Finanzen

Bundesrendite steigt erstmals seit 2019 wieder über null

Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist erstmals seit 2019 wieder über die Marke von 0 Prozent gestiegen. Die erwartete Zinswende in USA verstärkt den Druck.
19.01.2022 09:12
Lesezeit: 2 min

Anleger bekommen seit mehr als zwei Jahren erstmals wieder Geld für ihre Kredite an den deutschen Staat. Aus Furcht vor einer raschen Abfolge von Zinserhöhungen der großen Notenbanken warfen Investoren Staatsanleihen aus ihren Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe am Mittwoch erstmals seit Anfang Mai 2019 wieder in positives Territorium. Sie rentierte bei plus 0,017 Prozent. Die Rendite der vergleichbaren US-Treasuries stieg wegen der Aussicht auf baldige Zinserhöhungen der Notenbank Fed auf plus 1,884 Prozent.

Der Ausverkauf bei Staatsanleihen hatte sich in den vergangenen Wochen intensiviert. Seit Anfang Dezember sind die Zinsen an den Bondmärkten der Euro-Zone deswegen um rund 30 Basispunkte gestiegen. Anleger setzen darauf, dass die US-Notenbank die Zinsen bereits im März erhöhen könnte und damit früher als ursprünglich an den Finanzmärkten erwartet. "Es wird auch gemunkelt, dass die erste Zinserhöhung nicht nur im März erfolgen könnte, sondern dass es sich dabei um 50 Basispunkte und damit um die größte Erhöhung seit mehr als 20 Jahren handeln wird", sagte Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda.

Damit werde es auch für die Europäische Zentralbank (EZB) schwieriger, an ihrer Nullzinspolitik festzuhalten, warnte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Dennoch zeige sich die EZB im Vergleich zu der US-Notenbank erheblich defensiver hinsichtlich des Themas einer Leitzinswende, sagte LBBW-Ökonom Elmar Völker. "Solange die Euro-Währungshüter an dieser Grundhaltung festhalten, dürften die Bundrenditen ihren US-Pendants nur mit gebremstem Schaum folgen, was vorerst dagegen spricht, dass die 10-jährige Benchmarkrendite allzu tief in das positive Terrain vordringt."

STEIGENDE ZINSEN WERDEN ZUR BELASTUNG

Die steigenden Bond-Renditen machten Aktienanleger nervös, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Für die Unternehmen werden die steigenden Zinsen zur immer größeren Belastung. Damit steigen die Kapitalkosten, gleichzeitig sinken Margen und Gewinne." Der Dax hatte am Dienstag mehr als ein Prozent nachgegeben.

Auch der eine oder andere Finanzminister dürfte unruhig werden, denn je höher die Bond-Renditen desto teurer wird die Finanzierung von Haushaltsdefiziten. Die Zinsen hatten in den vergangenen Jahren eine Berg- und Talfahrt hingelegt. Die Rendite der wichtigsten deutschen Staatsanleihen war erstmals im Juni 2016 ins Minus gerutscht. Grund hierfür waren unter anderem die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Nachgang der europäischen Schuldenkrise. Verstärkt wurde die Flucht in den "sicheren Hafen" durch das Brexit-Referendum. Am 23. Juni 2016 stimmten die Briten überraschend mit knapper Mehrheit für den Austritt ihres Landes aus der EU.

Wenige Monate später arbeitete sich die Rendite ins Plus zurück. Der Gezerre um die Modalitäten des Brexit und die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU läuteten ab Ende 2018 eine erneute Talfahrt ein. Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie und der folgende Börsen-Crash verstärkten den Run auf Bundesanleihen. Im März 2020 erreichte die Rendite der zehnjährigen Titel ein Rekordtief von minus 0,909 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?
02.11.2025

Das deutsche Altersvorsorgesystem steht kurz vor dem finanziellen Kollaps: Eine exklusive Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative...

DWN
Politik
Politik Exklusiv-Interview mit Nobelpreisträger James A. Robinson: Warum die Globalisierung auch ohne die USA geht
02.11.2025

Warum gedeihen manche Staaten, während andere im Stillstand verharren? Nobelpreisträger James A. Robinson erklärt im Exklusivinterview,...

DWN
Technologie
Technologie Von Google Glass zu Meta Ray-Ban: Wie Smart Glasses den Markt neu definieren
02.11.2025

Smart Glasses galten lange als Nischenprodukt. Mit dem Aufschwung von KI und neuen Hardware-Initiativen rücken sie nun ins Zentrum...

DWN
Politik
Politik Abhängigkeit von US-Technologie: Welche Herausforderungen Europa jetzt meistern muss
02.11.2025

Technologie und digitale Souveränität stehen im transatlantischen Verhältnis zunehmend im Fokus. Europa nutzt US-amerikanische Systeme,...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersrente berechnen: So hoch ist die Maximalrente in Deutschland - unerreichbar für die meisten
01.11.2025

Im Alter gilt, je mehr Rente, desto besser. Doch selbst mit extra Schichten oder einem hohen Einkommen ist der maximale Betrag an...

DWN
Finanzen
Finanzen Zehn S&P 500‑Aktien mit Aufholpotenzial: So bewerten Analysten Chancen und Risiken
01.11.2025

Zehn S&P 500‑Aktien, die Analysten trotz schwächerer Jahresperformance als chancenreich einstufen, werden auf Wachstum, Bewertung und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lithium und die Energiewende: Wie der Rohstoff Elektronik und E-Mobilität vorantreibt
01.11.2025

Lithium gilt als das Metall unserer Zeit. Smartphones, Laptops und Elektroautos kommen ohne es nicht aus. Die Nachfrage steigt rapide,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Winzer unter Druck: Wie sich eine Branche neu erfinden muss
01.11.2025

Der deutsche Weinbau steckt in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Sinkender Konsum, steigende Kosten und eine zunehmende...