Die Innenstädte sind von der Corona-Krise besonders betroffen: Denn viele Kaufhäuser, aber auch andere Geschäfte und Büros haben in den vergangenen anderthalb Pandemiejahren schließen müssen. Aus einem Bericht der Bauministerkonferenz von Bund und Ländern Mitte August geht hervor, dass eine zunehmende Verödung vor allem in mittelgroßen und kleineren Städten zu beobachten sei.
Der Berliner Entwickler Terragon AG hat eine ungewöhnliche Idee, um den Zentren der Städte wieder Leben einzuhauchen. Das Unternehmen will leerstehende Kaufhäuser in Betreutes Wohnen umwandeln. „Wenn sich die Immobilie in zentralen Innenstadtbereichen befindet, bieten sich Seniorenwohnen durchaus an. Die fußläufige Erreichbarkeit von Einkaufsmöglichkeiten und kulturellen Angeboten ist für die ältere Generation entscheidend“, sagte der CEO von Terragon, Michael Held, den DWN.
Hintergrund: Das Unternehmen prüft derzeit an mehreren Standorten die Möglichkeit für Umnutzungen. In der Wilhelmshavener Innenstadt zum Beispiel hat der Entwickler ein Grundstück erworben, auf dem früher ein C&A-Kaufhaus stand. Dort gibt es schon konkrete Pläne für ein Objekt für Senioren-Premiumwohnen. Das ist ein Neubauprojekt, bei dem bis 2024 insgesamt 157 Servicewohnungen für Senioren sowie eine Tagespflege mit 25 Plätzen entstehen. Auch ist eine Tiefgarage mit 68 Pkw-Stellplätzen geplant. Baustart ist ab 2022.
Hintergrund: Die Umnutzung der Objekte in der Innenstädte in Seniorenheime macht nicht zuletzt deswegen Sinn, weil die Gesellschaft in Deutschland immer älter wird. Damit steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen und der Bedarf nach Pflegeeinrichtungen.
Wie das "Deutsche Krankenhaus-Institut" (DKI) einmal in einer Studie aus dem Jahr 2019 errechnet hat, lag die Zahl der Pflegebedürftigen 2015 bei 783.400. Sie wird sich wohl den Experten zufolge bis 2030 um mehr als ein Fünftel auf 947.700 vergrößern, wenn man die Annahme zugrunde legt, dass sich die Fallzahlen im Prognosezeitraum genauso entwickeln werden wie im Durchschnitt der letzten Jahre.
Politiker und Organisationen diskutieren beste Lösung für die Zentren
Doch ist dies bei weiterm nicht die einzige Idee, wie sich die Zentren der Städte umnutzen lassen. Politiker, die Vertreter von Interessenorganisationen und wissenschaftlicher Einrichtungen diskutieren sich schon seit sehr geraumer Zeit die Köpfe heiß, wie es am besten weitergeht. Mitte August haben beispielsweise das IFH KÖLN und die METRO AG eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, das die Gastronomie, die sehr unter Pandemie gelitten haben, "ein elementarer Faktor" sei, um die Zentren wieder zu beleben.
„Wir wollen sie neu denken, die Nutzungen mischen – mit mehr Kultur, sozialen Einrichtungen, Freiräumen, Handwerk, aber auch Wohnen, Produzieren und mehr Grün mitten in der Stadt", schaltete sich auch Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, in die Debatte ein. "Die Mischung macht´s, denn Handel wird nicht überall durch Handel ersetzt werden können. Corona hat diese Entwicklung noch beschleunigt", erklärte Dedy.
Das bedeutet, dass die Idee der Terragon AG, dort Seniorenheime einzurichten, wohl eher ungewöhnlich ist. Dabei wies der CEO des Entwicklers auch auf Herausforderungen hin: "Ob sich eine Umwandlung eines Kaufhauses in Betreutes Wohnen wirklich lohnt, kann man pauschal aber nicht sagen. Hier ist eine Einzelfallprüfung nötig. Oftmals ist es baurechtlich nicht ohne weiteres möglich, einen hohen Wohnanteil in Stadtkerngebieten zu realisieren. So bedarf es unter Umständen Änderungen der Bebauungspläne durch die Verwaltung", erklärte der Manager.