Weltwirtschaft

Bundesnetzagentur: Noteingriffe zur Stabilisierung des Stromnetzes nehmen zu

Lesezeit: 2 min
29.04.2021 09:00
Das deutsche Stromnetz muss immer häufiger im Zuge von Not-Eingriffen der Betreiber stabilisiert werden.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die durch Noteingriffe zur Stabilisierung der Stromversorgung in Deutschland entstehenden Kosten nehmen zu und summierten sich auch im vergangenen Jahr auf einen Milliardenbetrag. Für Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen fielen rund 1,4 Milliarden Euro an, wie aus veröffentlichten Zahlen der Bundesnetzagentur hervorgeht. Das waren etwa 100 Millionen Euro mehr als 2019. Die Kosten werden über die Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt und landen am Ende beim Verbraucher.

Verursacht werden diese Kosten durch den nicht ausreichenden Ausbau der Stromnetze in Deutschland. Wenn viel Windstrom im Norden erzeugt wird, gibt es immer wieder Engpässe beim Stromtransport nach Süddeutschland. Die Übertragungsnetzbetreiber lassen dann vor dem Engpass im Norden die Einspeisung von Strom aus konventionellen Kraftwerken senken und im Süden erhöhen. Reicht das nicht aus, müssen zusätzlich Windkraftanlagen ihre Leistung drosseln.

Im vergangenen Jahr konnten so gut 6.100 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien nicht genutzt werden. Das waren etwa 3 Prozent der gesamten erneuerbaren Erzeugung in Deutschland. Die Betreiber der Anlagen, vor allem Windräder in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie in der Nord- und Ostsee, erhielten dafür Entschädigungen von insgesamt 761 Millionen Euro. Für Einspeisereduzierungen und -erhöhungen konventioneller Kraftwerke und das Bereithalten von Reservekraftwerken fielen gut 637 Millionen Euro an Kosten an.

Der tiefgreifende Wandel im deutschen Stromsystem infolge des Wegfalls steuerungsfähiger Stromquellen (Atom- und Kohlekraftwerke) und deren Ersetzung durch volatile Energieformen wie Wind- und Solarenergie wird von der Bundesnetzagentur als Hauptgrund für die zunehmenden Eingriffe genannt. Die Agentur schreibt im Bericht: „Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen tragen zur hohen Zuverlässigkeit des Elektrizitätssystems in Deutschland bei. Netzstabilisierende Maßnahmen haben durch den Wandel des Systems in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Dieser Wandel ist u.a. geprägt durch den Ausbau von relativ lastfernen Windenergieanlagen, Veränderungen im konventionellen Kraftwerkspark und sich ändernde Rahmenbedingungen für den Stromhandel mit anderen Staaten. Bei gleichzeitigen Verzögerungen im Netzausbau führen diese Veränderungen zu Netzbelastungen, zu deren Behebung die Netzbetreiber verpflichtet sind.“

„Stromautobahn“ Südlink kommt voran

Eines der größten Projekte der Energiewende in Deutschland ist einen wichtigen Schritt vorangekommen. Die Bundesnetzagentur hatte Ende März den noch fehlenden Trassenabschnitt für die Stromleitung „Suedlink“ in Niedersachsen festgelegt. „Der grobe Verlauf des Suedlink steht jetzt fest. Damit bringen wir eines der zentralen Projekte der Energiewende auf den Weg“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. Die rund 700 Kilometer lange Verbindung soll über Erdkabel Windstrom aus der Nordsee in die süddeutschen Ballungsräume transportieren.

Bis diese sogenannte Stromautobahn genutzt werden kann, wird es aber Jahre dauern. Laut Bundesnetzagentur soll sie 2026 in Betrieb gehen. Mit der jetzigen Entscheidung hat die Behörde einen etwa 1000 Meter breiten Streifen festgelegt, in dem die Leitung verlegt werden soll. Im weiteren Genehmigungsverfahren entscheidet die Bundesnetzagentur über den genauen Verlauf innerhalb dieses Korridors.

Suedlink besteht aus zwei Vorhaben, die über weite Bereiche parallel geplant und verlegt werden. Startpunkte sind Wilster und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein. Die Leitung führt dann durch Niedersachsen, Hessen und Thüringen nach Bayern und Baden-Württemberg. Die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW beziffern die Investitionskosten auf 10 Milliarden Euro. Suedlink ist eine von drei in Planung befindlichen Stromautobahnen. Für eine vierte Erdkabel-Doppelleitung von der Nord- und Ostsee nach NRW wird derzeit das Planungsverfahren vorbereitet.

Bundesweit gibt es Bürgerinitiativen gegen die leistungsstarken Stromtrassen. Bei der Erdverkabelung befürchten sie „Wärmekontamination“ und damit Auswirkungen auf die Natur sowie Tier- und Pflanzenwelt. Tennet und TransnetBW haben versichert, der Bodenschutz bilde bei Planung und Bau einen Schwerpunkt, um die Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Natur so gering wie möglich zu halten.

*****

Den gesamten Bericht der Bundesnetzagentur zu den Noteingriffen im deutschen Stromsystem finden Sie hier.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Droht Deutschland der Bankrott? Bundestag setzt Haushaltswoche aus - trotz nahender Haushaltssperre!
21.11.2024

Die Haushaltskrise eskaliert nach dem Ampel-Aus: Nach der abgesagten Sitzungswoche zur Finanzierung der Haushalte, liegen die Etats für...