Projekte. Die kommunistische Regierung Chinas stellt im Rahmen ihres Projekts zur Neuen Seidenstraße riesige Geldbeträge für Projekte bereit. Derzeit halten sie afrikanische Schulden im Wert von mehr als 145 Milliarden US-Dollar, was jährlichen Zahlungen von über acht Milliarden US-Dollar entspricht. China finanziert den Bau von Häfen, Eisenbahnstrecken und anderer Infrastruktur. Wenn die Kredite jedoch in Verzug geraten, übernimmt die chinesische Regierung gemäß den Bedingungen des Abkommens die Kontrolle über die Infrastruktur, wie dies bereits in Sri Lanka geschehen ist, berichtet das Militärportal „Sofrep“.

Das kleine ostafrikanische Land Dschibuti, das auf der Straße Bab-el-Mandeb liegt, das Afrika mit dem Mittleren Osten und Indien verbindet, beherbergt sieben ausländische Militärpräsenzen, berichtet The Cipher Brief. Den größten Stützpunkt haben die Amerikaner. Es nennt sich Camp Lemonnier, wo sich das US-amerikanische Hauptquartier des Combined Joint Task Force Horn of Africa befindet und die US-Navy stationiert ist. Nach Angaben von The Telegraph sind dort 4.500 US-Soldaten stationiert. Frankreich unterhält seine Militärbasis in Dschibuti aus der Kolonialzeit, obwohl es die Einrichtung verkleinert hat.

Wer immer Dschibuti kontrolliert, kann im Notfall durch eine Militärintervention zur See den Welthandel über den Suez-Kanal blockieren. Denn die Seezone von Dschibuti bildet den „Eintritt“ in Richtung des Suez-Kanals. Bemerkenswert ist, dass auch Japan einen Stützpunkt in Dschibuti unterhält, was Sinn macht. Denn Japan gehört zu den großen Handelsnationen, wodurch das Land auf sichere Seewege angewiesen ist.

Für Saudi-Arabien ist das künstlich geschaffene Land wichtig, weil es sich direkt gegenüber vom Jemen befindet. Riad ist direkt in den Jemen-Konflikt involviert und bekämpft die jemenitischen Huthi-Rebellen, die wiederum vom Iran unterstützt werden.

Doch Chinas Interessen in Dschibuti stehen nicht im Einklang mit den US-Interessen. „Sie sehen Dschibuti als Teil ihrer langfristigen Strategie, eine globale Macht zu werden, nicht nur eine regionale Macht. Zudem setzten sie eine außerordentliche Menge an Aufwand und Investitionen ein“, sagt der Direktor der nationalen Nachrichtendienste, Dan Coats. China zahlt Dschibuti 20 Millionen Dollar pro Jahr für seinen ersten Stützpunkt in Übersee. Das ist eigentlich ein Schnäppchen im Vergleich zu der jährlichen Leasing-Zahlung der USA in Höhe von 63 Millionen Dollar. Etwa 300 bis 400 chinesische Militärs sollen auf dem Stützpunkt stationiert sein. Colonel Wu Qian, Ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums, sagte im Februar 2017, dass der Stützpunkt in Dschibuti der logistischen Unterstützung und der körperlichen Erholung der chinesischen Streitkräfte, die maritime Missionen im Golf von Aden und in den Gewässern vor der somalischen Küste durchführen, dienen soll. Die Missionen sollen der Friedenssicherung in der Region dienen, meint der Chinese.

„Für die Sicherung der Handelswege und auch als Ausgangspunkt für den Anti-Terrorkampf am Horn von Afrika ist Dschibuti derzeit wahrscheinlich das wichtigste Land“, zitiert die Deutsche Welle Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Das Horn von Afrika ist eines der Schlüsselpunkte für den internationalen Containerhandel.

Coats warnt davor, dass die Chinesen durch ihre wirtschaftliche Seidenstraßen-Initiative nicht nur einen schnellen Zugang nach Europa, sondern auch in den Nahen Osten und in den Indischen Ozean erhalten. Edward Paice, Direktor des Africa Research Institute in London, sagte dem Cipher Brief, dass ein Stützpunkt in Dschibuti den Chinesen erlauben wird, „die Handelsströme besser zu schützen“.

„China hat sich im Laufe der Jahre zunehmend in die Friedenssicherung eingebunden (…) Es hat Kampftruppen sowohl im Südsudan als auch in Mali. Es ist logisch, dass es irgendwo in Afrika einen Stützpunkt braucht – genauso wie die Amerikaner sagen, dass sie Camp Lemonnier als Hauptquartier für Operationen in Afrika brauchen“, so Paice.

Die US-Abgeordneten Dana Rohrabacher und Duncan Hunter schrieben im Februar 2016 einen offenen Brief an den damaligen Außenminister John Kerry und den damaligen Verteidigungsminister Ashton Carter. Rohrabacher und Hunter wörtlich: „[Wir sind ] Besorgt darüber, dass unsere eigenen strategischen Interessen rund um das Horn von Afrika, insbesondere unsere kritischen Operationen gegen den Terrorismus, durch den wachsenden strategischen Einfluss Chinas in der Region beeinflusst werden.“

Doch Dschibuti wird sich offenbar nicht freiwillig auf einen Kollisionskurs gegen China im Sinne der USA einlassen. Dschibutis Botschafter in den USA, H.E. Mohamed Siad Doualeh, sagte dem Cipher Brief, dass China ein „Freund“ ist und Dschibuti habe „sehr gute Beziehungen mit China“. Auf Nachfrage, ob die chinesische Basis Auswirkungen auf die Interessen der USA in der Region haben wird, sagte Botschafter Doualeh: „Wir erwarten, dass alle Länder auf der Grundlage des Völkerrechts zusammenarbeiten.“

Doch angesichts der aktuellen instabilen Lage, dürften in den kommenden Wochen und Monaten in Dschibuti Ereignisse auftreten, die einen Einfluss auf die Seewege und die Sicherheit des Suez-Kanals haben könnten.


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