Finanzen

"Wir haben zu viel bezahlt": Wie Warren Buffett sich mit Ketchup verspekuliert hat

Lesezeit: 6 min
01.06.2021 09:42  Aktualisiert: 01.06.2021 09:42
DWN-Börsen-Spezialist Andreas Kubin analysiert die Aussichten für eine Reihe von führenden Konsumgüter-Herstellern.
"Wir haben zu viel bezahlt": Wie Warren Buffett sich mit Ketchup verspekuliert hat
Allein mit seinem Tomaten-Ketchup erzielt der amerikanische Lebensmittel-Gigant "Kraft Heinz" einen Milliarden-Umsatz. (Foto: dpa)

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Besonders in diesen turbulenten Zeiten sind wir doch alle auf der Suche nach soliden Investments. Gerade Konsumgüter sind bisher während der Pandemie besonders gut gelaufen. Deshalb habe ich für den Leser eine spezielle Auswahl zusammengestellt.

KRAFT HEINZ

Die Kennzahlen überzeugen auf ganzer Länge. Auch, weil der Appetit auf Knabbergebäck während der Corona-Pandemie dem Lebensmittelriesen einen zusätzlichen Schub verlieh.

Was mir besonders positiv auffällt, ist, dass Kraft Heinz auch den – besonders aussagekräftigen – Nettogewinn veröffentlicht, im Gegensatz zu beispielsweise Nestle (letzterer Konzern begnügte sich für die ersten drei Monate 2021 mit der Veröffentlichung seiner Umsatz-Kennzahlen).

Der Nettoumsatz von Kraft Heinz stieg im ersten Quartal 2021 auf 6,39 Milliarden Dollar (nach 6,16 Milliarden im Vorjahr). Analysten hatten mit 6,24 Milliarden gerechnet. Der Gewinn stieg auf satte 568 Millionen Dollar (nach 381 Millionen im Vorjahr) – ein Plus von 49 Prozent. Für 2021 bedeutet dies nun ein geschätztes KGV von 16,6x, was ziemlich gut ist.

Der Free Cashflow – übrigens eine meiner Lieblingskennzahlen bei Konzernen - erreichte ein beachtliches Volumen. Er stieg für das erste Quartal 2021 auf 583 Millionen US-Dollar, ein Plus von 619,4 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum, da der Nettobarmittelzufluss aus betrieblicher Tätigkeit teilweise durch höhere Investitionsausgaben gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausgeglichen wurde.

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Exkurs Free Cashflow:

Der Free Cashflow zeigt den Zahlungsmittelüberschuss, der nach Finanzierung des laufenden Geschäfts und notwendiger Investitionen für die Zukunft des Unternehmens zur Verfügung steht und an die Anteilseigner ausgeschüttet werden könnte! Free Cashflow-Berechnung: Operativer Cashflow minus der Investitionen plus der Desinvestitionen. Mit den Mitteln aus dem Free Cashflow können Unternehmen Dividenden zahlen oder Aktien zurückkaufen. Der Free Cashflow verdeutlicht, wie viel Geld für die Aktionäre eines Unternehmens tatsächlich übrigbleibt. Diese Kennzahl kann durch Bilanztricks praktisch nicht manipuliert werden.

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Berkshire Hathaway Inc. ist derzeit der größte Aktionär bei Kraft Heinz, mit 27 Prozent der ausstehenden Aktien. Im Vergleich dazu halten der zweit- und drittgrößte Aktionär etwa 18 Prozent beziehungsweise 4,2 Prozent.

Was ist noch interessant im Zusammenhang mit Kraft Heinz?

Für Kenner der Materie ist noch eine Nachricht von essenzieller Bedeutung, auch wenn diese schon am 17. Februar 2021 durch markets.businessinsider publiziert wurde:

„The Big Short"-Investor Michael Burry enthüllte gegen Ende Februar 2021 eine große Position in Kraft Heinz (Meldung vom 27. Februar 2021).

Michael Burry schloss sich in gewisser Weise Warren Buffetts Überlegungen an und wettete im vergangenen Quartal auf Kraft Heinz, wie ein regulatorisches Filing (verpflichtende [An-]Meldung einer Beteiligung) vom 16. Februar enthüllte. Denn als Investor wie Buffett, der direkt in Aktien reingeht, kalkulierst beziehungsweise rechnest du natürlich ebenso mit steigenden Kursen.

Also, wenn jemand wie Michael Burry, der normalerweise als „short“-Investor agiert, nun eine derart große „CALL“-Position aufruft, dann ist die Sache allemal eine Überlegung, nein, eigentlich eher mehrere Überlegungen wert.

