Deutschland

Deutsche Produktion sinkt unerwartet den zweiten Monat in Folge

Die deutsche Wirtschaft ist den zweiten Monat in Folge geschrumpft und liegt nun weit unter dem Vorkrisenniveau. Ökonomen erwarten bereits eine Stagnation.
05.11.2021 09:28
Lesezeit: 1 min
Deutsche Produktion sinkt unerwartet den zweiten Monat in Folge
Die Autobranche ist im September gegen den negativen Trend in der Industrie gewachsen. (Foto: dpa) Foto: Hendrik Schmidt

Die von erheblichen Materialengpässen geplagte deutsche Wirtschaft hat ihre Produktion im September überraschend den zweiten Monat in Folge gedrosselt. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 1,1 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet.

Im August hatte es mit 3,5 Prozent den stärksten Rückgang seit der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 gegeben. Die Produktion liegt aktuell immer noch um 9,5 Prozent niedriger als im Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland.

"Damit schlagen sich die bereits seit längerer Zeit anhaltenden Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten auf breiterer Front nieder", erklärte das Ministerium zu der Entwicklung. "Bis zur nachhaltigen Auflösung der Knappheiten bleibt der Ausblick für die Industriekonjunktur somit eingetrübt, wenngleich die Nachfrage auf sehr hohem Niveau verharrt."

STAGNATION ERWARTET

Die Industrie allein stellte im September 1,5 Prozent weniger her. Während die Autobranche ihre Produktion um 2,1 Prozent steigern konnte, ging der Ausstoß im ähnlich gewichtigen Maschinenbau um 3,3 Prozent zurück. Auch in anderen Bereichen wie elektrischen Ausrüstungen (-3,3 Prozent) oder Datenverarbeitungsgeräten (-4,3) und Metallerzeugnissen (-0,5) kam es zu Rückgängen.

"Die Industrieproduktion bleibt im Jammertal", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Die Betriebe sitzen derzeit zwar auf prall gefüllten Auftragsbüchern. Vielfach können die Bestellungen jedoch nicht abgearbeitet werden wegen akuter Engpässe bei Vorprodukten wie Mikrochips.

"Es ist wie mit einem Seil, das sich nicht schieben lässt", sagte der Chefvolkswirt von Union Investment, Jörg Zeuner: "Die Unternehmen möchten mehr produzieren, können ihre Aufträge wegen fehlender Vorprodukte aber nicht abarbeiten – als Folge sinkt die Produktion trotz guter Nachfrage."

Die Baubranche konnte ihren Ausstoß im September um 1,1 Prozent steigern. Die Energieerzeugung wurde sogar um 1,0 Prozent hochgefahren.

Wegen der schwächelnden Industrie gehen Experten davon aus, dass die Erholung von Europas größter Volkswirtschaft von der Corona-Krise im laufenden vierten Quartal zum Stillstand kommen wird. Im Sommerquartal hatte es noch zu einem Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent gereicht. Wegen der Engpässe wird der Aufschwung in diesem Jahr nach Prognose der Bundesregierung eine Nummer kleiner ausfallen als ursprünglich gedacht. Sie senkte ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 2,6 Prozent von zuvor 3,5 Prozent. 2022 soll es zu einem Plus von 4,1 Prozent reichen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Wie Analysten die Zukunft nach dem Crash bewerten
28.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen rund um die Novo Nordisk-Aktie haben Anleger verunsichert und den Blick auf Chancen und Risiken neu geschärft....

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krise: Trumps wechselhafte Politik erschüttert Vertrauen
28.11.2025

Die diplomatischen Bemühungen in Genf zeigen, wie stark der Ukrainekrieg inzwischen von wechselhaften Signalen aus Washington geprägt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Forschungsdominanz: Wachsende Risiken für Europas Sicherheit
28.11.2025

China treibt den globalen Technologiewandel voran und zwingt Europa zu einer strategischen Neubewertung seiner Abhängigkeiten. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...