Trotz der zunehmenden Digitalisierung wird Bargeld nach Ansicht des scheidenden Bundesbankchefs Jens Weidmann auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Zu Recht schätzten viele Menschen diese Form des Geldes sehr: „Und kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro“, betonte Weidmann am Mittwoch auf einer Bundesbankkonferenz. Zudem gelte es, die möglichen Risiken eines digitalen Euro unter Kontrolle zu halten. „Zumindest bis zu einem gewissen Grad wäre der digitale Euro eine Alternative zu Bankeinlagen. Deshalb könnte er die Strukturen im Finanzsystem verändern oder neue Risiken für die Finanzstabilität verursachen“, warnte Weidmann.
Daher werde diskutiert, das Halten von digitalen Euro einzuschränken, zum Beispiel durch eine Obergrenze oder eine ungünstigere Verzinsung höherer Beträge. Dies schmälere seine Attraktivität als Wertaufbewahrungsmittel für die Verbraucher – im Verhältnis zu Bankeinlagen, aber auch zum Bargeld, sagte Weidmann.
Viele Notenbanken prüfen derzeit die Einführung digitaler Versionen ihrer Währungen. China gehört zu den Pionieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine zweijährige Untersuchungsphase eingeleitet, um die Kerneigenschaften eines Digital-Euro festzulegen. Bis dieser kommt, dürften jedoch noch fünf Jahre ins Land gehen. Die russische Notenbank will hingegen nächstes Jahr in einer Pilotphase einen digitalen Rubel testen.
Weidmann wird sein Amt Ende des Jahres niederlegen. Er befand sich im EZB-Rat oft in einer Minderheitenposition bei der Geldpolitik, die er die Bundesbank traditionell auf eine eher straffe Linie ausgerichtet sehen möchte. So waren Weidmann und Belgiens Notenbank-Chef Pierre Wunsch im Juli die einzigen im EZB-Rat, die den neuen geldpolitischen Ausblick der Euro-Notenbank bis zuletzt abgelehnt hatten. In seinem Abschiedsbrief an die Mitarbeiter hatte er gemahnt, Inflationsrisiken im Blick zu halten.