Und schließlich, wer würde sich nicht gerne bei einem Investment mit einer Koryphäe wie Buffett messen wollen. Warren Buffett, der doch zu höheren Kursen seine Beteiligung einging. Und um das Handelsblatt vom 25. Februar 2019 zu zitieren: „Investor Warren Buffett: ´Wir haben für Kraft zu viel bezahlt´ - Der US-Starinvestor hatte damals eingeräumt, sich mit seinem Investment bei Kraft Heinz verspekuliert zu haben. Es gebe dennoch derzeit keine Pläne, sich von der Beteiligung zu trennen.“

Theron Mohamed von „markets.businessinsider“ schreibt:

„Der Boss von ‚Scion Asset Management‘ (Michael Burry – Anm. d. Red.) hofft, dass er mehr Glück hat als der Chef von Berkshire Hathaway, der als größter Anteilseigner des Nahrungsmittelkonzerns einige Herausforderungen in den letzten Jahren zu meistern hatte.

Jetzt, wo er seinen eigenen Ruf und seine Anhängerschaft aufgebaut hat, scheint Burry keine Angst zu haben, Buffett zu folgen, wenn sich die richtige Gelegenheit ergibt. Scion kaufte im letzten Quartal bullische Call-Optionen auf Kraft Heinz-Aktien im Wert von etwa $20 Millionen. Berkshire besaß zum 31. Dezember 2020 326 Millionen Aktien und damit einen Anteil von 27%.

Buffett würde einen Turnaround nach mehreren Fehltritten in den letzten Jahren begrüßen. Berkshire ging 2013 eine Partnerschaft mit der Private-Equity-Firma 3G Capital ein, um Heinz zu kaufen, und half bei der Finanzierung der Fusion des Unternehmens mit Kraft im Jahr 2015.“

Was mir noch gut gefällt an Kraft Heinz ist der relativ hohe Buchwert pro Aktie von 41,0 (2020). Zum Vergleich: „General Mills“ bringt es gerade mal auf einen Wert von 13,2.

Trotzdem wollte ich es mir auch direkt von Kraft Heinz bestätigen lassen, da ich mich nicht ausschließlich auf externe Quellen verlassen möchte, und erhielt am 7. Februar folgende Antwort auf meine Nachfrage (es ist gleichzeitig eine Bestätigung, dass Marketscreener.com aktuell ist):

Hi Andreas,

Thank you for your email. Our BV per share as of 12/31/20 was about 41.

Regards, Investor Relations Kraft Heinz”.

GENERAL MILLS

„General Mills“ gehört zu den acht größten Lebensmittelkonzernen der Welt und vertreibt mehr als 100 Marken in über 100 Ländern auf allen sechs Kontinenten.

Am 29. Okt. 2020 publizierte der Konzern: “General Mills und seine Stiftung erweitern die COVID-19-Spendenaktion auf 14 Millionen Dollar aufgrund der steigenden Hungerzahlen.“ Und weiter: „Minneapolis, Minnesota: Angesichts der Tatsache, dass sich die akute Ernährungsunsicherheit aufgrund der COVID-19-Pandemie bis 2020 weltweit verdoppeln wird, kündigte die General Mills-Stiftung eine zusätzliche philanthropische Finanzierung in Höhe von 4 Millionen US-Dollar für gemeinnützige Organisationen an, die sich für die Linderung der wachsenden Ernährungs-Unsicherheit weltweit einsetzen.“

Etwas, das nicht selbstverständlich ist, und das man einfach würdigen muss.

Nun sehen wir uns die Kennzahlen zu Q3 2020/2021 näher an! General Mills skizziert eine Steigerung des Nettoumsatzes um acht Prozent auf 4,5 Milliarden Dollar. Dies spiegelt die breit angelegten Marktanteilsgewinne wider, die sich aus der erhöhten Nachfrage nach Nahrungsmitteln für den Hausgebrauch infolge der COVID-19-Pandemie ergaben. Das Betriebsergebnis von 827 Million Dollar entspricht einer Verbesserung von 27 Prozent. Die Umsatzrendite stieg auf 18,3 Prozent, ein Zuwachs von 270 Basis-Punkten. Dies ist in erster Linie auf höhere Bruttogewinne beim Dollar und einen Nettogewinn aus der Investitionstätigkeit zurückzuführen, teilweise jedoch ausgeglichen durch höhere Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten.

Der auf General Mills entfallende Nettogewinn stieg um 31 Prozent auf 596 Millionen Dollar, und der verwässerte Gewinn pro Aktie stieg um 30 Prozent auf 0,96 US-Dollar, was in erster Linie auf einen höheren Betriebsgewinn zurückzuführen ist, der teilweise durch höhere durchschnittlich ausgegebene Aktien verwässert wurde. KGV 2021 geschätzt 16,2x, Verschuldungsgrad (Schulden / EBITDA) 3,0 x

NESTLE

Leitspruch: In guter Nahrung liegt die Kraft zu einem besseren Leben für alle. Wir setzen diese Kraft frei - heute und für zukünftige Generationen.

Ein organisches Wachstum von 7,7 Prozent, mit internem Realwachstum (RIG) von 6,4 Prozent und Preisanpassungen von 1,2 Prozent. Allein die abgesetzten Mengen stiegen von Januar bis März 2021 um 6,4 Prozent. Das teilte Nestlé am 22. April mit. Es ist somit der höchste Wachstumsbeitrag seit zwei Dekaden. Auch Preiserhöhungen steuerten 1,2 Prozent zum Wachstum bei.

