Der amerikanische Beauftragte für die Westbalkan-Region, Gabriel Escobar, sieht keine unmittelbare Kriegsgefahr in Bosnien-Herzegowina. Der US-Diplomat besuchte am Montag Sarajevo, wo er in getrennten Treffen mit den drei Mitgliedern des Staatspräsidiums zusammenkam. «Wir sind uns mit allen Gesprächspartnern einig gewesen, dass es keinen Krieg geben wird», sagte Escobar bosnischen Medien zufolge.
Zuletzt stiegen in dem Balkanland die Spannungen, nachdem Milorad Dodik, das serbische Mitglied des Staatspräsidiums, mit der Abspaltung des serbischen Landesteils gedroht und entsprechende Schritte angekündigt hatte. Zuletzt drohte Dodik mit der Schaffung einer eigenen Armee der bosnischen Serben. Der Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, der Deutsche Christian Schmidt, hatte in der Vorwoche vor neuen Konflikten gewarnt, sollte Dodik seine Abspaltungspolitik ungehindert fortführen.
Der UN-Sicherheitsrat autorisierte derweil am vergangenen Mittwoch einstimmig die laufende EU-Mission für weitere zwölf Monate. Voran ging allerdings ein Streit um Schmidts Rolle als Hoher Repräsentant - Russland argumentiert, die Position würde nicht mehr benötigt und wollte sie zuletzt sogar abschaffen. Unter Androhung eines Vetos für die Verlängerung der EU-Mission verhinderte Moskau, dass Schmidt das mächtigste UN-Gremium am Mittwoch in New York auf Grundlage seines Berichts über die Lage in Bosnien-Herzegowina briefen durfte.
Escobar bezeichnete am Montag das Treffen mit Dodik als «produktiv». Dabei seien Möglichkeiten erörtert worden, dass der Serbe jene Schritte zurücknimmt, die auf eine Abspaltung der Serbiscen Republik (RS) abzielten. Dodik sagte wiederum vor Journalisten, er habe dem Amerikaner klargemacht, dass sich seine Politik im Rahmen des Dayton-Friedensabkommens von 1995 bewege.
Bosnien war von 1992 bis 1995 Opfer eines von Serbien gestarteten Krieges mit 100 000 Toten. Das Abkommen von Dayton schuf die Grundlagen für den heutigen bosnischen Staat, der aus der bosnisch-kroatischen Föderation (FBiH) und der RS besteht. Im Staatspräsidium sitzen neben Dodik der Bosniake Sefik Dzaferovic und der Kroate Zeljko Komsic.
Orban besucht Dodik
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte dem bosnisch-serbischen Spitzenpolitiker Dodik einen Besuch abgestattet. Das Treffen fand am Samstag in Banja Luka, der Hauptstadt des serbischen Landesteils von Bosnien-Herzegowina, statt, wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI und das bosnisch-serbische Fernsehen RTRS in Banja Luka berichteten.
Orbans Reise nach Banja Luka verwunderte insofern, als dass der Ungar den Weg in die bosnische Hauptstadt Sarajevo scheute und außer Dodik keine weiteren Vertreter des bosnischen Staates traf. Der Ministerpräsident der RS, Radovan Viskovic, ein Gefolgsmann Dodiks, sagte nach dem Treffen laut RTRS: «Wir haben die volle Unterstützung von Ministerpräsident Orban und des Staates Ungarn.» Orban sucht in vielen Fragen die Nähe zu Russland, das Dodik und seine Abspaltungspolitik in Bosnien offen unterstützt.