Deutschland

Übersicht: Die größten Übernahmen des Jahres 2021 in Deutschland

Die weltweite Fusionswelle hat in diesem Jahr auch Deutschland erfasst. Mehr als 2000 deutsche Unternehmen wurden trotz aller Hindernisse bei den Verhandlungen durch Corona-Beschränkungen gekauft.
21.12.2021 10:01
Lesezeit: 3 min
Übersicht: Die größten Übernahmen des Jahres 2021 in Deutschland
Ola Källenius (l-r), Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG, und Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse AG, läuten während des Börsengangs des Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck die Börsenglocke. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Gollnow

Die weltweite Fusionswelle hat in diesem Jahr auch Deutschland erfasst. Mehr als 2000 deutsche Unternehmen wurden trotz aller Hindernisse bei den Verhandlungen durch Corona-Beschränkungen gekauft, wie aus Daten des Finanzinformations-Dienstleisters Refinitiv hervorgeht. Der Wert von Fusionen und Übernahmen mit deutscher Beteiligung lag mit 238 Milliarden Dollar 29 Prozent über dem Volumen von 2020. Höher war es nach der Finanzkrise 2008 nur im Jahr 2018. Konzerne und Investoren kauften im zu Ende gehenden Jahr deutsche Firmen für 167 Milliarden Dollar, das waren sogar 55 Prozent mehr als 2020.

Überstrahlt wird das Geschehen von der 18 Milliarden Dollar schweren Übernahme in der Wohnimmobilienbranche: Die Nummer eins im deutschen Markt, Vonovia, sicherte sich die Mehrheit an der Nummer zwei, Deutsche Wohnen. Das schraubte das Volumen von rein innerdeutschen Übernahmen auf 67,5 Milliarden Dollar, den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen (1980).

Auch im Geschäft mit Börsengängen und Kapitalerhöhungen war 2021 in Deutschland ein erfolgreiches Jahr: Bis Mitte Dezember sammelten deutsche Unternehmen 41,8 Milliarden Dollar frisches Eigenkapital ein, 37 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und so viel wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr, dem Höhepunkt des Booms am Neuen Markt. Allein 12,0 Milliarden Dollar davon entfielen auf Börsengänge.

DIE SPEKTAKULÄRSTEN ÜBERNAHMEN:

* DEUTSCHE WOHNEN: Im ersten Anlauf scheiterte der Branchenriese Vonovia noch an der 50-Prozent-Hürde. Im unmittelbar folgenden zweiten Versuch ließ er den Spekulanten, die gegen die Übernahme gewettet hatten, keine Angriffsfläche mehr und marschierte bis auf knapp 90 Prozent der Anteile durch. 15 Jahre nach der Übernahme von Schering durch Bayer fusionierten damit wieder zwei Unternehmen aus dem Leitindex Dax.

* DAIMLER TRUCK: Refinitiv wertet die Abspaltung der Lkw- und Bus-Sparte vom Autobauer Daimler mit fast 18 Milliarden Euro als zweitgrößte M&A-Transaktion des Jahres in Deutschland: eine Übernahme durch die eigenen Aktionäre sozusagen. Daimler behält 35 Prozent an der bisherigen Tochter.

* AKELIUS: Der schwedische Wohnimmobilienkonzern verkauft ein Portfolio von fast 29.000 Wohnungen - die meisten davon in Berlin und Hamburg - an den aus Norwegen stammenden Konkurrenten Heimstaden. Refinitiv bewertet den zweitgrößten Deal des Jahres auf dem deutschen Immobilienmarkt mit 10,7 Milliarden Euro.

* HELLA: Die Familiengesellschafter des Lippstädter Autoscheinwerfer-Spezialisten gaben dem französischen Autozulieferer Faurecia für 4,5 Milliarden Dollar den Zuschlag für ihren 60-Prozent-Anteil. Die übrigen Aktionäre bekommen ein Übernahmeangebot - macht zusammen 7,6 Milliarden Dollar.

* ATOTECH: Erst im Februar war der Berliner Spezialchemie-Konzern an die New Yorker Börse gebracht worden, Anfang Juli schlug der US-Chipausrüster MKS Instruments zu und bot 7,04 Milliarden Dollar einschließlich Schulden für die Firma mit gut 4000 Mitarbeitern.

* T-MOBILE NETHERLANDS: Die niederländische Mobilfunk-Tochter der Deutschen Telekom und von Tele2 geht für 6,05 Milliarden Dollar an die Finanzinvestoren Apax und Warburg Pincus. Das Geld steckt die Telekom zum Teil in die Aufstockung ihrer Anteile an T-Mobile US.

* MBCC: Fast sechs Milliarden Dollar steckte der Schweizer Bauchemie-Konzern Sika in die Übernahme der Mannheimer MBCC, dem ehemaligen Bauchemie-Geschäft von BASF. Der größte Zukauf der Firmengeschichte katapultierte Sika an die Weltmarkt-Spitze. Bisher gehörte MBCC (Master Builders Solutions) dem Finanzinvestor Lone Star.

DIE GRÖSSTEN EIGEN- und FREMDKAPITALMASSNAHMEN DES JAHRES:

* VONOVIA: Die größte Übernahme zog auch die größte Kapitalerhöhung des Jahres nach sich: Umgerechnet 9,1 Milliarden Dollar sammelte der Wohnungsvermieter im Dezember für die Deutsche Wohnen ein.

* SIEMENS HEALTHINEERS: Die Siemens-Tochter nahm mit einer Kapitalerhöhung im März 2,75 Milliarden Dollar für die Übernahme des US-Krebsspezialisten Varian ein. Für den gleichen Zweck besorgte sich der Mutterkonzern knapp zehn Milliarden Dollar am Anleihenmarkt - die größte Fremdkapital-Transaktion des Jahres.

* VANTAGE TOWERS: Der Börsengang der Funkturm-Tochter von Vodafone war mit einem Emissionsvolumen von 2,66 Milliarden Dollar der größte des Jahres.

* DEUTSCHE LUFTHANSA: Der Ausweg aus der Corona-Krise war eine 2,48 Milliarden Dollar schwere Kapitalerhöhung, mit der die Fluggesellschaft Staatshilfen zurückzahlte - schneller als gedacht.

DIE ERFOLGREICHSTEN BERATER:

* Bei Fusionen und Übernahmen schob sich die Bank of America (BofA Securities) von Platz sieben auf eins. Die US-Bank begleitete auf Seiten von Käufer oder Verkäufer 26 Transaktionen im Volumen von 73,5 Milliarden Dollar. Auf Platz zwei rückt die Deutsche Bank vor und dringt damit in die Phalanx der US-Banken ein; vor einem Jahr war sie Vierter in den deutschen "League Tables". Morgan Stanley rangiert noch vor dem Vorjahres-Sieger Goldman Sachs auf Platz drei. Fünfter ist JPMorgan - immerhin auch noch mit Transaktionen im Wert von 46,6 Milliarden Dollar.

* Goldman Sachs liegt auf dem Eigenkapital-Markt (ECM) mit 13 Deals im Volumen von 4,05 Milliarden Dollar vorn, gefolgt von Morgan Stanley (3,30 Milliarden) und BofA (2,95 Milliarden). Die Deutsche Bank hat sich von Platz 15 auf fünf vorgearbeitet.

* Bei Fremdkapital-Transaktionen schiebt sich die Deutsche Bank mit 159 Deals im Volumen von 42,2 Milliarden Dollar wieder vor UniCredit. Die Commerzbank rückt von Platz vier auf drei vor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...