Deutschland

SPD-Bundestagsabgeordneter bewahrte Parteikollegen vor Abschiebung

Lesezeit: 2 min
30.10.2021 11:01
In den 90-er Jahren drohte dem heutigen SPD-Politiker Adis Ahmetovic die Abschiebung aus Deutschland. Dies verhinderte damals der Rechtsanwalt Matthias Miersch. Nun machen die beiden im Bundestag gemeinsame Sache.
SPD-Bundestagsabgeordneter bewahrte Parteikollegen vor Abschiebung
Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Miersch (l) und Adis Ahmetovic bei einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Adis Ahmetovic und Matthias Miersch sind nicht allein SPD-Bundestagsabgeordnete - die beiden verbindet eine ganz besondere Geschichte. Ohne Miersch wäre Ahmetovic vermutlich nicht jüngst in den Bundestag eingezogen. Die Geschichte der beiden begann bereits vor mehr als 20 Jahren. Ahmetovic war damals ein kleiner Junge, Miersch ein junger Rechtsanwalt.

«Meine Eltern sind 1992 als Kriegsflüchtlinge von Bosnien-Herzegowina nach Hannover gekommen. Ich bin 1993 in Hannover zur Welt gekommen. Viele Westbalkan-Flüchtlinge wurden ab 1996 abgeschoben, auch wir», sagte Ahmetovic der Deutschen Presse-Agentur. 1997 habe seine Familie erneut keine Aufenthaltsbefugnis erhalten. Ein Jahr später sollte die Familie Deutschland endgültig verlassen.

«Meine Eltern wollten das nicht hinnehmen», sagt Ahmetovic. «Ich bin in Hannover zur Welt gekommen, mein großer Bruder ist hier zur Schule gegangen. Bosnien und Herzegowina war zu dem Zeitpunkt ein von Krieg geprägtes und leider auch zerstörtes Land.» Ein Rechtsanwalt sollte dann Einspruch gegen das Verfahren einlegen - es war sein heutiger Parteikollege Miersch. Nach jahrelangen zähen Verhandlungen habe seine Familie dann im März 2001 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten, erzählt Ahmetovic.

«Vor der Wahl gab es ein gemeinsames Treffen zwischen Matthias, meinen Eltern und mir. Da haben wir das alles noch einmal Revue passieren lassen. Es ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl.» Erst sei Miersch ein Anwalt gewesen, dann Genosse, nun ein Freund. «Das ist schon Wahnsinn. Jetzt sitzen wir 24 Jahre später zusammen für die Region Hannover im Bundestag. Das ist ein krasses Gefühl.»

Einige Jahre nach der erfolgreich verhinderten Abschiebung sahen sich Ahmetovic und Miersch dann zufällig wieder. Im Alter von 15 Jahren trat Ahmetovic 2008 in die SPD ein, sein Parteikollege war damals SPD-Vorsitzender in der Region Hannover. «Dann kam er zu mir, gab mir seine Karte und sagte: Frag mal Deine Eltern, ob die mich kennen? Ich konnte mich nicht daran erinnern.» Als er dann seiner Mutter die Karte gegeben hat, habe diese Tränen in den Augen gehabt. «Ich war damals ein kleines Kind. Ich konnte mich noch daran erinnern, dass es in der Kanzlei einen Kübel mit Haribo gab», sagt Ahmetovic.

Haribo verbindet die beiden auch weiter. «Matthias Miersch hat in seinem Büro immer einen Kübel mit Haribo. Immer wenn ich ein Gespräch mit ihm hatte und da rein gegriffen habe, mussten wir an die ersten Begegnungen denken.» Ahmetovic war früher Jusos-Vorsitzender in der Region Hannover. Für ihn ist Miersch ein «aufrichtiger, verlässlicher, verbindlicher und ein Herzens guter Mensch.»

Miersch selbst sagte, dass er seinen Parteikollegen als enorme Bereicherung für die SPD-Bundestagsfraktion sieht. Miersch fühlt sich nach eigenen Worten freundschaftlich mit ihm und seiner Familie verbunden. Der 52-Jährige sitzt seit 2005 im Bundestag.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Steinmeier unter Feuer: Kontroverse um Ukraine-Hilfen und Taurus-Lieferungen
30.04.2024

Bundespräsident Steinmeier steht wegen seiner Aussagen zur Ukraine-Hilfe in der Kritik. Politiker werfen ihm vor, seine Rolle nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen SAP Stellenabbau: Abfindungsangebote stehen, 2600 Jobs sollen wegfallen
30.04.2024

Im Rahmen der weltweiten Umstrukturierung von SAP sollen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nun wurden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ukraine-Krieg: So ist die Lage
30.04.2024

Ukraine ruft nach dringender Militärhilfe, während tägliche Raketenangriffe weiterhin zivile Opfer fordern. Selenskyj und Stoltenberg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Beschäftigte fordern Arbeitsplatzerhalt
30.04.2024

Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel ist viel im Umbruch. Arbeitnehmervertreter fordern Standortgarantien und...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...

DWN
Technologie
Technologie Rakete eines deutschen Start-ups soll in den nächsten Tagen ins Weltall starten
30.04.2024

Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten soll nun eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschlands Wirtschaft trotzt Erwartungen: Wachstum statt Rezession im ersten Quartal
30.04.2024

Deutschlands Wirtschaft wächst trotz düsterer Prognosen: 0,2 Prozent Wachstum im ersten Quartal. Auch der Einzelhandel gibt Anlass zur...