Deutschland

Bundestagswahl: Grüne wollen Flüchtlings-Deal mit der Türkei platzen lassen

In ihrem Wahlprogramm plädieren die Grünen für eine Auflösung des Flüchtlings-Deals mit der Türkei. Sie fordern den Abbruch des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 und unterstützen eine transatlantische Anbindung Deutschlands
14.06.2021 13:07
Aktualisiert: 14.06.2021 13:07
Lesezeit: 2 min
Bundestagswahl: Grüne wollen Flüchtlings-Deal mit der Türkei platzen lassen
Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin und Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Die Grünen teilen in ihrem Programm zum Bundestagswahlkampf 2021 über Russland mit: „Russland hat sich zunehmend in einen autoritären Staat gewandelt und untergräbt immer offensiver Demokratie und Stabilität in der EU und in der gemeinsamen Nachbarschaft. Gleichzeitig erstarkt die Demokratiebewegung in Russland. Die mutige Zivilgesellschaft, die der immer härteren Repression durch den Kreml die Stirn bietet und für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpft, wollen wir unterstützen und den Austausch mit ihr intensivieren. Für eine Lockerung der Sanktionen, die wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und des militärischen Vorgehens gegen die Ukraine gegen Russland verhängt wurden, hat die EU klare Bedingungen formuliert. An diesen werden wir festhalten und die Sanktionen bei Bedarf verschärfen. Wir verlangen, dass die russische Regierung ihre Zusagen aus dem Minsker Abkommen umsetzt. Das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 ist nicht nur klima- und energiepolitisch, sondern auch geostrategisch schädlich – insbesondere für die Situation der Ukraine – und muss daher gestoppt werden.“

Im Zusammenhang mit der Türkei heißt es: „Wir stehen an der Seite all derer, die in der Türkei für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte kämpfen. Wir verurteilen die Menschenrechts- und Rechtsstaatsverletzungen, fordern eine Freilassung aller politischen Gefangenen und die Rückkehr zu einem politischen Dialog- und Friedensprozess in der kurdischen Frage. Wir weisen die aggressive Außenpolitik der türkischen Regierung entschieden zurück und fordern sie auf, zu einer multilateralen Außen- und Sicherheitspolitik zurückzukehren – das gilt es auch in der NATO zu thematisieren. Die Wiederaufnahme der Gespräche über einen EU-Beitritt kann es erst geben, wenn die Türkei eine Kehrtwende zurück zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vollzieht. Der bestehende EUTürkei-Deal untergräbt internationales Asylrecht, ist gescheitert und muss daher beendet werden. Dafür braucht es ein neues, völkerrechts- und rechtsstaatskonformes Abkommen, das aus den Fehlern der Vergangenheit lernt, die notwendige finanzielle und logistische Unterstützung vor Ort garantiert und eine verbindliche Kontingentzusage zur Umsiedlung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter in die EU enthält. Wir lehnen es entschieden ab, dass Menschen in Deutschland mit familiären Bindungen in die Türkei von der türkischen Regierung politisch und religiös instrumentalisiert werden, unter anderem durch in Deutschland tätige Vereine und Staatsmedien.“

Zu China führen die Grünen aus: „China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale. Wir verlangen von China ein Ende seiner eklatanten Menschenrechtsverletzungen etwa in Xinjiang und Tibet und zunehmend auch in Hongkong. Es braucht dennoch einen konstruktiven Klima-Dialog mit China und wir streben gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen zur Bekämpfung der Klimakrise an. Die Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen. Wir halten uns an Europas ,Ein-ChinaPolitik‘ und betonen, dass Chinas Vereinigung nicht gegen den Willen der Bevölkerung Taiwans erzwungen werden darf. Unsere Handelsbeziehungen mit China wollen wir nutzen, um fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen einzufordern. Wir erwarten, dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifiziert und die Zwangsarbeit beendet. Das europäische Lieferkettengesetz muss angesichts der Menschenrechtsverletzung – etwa in Xinjiang – Waren aus Zwangsarbeit den Zugang zum Binnenmarkt ebenso verwehren, wie es Unternehmen für ihre Produkte in Haftung nimmt. Wir werden an einer engen europäischen und transatlantischen Koordinierung gegenüber China arbeiten, besonders auch in den Bereichen 5G-Ausbau und Schutz kritischer Infrastruktur.“Die Partei bekennt sich eindeutig zur transatlantischen Partnerschaft: „Die transatlantische Partnerschaft bleibt ein Stützpfeiler der deutschen Außenpolitik, jedoch muss sie erneuert, europäisch gefasst, multilateral und an klaren gemeinsamen Werten und demokratischen Zielen ausgerichtet werden. Als Kern einer erneuerten transatlantischen Agenda der EU schlagen wir vor, einen gemeinsamen starken Impuls für die weltweite Klimapolitik, ausgehend von den Pariser Klimazielen, zu geben. Wir setzen auch bei Digitalisierung, der Stärkung des Multilateralismus, in Handelsfragen sowie bei der Gesundheit auf eine gute Kooperation mit den USA. Wir wollen uns gemeinsam für den weltweiten Menschenrechtsschutz und eine regelbasierte Weltordnung einsetzen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Politik
Politik Europas digitale Selbsttäuschung: Wie Amerikas Tech-Giganten unsere Souveränität bestimmen
02.11.2025

Gefährliche Abhängigkeit: Europas Wohlstand ruht auf fremden Servern. Was passiert, wenn Washington Europas digitalen Zugang kappt? Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Schadenregulierung: So handeln Sie richtig, wenn die Versicherung nicht zahlt
02.11.2025

Wenn Versicherungen bei einem Schadenfall zögern oder nicht zahlen, beginnt für viele ein nervenaufreibender Kampf. Welche Rechte haben...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?
02.11.2025

Das deutsche Altersvorsorgesystem steht kurz vor dem finanziellen Kollaps: Eine exklusive Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative...

DWN
Politik
Politik Exklusiv-Interview mit Nobelpreisträger James A. Robinson: Warum die Globalisierung auch ohne die USA geht
02.11.2025

Warum gedeihen manche Staaten, während andere im Stillstand verharren? Nobelpreisträger James A. Robinson erklärt im Exklusivinterview,...

DWN
Technologie
Technologie Von Google Glass zu Meta Ray-Ban: Wie Smart Glasses den Markt neu definieren
02.11.2025

Smart Glasses galten lange als Nischenprodukt. Mit dem Aufschwung von KI und neuen Hardware-Initiativen rücken sie nun ins Zentrum...

DWN
Politik
Politik Abhängigkeit von US-Technologie: Welche Herausforderungen Europa jetzt meistern muss
02.11.2025

Technologie und digitale Souveränität stehen im transatlantischen Verhältnis zunehmend im Fokus. Europa nutzt US-amerikanische Systeme,...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersrente berechnen: So hoch ist die Maximalrente in Deutschland - unerreichbar für die meisten
01.11.2025

Im Alter gilt, je mehr Rente, desto besser. Doch selbst mit extra Schichten oder einem hohen Einkommen ist der maximale Betrag an...

DWN
Finanzen
Finanzen Zehn S&P 500‑Aktien mit Aufholpotenzial: So bewerten Analysten Chancen und Risiken
01.11.2025

Zehn S&P 500‑Aktien, die Analysten trotz schwächerer Jahresperformance als chancenreich einstufen, werden auf Wachstum, Bewertung und...