Politik

Deutschland baut seine Rolle in Libyen nach Absprache mit den USA aus

Deutschland baut seine Rolle im Libyen-Konflikt aus – doch nur in Kooperation mit den USA.
24.06.2021 11:54
Aktualisiert: 24.06.2021 11:54
Lesezeit: 2 min
Deutschland baut seine Rolle in Libyen nach Absprache mit den USA aus
Außenminister Heiko Maas (SPD, r) und US-Außenminister Antony Blinken geben nach ihrem Treffen eine Pressekonferenz. Bei seinem Antrittsbesuch in Deutschland wird der US-Außenminister Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas treffen. (Foto: dpa) Foto: John Macdougall

Bei der Libyen-Konferenz in Berlin haben sich Russland, die Türkei, Ägypten und andere Staaten zum Abzug aller ausländischen Kämpfer aus dem nordafrikanischen Land verpflichtet, berichtet „Bloomberg“. Der im Rahmen einer Waffenruhe vom Oktober beschlossene Abzug müsse vollständig und „ohne weitere Verzögerung“ umgesetzt werden, hieß es in der Abschlusserklärung zur Konferenz am Mittwoch. Bereits bei der ersten Libyen-Konferenz vor anderthalb Jahren hatten die Akteure des Konflikts ein Ende der militärischen Unterstützung für die Konfliktparteien beschlossen. Doch bis heute sind nach jüngsten UN-Schätzungen 20.000 ausländische Kräfte in Libyen im Einsatz.



An der Konferenz auf Einladung von Bundesaußenminister Heiko Maas und den Vereinten Nationen nahmen hochrangige Vertreter aus 16 Ländern und von vier internationalen Organisationen teil, darunter die wichtigsten Akteure in dem Konflikt wie Russland, Frankreich, Italien, die Türkei, Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Zweites wichtiges Ergebnis neben dem Ziel des Truppenabzugs war das Bekenntnis zum Wahltermin am 24. Dezember, für den noch nicht alle Voraussetzungen geschaffen sind.



Maas wertete die Konferenz als Erfolg und zeigte sich zuversichtlich, dass der Truppenabzug gelingen kann. „Wir werden keine Ruhe geben, bis die letzte ausländische Kraft (...) das Land verlassen hat.“ Der Außenminister räumte allerdings ein, dass das nur schrittweise geschehen kann. Der Weg zum Frieden sei kein Sprint, sondern eher ein Marathon, betonte er.



In der sieben Seiten langen Erklärung wird angemerkt, dass die Türkei bei der Konferenz Vorbehalte zu einem sofortigen Abzug äußerte. Hintergrund ist nach Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas eine Diskussion darüber, dass „reguläre Kräfte“ - etwa zur Ausbildung von Sicherheitskräften im Land - nicht mit Söldnern zu vergleichen seien. „Das hat uns heute sehr intensiv beschäftigt“, sagte Maas nach Abschluss der Konferenz. Alle Beteiligten müssen laut der Erklärung von Handlungen absehen, die den Konflikt verschärfen, darunter die „Finanzierung militärischer Fähigkeiten oder die Rekrutierung ausländischer Kämpfer und Söldner“.



Die Bundesregierung agiert in Libyen auch im Interesse der USA. Seit Jahren fordern die USA vor allem Russland und die Türkei auf, ihre Söldner aus Libyen abzuziehen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bedeutung eines gemeinsamen deutsch-amerikanischen Vorgehens zur Lösung des Libyen-Konflikts betont. Es sei sehr wichtig, „dass wir ein geschlossenes Signal in Richtung Libyen aussenden“, sagte Merkel am Mittwoch vor einem Gespräch mit US-Außenminister Antony Blinken in Berlin angesichts der laufenden internationalen Libyen-Konferenz in der deutschen Hauptstadt.

Sie freue sich, dass die USA wieder zurück seien auf der multilateralen Bühne. „Deutschland und Amerika sind in diesem Zusammenhang Partner. Und wir wissen um unsere Verantwortung“, so Merkel. Deutschland schwenkt in der Außenpolitik offenbar auf eine klare transatlantische Linie ein. Washington gibt sich zufrieden. „Die Vereinigten Staaten haben keinen besseren Partner, keinen besseren Freund auf der Welt als Deutschland“, so Blinken. Diese Aussage wird in der internationalen Diplomatie nur dann getroffen, wenn man der Gegenseite große Zugeständnisse abgewinnen konnte.

Am 23. Juni 2021 berichtete der „The Libya Observer“: „Der Ministerpräsident der Regierung der Nationalen Einheit (GNU), Abdel Hamid Dbeibah, diskutierte mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, über Wege zur Entwicklung und Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Deutschland. Beide Parteien begutachteten die Ergebnisse des 3. libysch-deutschen Wirtschaftsforums, das im März letzten Jahres in Tripolis in Anwesenheit einer Reihe deutscher Unternehmen stattfand. Dbeibah betonte seinerseits den Wunsch Libyens, eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland aufzubauen, das nach Italien der zweitgrößte Wirtschaftspartner Libyens in Europa ist.“

Einer Analyse des privaten US-Informationsdiensts Stratfor zufolge geht es beim Stellvertreterkrieg in Libyen um die Kontrolle der Ölfelder und Pipelinerouten. Aktuell rivalisieren folgende Energiekonzerne in Libyen: ENI (Italien), Total SA (Frankreich), Repsol YPF (Spanien), Waha Oil Co. (Ein US-Joint Venture), BP (Großbritannien), ExxonMobil (USA), Statoil (Norwegen), Royal Dutch/Shell (Niederlande/Großbritannien), Gazprom (Russland), Rosneft (Russland) und RWE (Deutschland).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...