Der Chipmangel trifft nicht nur die Autoindustrie, sondern macht sich auch im Geldbeutel der Neuwagenkäufer bemerkbar. Weil weniger Autos produziert werden und auf den Markt kommen, gibt es auch weniger Rabatt, wie Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer berichtet. Ein typischer Neuwagen sei im August und September für den Verbraucher um insgesamt 360 Euro teurer geworden. Parallel dazu ziehen die Preise für Gebrauchtwagen sogar noch stärker an.
Dudenhöffer erwartet, dass die aktuelle Entwicklung anhält. „Auch in den nächsten Monaten müssen Neuwagenkäufer mit sinkenden Rabatten rechnen“, sagt er.
Kunden, die auf einen Gebrauchtwagen ausweichen wollen, haben allerdings mit noch deutlicheren Preissteigerungen zu tun. Im Juli und August wurden typische dreijährige Gebrauchte rund zweieinhalb Prozent teurer, wie aus Zahlen des Marktbeobachters Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hervorgeht. Daten für den September liegen noch nicht vor, doch auch bei der DAT geht man von einem weiteren Anstieg aus.
„Der Gebrauchtwagenmarkt erlebt derzeit einen Höhenflug bei den Preisen“, sagt ein DAT-Sprecher. Und auch hier trägt der Chipmangel eine Mitschuld, denn durch die Lieferengpässe steigen viele Neuwageninteressenten auf einen jungen Gebrauchten um - und treffen auf einen bereits leergekauften Markt. „Junge Gebrauchte sind häufig Mangelware, da wegen der Pandemie weniger Neuwagen gebaut und zugelassen wurden“, sagt der Sprecher. Insbesondere fehlen Firmenwagen, Vermieterfahrzeuge und Kurzzulassungen von Hersteller und Handel, die normalerweise den Markt für junge Gebrauchte füllen.
Auch die Preise von Elektroautos steigen deutlich, wie Dudenhöffer schreibt. Abzulesen ist dies an den sinkenden Rabatten:
Zumindest für den Autohandel sei die aktuelle Entwicklung aber ein „positives Signal“. Während der coronabedingten Schließungen hätten Gebrauchtfahrzeuge lange beim Handel gestanden, was hohe Kosten verursacht habe. „Der Handel braucht diese Erlöse“, sagt der DAT-Sprecher.
Massive Lieferngpässe in der Autoindustrie
Eine schnelle Entspannung auf dem Fahrzeugmarkt ist dabei nicht zu erwarten. Denn dafür bräuchte es deutlich mehr Autos. Doch deren Bau wird weiter gebremst. Zahlen des Münchner Ifo-Instituts vom Mittwoch zufolge klagen derzeit 96,7 Prozent der Unternehmen in der Autoindustrie über Lieferengpässe.
Aufseiten der Hersteller hinterlässt der stellenweise leer gefegte Zuliefermarkt für Halbleiterteile - Grundlage aller in modernen Autos verbauten Elektronik - inzwischen bedrohliche Spuren. Bei VW etwa kümmert sich rund um die Uhr eine "Taskforce" um den Einkauf noch erhältlicher Chargen. Doch gleichzeitig fallen auch hier weiterhin Produktionsschichten über ganze Wochen aus. So teilte Europas größter Autokonzern am Mittwoch mit, bis Mitte Oktober am Stammsitz Wolfsburg überwiegend Kurzarbeit fahren zu müssen - nicht zum ersten Mal.
Die Engpässe dürften auf unabsehbare Zeit anhalten. So berichtete Merkur.de am 24. September:
Die Halbleiterkrise dürfte die deutschen Autobauer - und indirekt auch den Steuerzahler - länger im Griff halten als bislang gedacht. „Ich denke, dass die grundsätzliche Anspannung in den Lieferketten die nächsten sechs bis zwölf Monate andauern wird“, sagte BMW-Chef Oliver Zipse am Montag auf der IAA in München. Auch Volkswagen zeigte sich auf der Mobilitätsmesse in München vorsichtiger als bislang. Bis sich die Lage wieder entspanne, könne es „bis Ende 2022 dauern“, warnte Einkaufsvorstand Murat Aksel.
Ähnlich hatte sich zuvor auch Daimler-Chef Ola Källenius geäußert. Er hoffe, dass sich die Lage im vierten Quartal verbessere, hatte Källenius am Sonntagabend gesagt. Allerdings werde die Nachfrage nach Halbleitern höher sein als die weltweite Produktionskapazität. Dies sei „ein strukturelles Problem“ und habe nichts mit der Pandemie zu tun. Eine deutliche Entspannung sei erst 2023 zu erwarten. Vor einigen Wochen hatte der Konzern bereits die Absatzprognose gesenkt.
Für die Berechnung des aktuellen Preisanstiegs geht Dudenhöffer von einem durchschnittlichen Neuwagen aus, für den der Käufer 36 500 Euro zahle. In die Berechnung fließen auch staatliche Förderung, Eigenzulassungen von Hersteller und Handel sowie die Preise und Angebotsdichte bei Auto-Abos mit ein. Bei der DAT liegen Fahrzeuge mit drei Jahren und 45 000 bis 60 000 Kilometern zugrunde.