Wirtschaft

Chinas Deal mit US-Flüssiggas verstärkt Engpässe in Europa

Insidern zufolge strebt China ein Milliardengeschäft mit US-Flüssigerdgas an. Europa könnte das Nachsehen haben.
15.10.2021 14:39
Aktualisiert: 15.10.2021 14:39
Lesezeit: 1 min

Große chinesische Unternehmen befinden sich Insidern zufolge angesichts der Energiekrise in fortgeschrittenen Gesprächen mit US-Exporteuren über einen milliardenschweren Vertrag zur Lieferung von Flüssigerdgas (LNG). Mindestens fünf Konzerne würden darüber verhandeln, darunter die staatliche Sinopec und die China National Offshore Oil Company (CNOOC), sagten mehrere mit dem Sachverhalt vertraute Personen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Das Geschäft könnte sich auf einen Wert von Dutzenden Milliarden Dollar belaufen.

"Wir erwarten, dass noch vor Jahresende Verträge unterzeichnet werden", sagte einer der Beteiligten aus Peking. "Dies wird hauptsächlich durch die globale Energiekrise und die Preise, die wir jetzt sehen, getrieben. US-Lieferungen sind jetzt attraktiv." Auf US-Seite werde hauptsächlich mit Cheniere Energy und Venture Global verhandelt.

Sinopec allein könnte etwa Lieferungen über vier Millionen Tonnen jährlich ins Auge fassen, sagte einer der Insider. Das verflüssigte Gas kann mit großen Tanker-Schiffen angeliefert werden, wo es wieder in Gas verwandelt und anschließend in die Gasnetze gespeist werden kann. Die Unternehmen wollten sich auf Nachfrage zunächst nicht äußern.

Steigende Gaspreise und sich mehrende Stromausfälle haben in der Volksrepublik die Frage der Versorgungssicherheit aufgeworfen. Die bereits zu Jahresbeginn gestarteten Gespräche mit der US-Seite hätten deshalb in den vergangenen Wochen Fahrt aufgenommen. Chinas hat in diesem Jahr bereits Japan als weltweit größten LNG-Käufer überholt und könnte diese Position festigen.

"Staatliche Unternehmen stehen alle unter dem Druck, die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten", sagte ein in Peking ansässiger Händler. Der jüngste Preisanstieg habe den Bedarf an langfristigen Liefervereinbarungen erhöht. Die Erdgaspreise in Asien haben sich in diesem Jahr mehr als verfünffacht. Dadurch nimmt die Sorge über eine Stromknappheit im Winter zu.

Auf dem Höhepunkt des chinesisch-amerikanischen Handelskrieges im Jahr 2019 unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump war der Gashandel zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt kurzzeitig zum Erliegen gekommen.

Kommt es zu einem baldigen Geschäft zwischen beiden Seiten, könnte Europa das Nachsehen haben. Die Gasspeicher hier sind nicht so hoch gefüllt wie im vergangenen Jahr, sagen Experten. Die Preise für Verschmutzungsrechte (CO2-Zertifikate), die etwa für den Betrieb von Gaskraftwerken benötigt werden, sind stark gestiegen. Tanker mit verflüssigtem Erdgas (LNG) steuern statt Europa Asien an, wo noch höhere Preise zu erzielen sind. Die Großhandelspreise am wichtigen niederländischen Gas-Handelspunkt sind deshalb seit Januar um mehr als 400 Prozent gestiegen. Die Großhandelspreise für Strom haben sich verdoppelt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...

DWN
Finanzen
Finanzen DroneShield-Aktie: Drohnenabwehr boomt durch steigende Bedrohungslage
22.12.2025

Die DroneShield-Aktie legt nach starken Zuwächsen weiter zu. Neue Governance-Regeln stärken das Vertrauen der Anleger, während der Markt...

DWN
Politik
Politik Grönland: Trump ernennt Sondergesandten und verschärft den Ton
22.12.2025

Grönland rückt erneut ins strategische Visier Washingtons. Mit der Ernennung eines Sondergesandten sendet US-Präsident Donald Trump ein...

DWN
Politik
Politik Deutschland befindet sich in der größten Rentenkrise seit dem Zweiten Weltkrieg
22.12.2025

Hinter dem Fachkräftemangel wächst eine Rentenlücke, die Deutschlands Wohlstand und Europas Stabilität bedroht. Ein Topökonom warnt...