Finanzen

„Alle Warnlampen leuchten rot“: Allianz-Chef warnt vor neuer Finanzkrise

Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat der Vorstandsvorsitzende der Allianz vor dem gegenwärtigen Zustand des Weltfinanzsystems gewarnt.
18.11.2021 16:04
Aktualisiert: 18.11.2021 16:04
Lesezeit: 2 min
„Alle Warnlampen leuchten rot“: Allianz-Chef warnt vor neuer Finanzkrise
Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Allianz SE. (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte macht sich angesichts der Entwicklungen in der Corona-Krise Sorgen um die Banken- und Anlagebranche. „Das Finanzsystem wird nicht sicherer, es wird wieder gefährlicher“, warnte Bäte auf einer Branchenkonferenz der Ratingagentur S&P Global am Donnerstag. Bei den Bewertungen in der Technologiebranche und der Autoindustrie lasse sich mit Recht von „irrationaler Übertreibung“ sprechen. Damit spielt Bäte auf übertrieben hohe Bewertungen von E-Auto-Produzenten wie Tesla oder Rivian an. Letztgenannte Firma ist vollkommen unbekannt und erwirtschaftet keine nennenswerten Gewinne, ist an der Börse aber inzwischen wertvoller als der Riesenkonzern Volkswagen.

Hinzu kämen „Unfälle“ wie die Pleite des Lieferketten-Finanzierers Greensill und des Hedgefonds Archegos. Zugleich hätten die Aufseher die Zügel in der Bankenregulierung während der Pandemie gelockert. „Alle Warnlampen im Risikomanagement leuchten rot“, sagte Bäte. Banken seien schlechter mit Kapital ausgestattet und in Krisen viel verwundbarer als die Versicherungsbranche.

Die Verluste der von Allianz Global Investors aufgelegten „Structured Alpha"-Hedgefonds, die dem Münchner Versicherer in den USA Milliardenklagen eingebrockt haben, erwähnte er nicht. Die Allianz ist mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 2,5 Billionen Euro einer der größten Kapitalanleger der Welt.

EU-Aufsicht „totales Chaos“

Bäte ging mit der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA wegen deren Umgang mit der Branche in der Corona-Krise hart ins Gericht. Der Appell der Frankfurter Behörde, in der Pandemie keine Dividenden zu zahlen und Aktienrückkäufe zu stoppen, sei „ein Desaster für unsere Branche gewesen und darf sich nicht wiederholen“, warnte der Allianz-Chef. Solche Anweisungen ohne rechtliche Grundlage zu geben, sei „Sozialismus“. Die EIOPA habe Investoren unnötig abgeschreckt und die Glaubwürdigkeit der Firmen erschüttert, was zu starken Abschlägen der Versicherungs-Titel am Aktienmarkt und zu steigenden Kapitalkosten geführt habe. Bäte sprach von einem „totalen Chaos“, das die Aufseher auf europäischer Ebene angerichtet hätten.

Dagegen lobte er die Behörden in Deutschland und in der Schweiz, die sich „super-diszipliniert“ an dem risikobasierten Regelwerk orientiert und kapitalstarken Versicherern Dividenden erlaubt hätten. Die Allianz hatte 2020 unter dem Eindruck der Pandemie nur ihren Aktienrückkauf ausgesetzt, hielt aber mit Erlaubnis der deutschen Finanzaufsicht BaFin an der Dividende fest.

Hoffnung setzt der Allianz-Chef auf das verstärkte Engagement von Finanzinvestoren in der Versicherungsbranche. Sie könnten den Versicherern helfen, ihre Kapitalkosten zu senken, etwa indem sie ihnen alte Lebensversicherungs-Bestände abnähmen und ihnen damit einen effizienteren Kapitaleinsatz erlaube. Das goutiere auch der Kapitalmarkt. „Privates Kapital ist eine Riesen-Chance für uns“, sagte Bäte. Die Allianz verkauft seit Jahren fast nur noch Leben-Policen ohne langfristige Garantien, die Kapital binden, hat aber noch hohe Altbestände. Bäte will Anfang Dezember auf einem Investorentag seine Strategie für die nächsten Jahre präsentieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vertrauensverlust im Mittelstand: Wirtschaft zweifelt an Merz:
15.12.2025

Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt deutlich ab. Laut einer aktuellen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 63.000 Jobs bedroht: Ostdeutsche Chemiebranche drängt auf Rettungsplan
15.12.2025

Die Chemieindustrie in Ostdeutschland steht unter Druck: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben der Bundesregierung einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bahnhofstoiletten bleiben kostenpflichtig: DB sieht keinen Spielraum
15.12.2025

Kostenlose Toiletten an Bahnhöfen sind in Deutschland selten. Laut Bundesregierung sieht die Deutsche Bahn aus Kostengründen keine...

DWN
Finanzen
Finanzen Barzahlen wird zur Ausnahme: Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
15.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bauern protestieren gegen niedrige Butterpreise bei Lidl
15.12.2025

Mit Traktoren demonstrieren Landwirte in Baden-Württemberg gegen aus ihrer Sicht ruinöse Milch- und Butterpreise. Im Fokus der Kritik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI revolutioniert Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz Verhandlungen effizienter macht
15.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert zunehmend die Arbeitsweise in Unternehmensbereichen, in denen bislang menschliche Erfahrung dominierte....