Gleichzeitig partizipierte Nestlé an der Erholung in China. Der Konzern verbuchte im Reich der Mitte ein zweistelliges organisches Wachstum. Der Gesamtausblick für das Gesamtjahr 2021 wurde bestätigt. Die Steigerung beim organischen Umsatzwachstum soll sich in Richtung eines mittleren einstelligen Wachstums bewegen. Das geschätzte KGV für 2021 liegt bei 25,3 laut „MarketScreener“.

Generelles zum KGV: Früher wurden meist nur KGVs für die abgelaufenen Geschäftsjahre erhältlich. Das drückt jedoch einen Rückblick aus. Da ja die Börse „meist“ antizipiert, hat für mich ein – natürlich ist dies niemals in Stein gemeißelt – erwartetes KGV eine wesentlich höhere Aussagekraft, da sich – wenn gut recherchiert - darin auch der Unternehmensausblick widerspiegeln sollte. Einige Investment-Portale sind darin ziemlich gut.

UNILEVER

„Unilever“ führt Marken folgender Segmente: Nahrungsmittel und Getränke, Haushalts- und Textilpflege sowie Körperpflege.

Der bis dahin in einer niederländisch-britischen Doppelstruktur organisierte Konsumgüter-Konzern ist seit 2020 rein britisch. Am 29. April dieses Jahres meldete er für das erste Quartal 2021 leider nur ein „Trading Statement“. Es wirft ein Erlöswachstum von 5,7 Prozent bei 4,7 Prozent an Volumen und 1,0 Prozent Preis aus, obwohl der Absatz um 0,9 Prozent zurückging, bedingt durch einen negativen Währungseffekt von 8,0 Prozent. Vorgesehen ist eine Quartalsdividende von 0,4268 Pfund je Aktie und ein Aktienrückkaufprogramm von bis zu drei Milliarden Pfund, das im März 2021 beginnt. Hinweise auf den Nettogewinn für das 1. Quartal 2021 gibt es nicht. Erwartetes KGV fürs Jahr 2021: 22,3.

RECKITT BENCKISER

Reckitt Benckiser, spezialisiert auf Reinigungsprodukte und Haushaltswaren, hat am 28. April 2021 ein auf vergleichbarer Basis gesteigertes Umsatzwachstum (vor allem im Hygienebereich) für das erste Quartal 2021 gemeldet und gleichzeitig die Prognosen für das Gesamtjahr 2021 unverändert belassen. Das Verkaufsvolumen soll sich nämlich für 2021 zwischen in etwa „flat“ bis zwei Prozent bewegen. Das sollte der Grund sein, dass der – schon etwas in die Sphären des Allzeithochs gelangte - Kurs in den vergangenen Wochen etwas nach unten korrigiert hatte.

Drei Monate zuvor hatte der Konzern für das Gesamtjahr 2020 einen Pandemie-getriebenen Umsatzrekord bekanntgegeben.

Der Gesamtnettoumsatz des in Slough, Berkshire, ansässigen Unternehmens stieg im ersten Quartal 2021 auf vergleichbarer Basis um 4,1 Prozent, fiel jedoch auf berichteter Basis um 1,1 Prozent.

Für 2021 erwartet das Unternehmen für den flächenbereinigten Umsatz mindestens eine Stagnation oder einen Anstieg um bis zu 2 Prozent, einschließlich eines starken ersten Quartals.

Das britische Unternehmen, zu dem Marken wie Clearasil, Calgon und Durex gehören, erzielte im Gesamtjahr 2020 einen Nettogewinn von 1,19 Milliarden Pfund. Noch ein Jahr zuvor musste der Konzern wegen einer milliardenhohen Abschreibung auf den übernommenen Babynahrungshersteller „Mead Johnson“ einen gewaltigen Nettoverlust von 3,68 Milliarden Pfund verbuchen. Der Turnaround ist damit offensichtlich nachhaltig gelungen. Erwartetes (e) KGV für 2021 liegt bei 21x, für 2022 bei 19x.

Fazit:

Jedes gut sortierte und diversifizierte Aktien-Portfolio sollte in meinen Augen zwei bis drei der vorangehend analysierten Konzerne enthalten.

Außerdem: Wer möchte sich bei einem Kraft Heinz-Investment nicht mit Warren Buffett messen, wo doch die Chance hier ziemlich groß ist, eine bessere Performance als der Altmeister zu erzielen. Das könnte für manchen vielleicht eine zusätzliche Verlockung sein, oder etwa nicht?

Haftungsausschluss: Die Anlagetipps beziehungsweise Anlageempfehlungen stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers dar. Die Auswahl erfolgte nach objektiven Gesichtspunkten. Sämtliche Daten stützen sich auf allgemein zugängliche Informationen, die als zuverlässig einzuschätzen sind. Für die oben genannten Titel gilt, dass der Verfasser mit seinem Privat-Vermögen entweder aktuell darin investiert ist, reinvestieren wird oder in Zukunft plant, in diese Unternehmen zu investieren.

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 

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