Unternehmen

Deutsche Unternehmen berichten von akutem Materialmangel

Einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts zufolge leidet derzeit jede zweite deutsche Firma unter einem Mangel an Materialien oder Vorprodukten. Die Preise könnten in vielen Fällen steigen.
04.05.2021 10:46
Aktualisiert: 04.05.2021 10:46
Lesezeit: 2 min
Deutsche Unternehmen berichten von akutem Materialmangel
Röhrchen aus Kunststoff. (Foto: dpa) Foto: Julian Stratenschulte

Ausgefallene Kunststoffwerke, massive Nachfrage aus Asien, Logistikprobleme, Chipmangel: Der Industrie fehlt es an Teilen und Material. Das trifft die Unternehmen, könnte viele Produkte teurer machen und die Erholung nach der Pandemie gefährden.

Fast alle sind betroffen: Süßwarenfabrikanten ebenso wie Möbelbauer, Produzenten von Elektrogeräten, Spielzeug und Plastikschüsseln oder Autobauer. In 45 Prozent der deutschen Industriebetriebe fehlt es an Teilen oder Materialien, wie eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ergeben hat. Die Folge: Bänder stehen still, die Erholung von der Corona-Krise wird ausgebremst, und so manches Produkt dürfte teurer werden.

«Dieser neue Flaschenhals könnte die Erholung der Industrie gefährden», warnt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Seit 30 Jahren fragt das Institut alle drei Monate nach Teile- oder Materialienmangel - doch noch nie war der Anteil betroffener Firmen auch nur annähernd so hoch.

Besonders stark leiden die Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren, wo 71,2 Prozent von Problemen berichten. Die Situation sei außergewöhnlich, sagt Michael Weigelt, Mitglied der Geschäftsführung beim Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie. Diesmal betreffe es die komplette Breite der Rohstoffe. Durch die Bank gebe es dadurch deutliche Preissteigerungen, und oft bekämen die Unternehmen weniger Material als sie eigentlich wollten.

Dahinter stecken mehrere Ursachen. So sei die Nachfrage in Asien früh und stark angesprungen, erklärt Weigelt. Zudem seien in Europa und in den USA Werke ausgefallen. Ein zusätzliches Problem: Bei großen Anlagen brauche man oft stabile Außentemperaturen, um sie wieder hochzufahren. Bei den durch den Wintereinbruch in Texas ausgefallenen Anlagen müsse deswegen teilweise auf den Sommer gewartet werden, um sie wieder zu starten. Erst zum Ende des dritten Quartals rechnet Weigelt mit einer Normalisierung.

Ob sich der Mangel auf die Endverbraucher auswirkt, kommt auf die Produkte an. Beispielsweise bei Spielzeug oder reinen Kunststoffprodukten erwartet Weigelt Preisanstiege. Sei nur die Verpackung aus Kunststoff, werde es dagegen wohl keine größeren Auswirkungen geben.

Allerdings warnte am Montag bereits der Bundesverband der Süßwarenindustrie vor einem Mangel an Verpackungsmaterial. Man hoffe aber, dass dies nicht auch zu Lieferengpässen bei Süßwaren führen werde. Auch der Konsumgüterhersteller Henkel bestätigte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Engpässe bei Verpackungsmaterial und schloss Preiserhöhungen nicht aus.

Die Automobilindustrie wird von mehreren Seiten getroffen. Fast zwei Drittel ihrer Betriebe berichten in der Ifo-Umfrage von Problemen. Der Chipmangel ist hier schon länger Thema. Zahlreiche Hersteller hatten deswegen in den vergangenen Wochen bereits die Produktion in einzelnen Werken ausgesetzt oder heruntergefahren.

Doch auch der Mangel an Kunststoffprodukten schlägt in der Autoindustrie durch, und einzelne Stahlwerkstoffe sind derzeit ebenfalls schwerer zu beschaffen, wie es vom Verband der Automobilindustrie heißt. Im ersten Halbjahr werde daher die Autoproduktion in Europa etwas niedriger als geplant ausfallen. Zudem klagt die Kautschukindustrie, zu der unter anderem die Reifenhersteller gehören, ebenfalls über Verfügbarkeitsengpässe auf breiter Front.

Weitere laut Ifo besonders stark betroffene Branchen sind die Hersteller von elektrischer Ausrüstung und Computern - hier dürften sich sowohl der Chipmangel als auch fehlende Kunststoffteile für Gehäuse bemerkbar machen. Und auch Holz ist knapp: Mehr als die Hälfte der Produzenten von Möbeln sowie Holz-, Flecht- und Korbwaren berichtet von Materialmangel.

Zum Mangel an Teilen und Material trägt laut Ifo-Forscher Wohlrabe auch die internationale Logistik bei. Dort sei derzeit «Sand im Getriebe». Unter anderem mangle es an Containern. Auch die Blockade des Suezkanals im März mache sich bemerkbar. Es gibt aber auch Branchen, die kaum betroffen sind: Unter anderem die Hersteller von Getränken, Nahrung und Futtermitteln sowie die Pharmabranche.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...