Politik

SMS zu Milliarden-Geschäft gelöscht? EU-Bürgerbeauftragte wirft von der Leyen mangelnde Transparenz vor

Möglicherweise sind wichtige SMS-Nachrichten über ein Milliarden-Geschäft von Kommissionspräsidentin von der Leyen gelöscht worden.
29.01.2022 09:59
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Bürgerbeauftragte hat die EU-Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen scharf für ihren intransparenten Umgang mit SMS-Nachrichten in Zusammenhang mit Impfstoff-Käufen in Milliardenhöhe gerügt. Sie sprach von einem Missstand in der Verwaltungstätigkeit und forderte Aufklärung. Die "Erwartungen an die Transparenz- und Verwaltungsstandards der Kommission" seien nicht erfüllt worden, sagte Ombudsfrau Emily O'Reilly am Freitag in Brüssel.

Pikant ist der Fall auch deshalb, weil der Umgang mit Handy-Daten der CDU-Politikerin schon einmal in der Kritik stand. Noch in ihrer Zeit als Verteidigungsministerin wurden die Daten auf einem ihrer Handys gelöscht. Das Verteidigungsministerium begründete die Handy-Löschung 2019 mit einem "Sicherheitsvorkommnis". Kritiker monierten, dass dadurch Beweise in der Berateraffäre verloren gegangen seien, in der es um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis zu Vetternwirtschaft ging.

Im aktuellen Fall geht es um einen Deal über bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer vom Frühjahr 2021. Das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die "New York Times" berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für das Geschäft entscheidend. Der Journalist Alexander Fanta von netzpolitik.org stellte daraufhin eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz der EU bei der EU-Kommission. Diese wies die Anfrage jedoch ab.

Nach Angaben der Ombudsstelle antwortete die EU-Kommission dem Journalisten, die Textnachrichten seien nicht registriert worden. Jedoch habe die Behörde von der Leyens Kabinett nicht ausdrücklich darum gebeten, nach SMS zu suchen - sondern nur nach Dokumenten, die die Registrierungskriterien erfüllen. SMS gehören nicht dazu.

Es sei also gar nicht erst versucht worden, herauszufinden, ob SMS existierten, sagte O'Reilly. Sie betonte: "Nicht alle Textnachrichten müssen registriert werden, aber sie fallen eindeutig unter das EU-Transparenzgesetz. Daher sollten relevante Textnachrichten erfasst werden." Für das Recht auf Zugang zu EU-Dokumenten sei der Inhalt entscheidend - nicht das Gerät oder die Form. "Die EU-Verwaltung muss ihre Praxis der Dokumentenregistrierung aktualisieren." Die EU-Kommission müsse von der Leyens Kabinett darum bitten, erneut nach den SMS zu suchen. Falls sie auftauchten, solle geprüft werden, ob sie die Kriterien erfüllen, freigegeben zu werden.

Ein Sprecher der EU-Kommission betonte, man werde der Ombudsstelle in der gesetzten Frist antworten. Weitere Kommentare zu dem Vorgang wollte er nicht machen. Grundsätzlich sagte er, dass von der Leyen über verschiedene Wege Kontakt etwa zu Staats- und Regierungschefs, Firmenchefs und Vertretern der Zivilgesellschaft habe. Ein anderer Sprecher sagte, die Behörde prüfe grundsätzlich, ob man die Politik mit Blick auf den Zugang von Dokumenten wegen der sich ändernden Kommunikationsmittel anpassen werde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...