Deutschland

Massive Zuschläge: Preisexplosion erschüttert Strom- und Gaskunden

Die stark gestiegenen Strom- und Gaspreise belasten die deutschen Verbraucher schwer.
05.01.2022 08:32
Aktualisiert: 05.01.2022 08:32
Lesezeit: 2 min

Die stark gestiegenen Strom- und Gaspreise schlagen im neuen Jahr voll auf die Verbraucher durch. „Die Stromgrundversorger haben in 640 Fällen bereits Preise erhöht oder Erhöhungen angekündigt. Im neuen Jahr heben 387 Versorger die Preise an“, teilte das Vergleichsportal Check24 am Dienstag mit. Im Durchschnitt lägen die Zuschläge bei 63,7 Prozent. Betroffen seien 4,2 Millionen Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden bedeute das zusätzliche Kosten von durchschnittlich 1045 Euro pro Jahr.

„Durch gestiegene Kosten bei der Stromerzeugung in Kohle- und Gaskraftwerken, Produktionsrückgängen bei erneuerbaren Energien und gleichzeitig großer Nachfrage aus der Wirtschaft, sind die Strompreise aktuell besonders hoch“, erklärt der Geschäftsführer Energie bei Check24, Steffen Suttner. Die jüngsten Gaslieferungen aus den USA entschärften die Situation etwas. Wie nachhaltig die Entwicklung sei, werde sich zeigen.

Noch schlechter sind diejenigen dran, die etwa wegen eines Umzugs den Anbieter wechseln müssten. 260 Grundversorger hätten neue Tarife ausschließlich für Neukunden eingeführt. Hier wurden die Preise um durchschnittlich 105,8 Prozent angehoben, was zu Zusatzkosten von 1735 Euro pro Jahr führe.

In den vergangenen Wochen haben diverse kleinere Anbieter Insolvenz angemeldet oder ihren Kunden die Lieferungen gekündigt. Wie viele Kunden von den Insolvenzen betroffen sind, ist offen. „Da die Kundenzahlen der Versorger nicht bekannt sind, können wir hier nur eine sehr grobe Schätzung abgeben – es dürfte sich um mehrere Hunderttausend Kunden handeln“, sagte ein Sprecher des Vergleichportals Verivox.

Kurz vor Weihnachten schickte der Versorger Stromio seinen Kunden einen Abschiedsbrief. Zur Begründung hieß es: „Aufgrund der historisch einmaligen Preisentwicklung im Strommarkt sahen wir uns zu unserem ausdrücklichen Bedauern gezwungen, alle Stromlieferverträge mit Ablauf des 21. Dezember 2021 zu beenden.“ Die Preise hätten sich um über 400 Prozent erhöht. Ab dem 22. Dezember 2021 übernehme der örtliche Ersatzversorger automatisch und ohne Unterbrechung die Versorgung. Dieser ist allerdings häufig deutlich teurer. Der Grundversorger ist der jeweilige Marktführer in einer bestimmten Region.

Auch beim Gas rollt Check24 zufolge die Kostenlawine auf die Verbraucher zu. In der Grundversorgung seien in 1042 Fällen die Preise bereits angehoben oder dies angekündigt worden. Im Schnitt liege die Erhöhung für die betroffenen 3,6 Millionen Hauhalte bei 62,3 Prozent. Für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeute dies Zusatzkosten von im Schnitt 945 Euro.

Wenn der Versorger die Lieferungen kündigt, rät die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Kunden, schnell zu handeln. „Umgehend nach Belieferungseinstellung und Versorgung durch den Grundversorger sollten Sie in einen günstigeren Tarif wechseln. Wenn Sie einen finden! Denn vielerorts ist derzeit der Grundversorger der günstigste Gasversorger.“ Auch gibt es Anbieter, die derzeit keine neuen Kunden aufnehmen.

Das Vorgehen mancher Energie-Discounter bringt die Branche auf die Palme. „Die Weigerung von Stromio, ihre Kundinnen und Kunden weiterhin zu beliefern, offenbart einmal mehr eine schwerwiegende Regulierungslücke: Billiganbieter betreiben Geschäftemacherei auf Kosten der Kunden und wälzen das ökonomische Risiko auf die Grundversorger ab“, kritisierte die Präsidentin des Branchenverbandes BDEW, Marie-Luise Wolff. Hier müsse die neue Bundesregierung eingreifen. „Das Thema Preise und Preisentwicklungen beobachten wir sehr genau“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium auf Reuters-Nachfrage. Es habe hier vor allem im letzten Quartal 2021 an den Gasmärkten eine Reihe von Faktoren gegeben, die nach dem Corona-Krisenjahr 2020 zusammenkommen seien und die zu steigenden Preisen geführt hätten. Hierzu zählten etwa die wieder anziehende Konjunktur und die damit verbundene hohe Gas- und Energienachfrage in vielen Ländern, vor allem auch in Asien. „Wir beobachten daher die Entwicklung der Preise sehr genau und prüfen, ob hier weiterer Handlungsbedarf besteht.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Kartoffelsalat und Würstchen: So teuer wird der Weihnachtsklassiker 2025
23.12.2025

Kartoffelsalat mit Würstchen bleibt zum Fest günstiger als im Vorjahr. Vor allem die Essig-Öl-Variante spart Geld, während regionale...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie die Geldentwertung Gold und Bitcoin in den Vordergrund rückt
23.12.2025

Ersparnisse verlieren Jahr für Jahr an Wert. Nicht durch Zufall, sondern durch System. Warum Geldentwertung Gold und Bitcoin immer...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...