Politik

Die Merkel-Jahre – der etwas andere Rückblick

16 Jahre mit Angela Merkel, das war auch immer wieder Thema in der Rubrik Klatsch und Kultur. Ein Rückblick von Walz bis Walser.
17.09.2021 18:47
Aktualisiert: 17.09.2021 18:47
Lesezeit: 3 min

Ihre Frisur? „Genial“. Das hat Udo Walz einmal über Angela Merkel gesagt. Das war Selbstlob. Merkel war Kundin des im vergangenen Jahr verstorbenen Berliner Promi-Coiffeurs. Wo sie sich jetzt die Haare schneiden lässt, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass Walz ihretwegen in die CDU eingetreten ist. 16 Jahre mit Merkel, das hat Deutschland geprägt und beschäftigt - das gilt auch für die Promi-Welt und die Hochkultur.

Die erste Frau im Kanzleramt, heute 67 Jahre alt, bekam Komplimente und Kritik, Modetipps und Ferndiagnosen. Anfangs als Helmut Kohls „Mädchen“ und für ihre Frisur belächelt, sahen sie später auch viele, die nicht CDU wählten, als Weltpolitikerin, die sich im Männerzirkus behauptete. „Ich finde sie sehr sympathisch. Sie hat meinen hohen Respekt dafür, wie sie mit diesen patriarchalischen Strukturen und auch zum Teil persönlichen Beleidigungen so souverän umgeht“, sagte die Köchin und Grünen-Politikerin Sarah Wiener. Herbert Grönemeyer attestierte der Physikerin eine „uneitle Klugheit“.

Der Schriftsteller Martin Walser ging in einem Essay für den „Spiegel“ noch weiter. Merkel sei nicht nur klug, sondern auch schön. „Die meisten Politiker spulen ab, was sie draufhaben. Das kommt auch daher, dass sie mehr sagen müssen, als sie wissen. Bei Frau Merkel werden wir Zeuge, wie Geist und Natur zusammenfinden, und eben deshalb ist sie schön“, schrieb Walser 2018.

Was ihre Garderobe und ihr Aussehen angeht, gab es wohl so viel Presse und Debatten wie bei keinem ihrer Vorgänger. Klar, Gerhard Schröder war wegen der teuren Anzüge der „Brioni-Kanzler“. Helmut Kohl bekam wegen seiner Pfunde und seiner Figur den Spitznamen „Birne“ verpasst.

Aber das ist kein Vergleich zum Echo bei Merkel, etwa als sie 2008 bei einem Opernbesuch in Oslo ein Abendkleid mit Ausschnitt trug und Busen zeigte. Das wurde als mittelschwere Sensation gehandelt. Es war sogar Thema in der Bundespressekonferenz. „Dass dieses Abendkleid, eine Neukomposition, ein Neuarrangement aus dem Bestand der Bundeskanzlerin, für eine solche Furore gesorgt hat (...), lag nicht in der Absicht der Bundeskanzlerin“, sagte der damalige Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.

Bilder von Merkel wie aus Oslo gab es nie wieder. Die Kanzlerin gewöhnte sich einen einheitlichen Stil aus Hosen und Blazern an. Für Fotos fand sie die Geste der Raute - gerade kopiert von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf dem Titel des „SZ-Magazins“. Der italienische Designer Giorgio Armani konnte Merkels Mode durchaus etwas abgewinnen. „Ich fand ihren Stil immer interessant, ihre maßgeschneiderten Jacketts mit dazu passenden Hosen.“ Der Stil strahle ruhige Selbstsicherheit aus, sagte Armani dem „Zeitmagazin“.

Weniger gnädig fiel seinerzeit das Urteil von Karl Lagerfeld aus. „Frau Merkel müsste so etwas für ihre speziellen Proportionen maßanfertigen lassen“, sagte der Modeschöpfer 2013 dem „Focus“. „Aber sie will ja keine Ratschläge, habe ich gehört.“ Mit Merkels Flüchtlingspolitik ging Lagerfeld später hart ins Gericht. „Man kann nicht, selbst wenn Jahrzehnte dazwischen liegen, Millionen Juden töten, um danach Millionen ihrer schlimmsten Feinde kommen zu lassen“, sagte er 2017 in einem in Frankreich heftig diskutierten Interview im Fernsehen.

In der Kulturwelt gibt es einige Menschen, die Merkel persönlich kennen und mögen. So wie der Schauspieler Ulrich Matthes, der sie auch als Theater-Kritikerin schätzt. „Die Gespräche mit Angela Merkel sind immer besonders ausführlich. Sie nimmt sich manchmal nach der Vorstellung lange Zeit und unterhält sich mit mir alleine eine Stunde nur über das Stück“, erzählte Matthes dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Frauenrechtlerin Alice Schwarzer meinte bei der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Jahr: „Am liebsten hätte man doch, sie würde nochmal kandidieren. Weil keiner von den Jungs bei der CDU wiegt so schwer wie Merkel.“ Dabei zeigte Schwarzer etwas Distanz: „Ich halte es sehr gut aus, einerseits Merkel und ihre Rolle bemerkenswert und großartig zu finden und sie andererseits in gewissen Sachpunkten - wie zum Beispiel in ihrer gefährlich-naiven Haltung zum politischen Islam - zu kritisieren.“ Sie könne durchaus auch jemanden schätzen, der Fehler mache.

Bergsteigerlegende Reinhold Messner kennt die Kanzlerin und ihren Mann Joachim Sauer vom Wandern. In der „Welt am Sonntag» erzählte er: „Angela Merkel ist zäh, nicht nur am Berg, auch im politischen Betrieb um sie herum. Man wird sie nicht so leicht kleinkriegen. Sie bleibt länger wach im Kopf, klarer als andere.“

Merkel ist längst Stoff für Filme und Bücher, es gibt sogar ein Lied von Heino („Bilder im Kopf (Angie)“). Bestsellerautor David Safier dichtete ihr ein Leben als Hobbydetektivin „Miss Merkel“ an. Das Szenario: Sie ist seit sechs Wochen in Rente und mit Mann und Mops in die Uckermark gezogen. Dort löst sie einen Kriminalfall.

Der chinesische Künstler Ai Weiwei hatte andere Ideen für Merkel als Seniorin: „Ich wünsche ihr, wenn sie in den Ruhestand geht, dass sie ein angenehmes Leben hat. Ich hoffe, dass sie in den Berliner Zoo geht und sich die Pandas dort anschaut.“

Merkel selbst hat bei ihrem USA-Besuch im Juli gesagt, sie wolle nach ihrer Amtszeit eine Pause einlegen und nachdenken, „was mich so eigentlich interessiert“. In den vergangenen 16 Jahren habe sie dafür nur wenig Zeit gehabt. „Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal.“

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