Politik

Steadfast Noon: Nato-Streitkräfte trainieren für Atomkrieg

Details zu der Atomkrieg-Übung der Nato «Steadfast Noon» sind streng geheim. Doch Flugbewegungen geben Hinweise darauf, wo in diesem Jahr einer der wichtigsten Schauplätze liegen könnte.
18.10.2021 16:23
Aktualisiert: 18.10.2021 16:23
Lesezeit: 1 min
Steadfast Noon: Nato-Streitkräfte trainieren für Atomkrieg
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 7. Oktober in Brüssel. (Foto: dpa) Foto: Virginia Mayo

Streitkräfte aus Deutschland und 13 weiteren Nato-Staaten haben am Montag ihre jährliche Übung zur Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen begonnen. Nach Angaben aus der Bündniszentrale in Brüssel sind an der Übung mit dem Namen «Steadfast Noon» Dutzende Flugzeuge beteiligt. Darunter seien neben atomwaffenfähigen Kampfjets auch konventionelle Jets sowie Überwachungs- und Tankflugzeuge, hieß es.

Schauplatz der Übung ist in diesem Jahr den offiziellen Angaben zufolge der Luftraum über dem südlichen Bündnisgebiet. Demnach könnte der Einsatz von taktischen US-Atomwaffen vom Typ B61 trainiert werden, die nach offiziell unbestätigten Angaben auf dem Militärflugplatz Ghedi in Norditalien lagern. Nach Flugdatenauswertungen des Nuklearwaffenexperten Hans Kristensen landeten in Ghedi am Montag unter anderem ein deutscher Tornado.

Die sogenannte nukleare Teilhabe der Nato sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen von Partnerstaaten abgeworfen werden und dann zum Beispiel gegnerische Streitkräfte ausschalten. US-Atomwaffen sollen offiziell unbestätigten Angaben zufolge auch in Belgien, der Türkei sowie in den Niederlanden und im rheinland-pfälzischen Büchel lagern.

Die Nato wollte sich am Montag nicht zu den genauen Übungsorten und anderen Details äußern. In der Mitteilung wurde lediglich auf die jüngste Gipfelerklärung verwiesen. In ihr heißt es: «Angesichts der Verschlechterung des Sicherheitsumfelds in Europa ist ein glaubwürdiges und geeintes nukleares Bündnis von entscheidender Bedeutung.» Zugleich wurde betont, dass die Nato nach dem Ende des Kalten Krieges die Zahl der in Europa stationierten Kernwaffen drastisch reduziert habe.

Nach Angaben von Militärexperten wird bei den regelmäßig im Oktober stattfindenden «Steadfast Noon»-Manövern unter anderem geübt, wie man die US-Atomwaffen sicher aus unterirdischen Magazinen zu den Flugzeugen transportiert und unter die Kampfjets montiert. Bei den Übungsflügen wird dann allerdings ohne Bomben geflogen.

Die Gefahr eines auch mit Atomwaffen geführten Krieges gilt derzeit als deutlich höher als in den vergangen drei Jahrzehnten. Grund ist vor allem das Ende des INF-Vertrags zum Verzicht auf landgestützte atomwaffenfähige Mittelstreckensysteme. Die USA hatten das Abkommen im Sommer 2019 mit Rückendeckung der Nato-Partner aufgelöst, weil sie davon ausgehen, dass Russland es seit Jahren mit einem Mittelstreckensystem namens 9M729 (Nato-Code: SSC-8) verletzt.

Militärexperten rechnen damit, dass es nun zu einem neuen Rüstungswettlauf kommen könnte. Die USA arbeiten so bereits an einem neuen mobilen bodengestützten Mittelstreckensystem, das in Zeiten des INF-Vertrags illegal gewesen wäre. Es soll nach derzeitiger Planung ausschließlich konventionelle - das heißt nicht atomare - Sprengköpfe transportieren. Ob es dabei bleibt, ist allerdings unklar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.