Deutschland

Bahn erleidet Schlappe vor Gericht - Lokführer-Streik geht weiter

Die Lokführergewerkschaft GDL kann ihren Streik fortsetzen.
03.09.2021 09:29
Aktualisiert: 03.09.2021 09:29
Lesezeit: 2 min

Die Gewerkschaft GDL kann ihren Lokführer-Streik nach einem Gerichtsbeschluss fortsetzen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main lehnte am Donnerstagabend einen Antrag der Deutschen Bahn auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Streiks ab. Das erklärte der zuständige Richter Volker Schulze nach fast dreistündiger Verhandlung. Damit geht der am Donnerstagmorgen begonnene Arbeitskampf im Personenverkehr vorerst wie geplant bis Dienstagfrüh weiter. Die Bahn hatte der Gewerkschaft vorgeworfen, mit dem Streik nicht nur bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen zu wollen, sondern auch politische Ziele zu verfolgen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass nicht festgestellt werden konnte, dass mit dem Streik unzulässige Ziele verfolgt würden. Die Bahn legte umgehend Berufung ein und zieht vor das Landesarbeitsgericht.

"Wir haben ganz klar von der Kammer die Aussage bekommen, die Arbeitskampfmaßnahme ist rechtsmäßig und zulässig und sie ist auch verhältnismäßig", sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Die Gewerkschaft sei auf die nächste Verhandlung am Freitag vorbereitet. "Wir setzen den Arbeitskampf fort und zwar solange, bis diese Deutsche Bahn AG ein materiell vernünftiges Angebot macht", betonte Weselsky. "Wir sind immer zu Verhandlungen bereit, wenn die Bahn ein Angebot macht." Die GDL sei auch zu Kompromissen bereit. Eine Bahn-Sprecherin sagte, einen Tarifabschluss gebe es nur am Verhandlungstisch. "Deshalb fordern wir die GDL auf, den Streik jetzt unverzüglich zu beenden und wieder an den Verhandlungstisch zurückzukommen."

Der GDL-Chef hatte schon am Morgen in der ARD schlechte Nachrichten für die Bahn-Kunden angekündigt: "Der Streik geht weiter." Er kritisierte eine neue Offerte der Bahn als vergiftet. "Ein unannehmbares Angebot gehört auf den Müllhaufen der Geschichte." Derweil forderten der Fahrgastverband Pro Bahn und der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Ende des Ausstands und neue Verhandlungen.

BAHN: STELLEN EXISTENZ DER GDL NICHT IN FRAGE

Danach sieht es allerdings in dem völlig festgefahrenen Tarifkonflikt nicht aus. Die Bahn war am Mittwochabend auf die Gewerkschaft zugegangen und legte ein verbessertes Angebot vor. Sie stellte unter anderem eine Corona-Prämie für 2021 von bis zu 600 Euro in Aussicht sowie eine Verkürzung der Laufzeit des Tarifvertrags von 40 auf 36 Monate. Zudem sollen die Löhne in zwei Stufen um 3,2 Prozent steigen. GDL-Chef Weselsky monierte hingegen, in der Offerte gebe es keine Corona-Prämie, dafür aber immer noch eine Nullrunde für 2021. Zudem sei das Angebot eine Nebelkerze. Denn damit verlange der Bahnvorstand von der Gewerkschaft, dass sie ihre Mitglieder in zwei Klassen einteile und so grundgesetzlich verbriefte Rechte missachte. Im Hintergrund gehe es darum, die Existenz der GDL anzugreifen.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler wies dies zurück und forderte neue Verhandlungen. Die GDL sei und bleibe ein Tarifpartner der Bahn, sagte er in der ARD. "Es kann nicht die Rede davon sein, dass wir in irgendeiner Form die Existenz der GDL infrage stellen." Vielmehr gehe es hier um die Anwendung des umstrittenen Tarifeinheitsgesetzes. Dieses sieht vor, dass nur Abschlüsse mit Gewerkschaften in Kraft treten, die in den entsprechenden Konzernteilen die Mehrheit haben. Laut Bahn gilt dies für die GDL nur in 16 der rund 300 Einzelbetrieben des Konzerns. Die GDL bestreitet das und klagt vor Gericht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rohstoffmacht China: Wie Peking Europas Mittelstand in die Abhängigkeit treibt
16.11.2025

China verschiebt seine Exportkontrollen für Seltene Erden – offiziell um ein Jahr. Doch das ist keine Entspannung, sondern eine...

DWN
Technologie
Technologie Kuka weitet Stellenabbau in Augsburg aus – 560 Jobs betroffen
16.11.2025

Der Roboterhersteller Kuka plant an seinem Stammsitz in Augsburg einen größeren Stellenabbau als zunächst angekündigt. Statt der...

DWN
Immobilien
Immobilien PV-Anlagen für Unternehmen: Wie Betriebe mit Steuerbonus und Eigenstrom doppelt punkten
16.11.2025

Gewerbliche Photovoltaikanlagen gewinnen für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Durch den Investitionsabzugsbetrag und die...

DWN
Politik
Politik Europa im Wandel: Populismus und Spannungen in Deutschland, England und Frankreich
16.11.2025

Europa steht vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, während der Zusammenhalt innerhalb der EU zunehmend brüchig wird....

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Zwei Billionen Euro und kein Plan für Europas Bauern
16.11.2025

Der Streit um Agrarsubventionen spaltet die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...