Finanzen

US-Börsen verzeichnen schlimmsten Januar seit der Weltfinanzkrise

Lesezeit: 2 min
01.02.2022 13:00
Es war der schlechteste Jahresauftakt an den US-Börsen seit der globalen Finanzkrise. Anleger erwarten offenbar steigende Zinsen.
US-Börsen verzeichnen schlimmsten Januar seit der Weltfinanzkrise
Auf dem Parkett der New Yorker Börse. Die Aktienkurse an den US-Börsen sind im Januar auf breiter Front abgestürzt. (Foto: dpa)
Foto: Ted Shaffrey

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Für den US-Aktienmarkt war es der schlechteste Januar seit dem Tiefpunkt der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2009. Hintergrund sind die erwarteten steigenden Zinsen, die nur noch langsamer wachsenden Unternehmensgewinne sowie die in der Ukrainekrise wieder stärker zutage tretenden geopolitischen Spannungen.

Der Aktienindex S&P 500 fiel im Januar um 5,3 Prozent und verzeichnete damit den stärksten monatlichen Rückgang seit dem Beginn der Corona-Krise im März 2020. Zu Beginn der letzten Woche schien es sogar sein bisher schlechtester Januar überhaupt zu werden. Doch dann setzte an den beiden letzten Handelstagen des Monats am Freitag und Montag eine Erholung um 4 Prozent ein.

Anleger erwarten nun weiterhin höhere Volatilität. Die Leiter der Multi-Asset-Abteilung des Fondsmanagers Franklin Templeton treffen sich normalerweise nur einmal im Monat, um die Aufteilung auf die verschiedenen Arten von Vermögenswerten anzupassen. Sie beschlossen jedoch, sich künftig jede Woche zu treffen, um schneller auf die Volatilität reagieren zu können, berichtet die Financial Times.

Die Kursverluste im Januar zeigten sich als erstes im Technologiesektor, wo Unternehmen durch steigende Zinssätze stark belastet werden könnten. Der technologielastige Nasdaq Composite Index fiel im Januar sogar um 9 Prozent und verzeichnete damit den stärksten Einbruch innerhalb eines Monats seit November 2008.

Die US-Notenbank Federal Reserve hat als Reaktion auf die ansteigende Inflation entsprechende Signale ausgesandt. Letzte Woche deutete Fed-Präsident Jay Powell an, dass eine erste Zinserhöhung im März so gut wie sicher sei, und er schloss eine Reihe weiterer aggressiver Zinserhöhungen nicht aus.

Sicherlich erwarten Anleger schon seit Monaten steigende Zinsen. Und nachdem das Gewinnwachstum bei den US-Unternehmen im letzten Jahr durch den Vergleich mit dem schwachen Jahr 2020 gestützt wurde, dürfte es nun im Vergleich mit dem Jahr 2021 deutlich niedriger ausfallen. Hinzu kam in den letzten Wochen noch eine weitere Komplikation: der Konflikt in der Ukraine.

Mögliche Sanktionen gegen Russland könnten die weltweiten Energiepreise weiter in die Höhe treiben. Sebastian Raedler, Leiter der europäischen Aktienstrategie bei der Bank of America, sagte: "Der Wachstumszyklus in Europa scheint besonders anfällig zu sein, weil die Energiepreise so stark gestiegen sind, was die Industrietätigkeit belasten wird".

Bislang haben die europäischen Märkte jedoch etwas besser abgeschnitten als die US-Börsen und sind seit Jahresbeginn nur um 3,8 Prozent zurückgegangen. Der FTSE-All-World-Index fiel hingegen um 5,6 Prozent und verzeichnet damit den schlechtesten Jahresauftakt seit 2016, als die Märkte von Sorgen über das Wachstum in China erschüttert wurden.

Trotz aller aktuellen Herausforderungen scheint die US-Wirtschaft immer noch in relativ guter Verfassung zu sein. Das Wachstum der Unternehmensgewinne mag sich zwar gegenüber den Spitzenwerten des letzten Jahres verlangsamen. Doch immerhin wird erwartet, dass die Gewinne bei den meisten großen Unternehmen weiter wachsen.

Als die Aktienkurse im Januar erst einmal zu fallen begonnen hatten, war es schwieriger als sonst, sie zu stoppen, sagt Jack Caffey, Portfoliomanager bei JPMorgan Asset Management. Denn nach Jahren mit stetigen Kursanstiegen würden Portfoliomanager kaum noch Dollar halten, da sich das Halten von Dollar immer wieder als verpasste Gewinne erwiesen habe.

"Wir haben den Leuten die Möglichkeit genommen, konträr zu handeln", zitiert die FT den Portfoliomanager. "Je weniger Barmittel man hält, desto schwieriger ist es, von Verwerfungen zu profitieren." Technologieunternehmen seien resistenter gegen Inflation und könnten seiner Ansicht nach eher von längerfristigen Trends wie der steigenden Nachfrage nach Halbleitern profitieren.

Tim Murray, Börsenanalyst bei T Rowe Price hingegen sieht Chancen eher bei kleineren Unternehmen (wo der Bärenmarkt längst begonnen hat) und bei "Qualitätsaktien", die in der Regel stabilere Erträge und stärkere Bilanzen aufweisen. "Immer wenn es zu einer wirklich heftigen Marktreaktion kommt, werden einige Babys mit dem Bade ausgeschüttet."


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie Neurotechnologie und Transhumanismus: Fortschritt, Chancen und Herausforderungen
28.04.2024

Wie sind die aktuellen Trends und potenziellen Auswirkungen von Neurotechnologie? Neben der Künstlichen Intelligenz entwickelt sich dieser...

DWN
Panorama
Panorama Neue Regelungen im Mai: Ticketsteuer, Biosprit und Autokauf
28.04.2024

Der Mai bringt frische Regulierungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen: Flugtickets könnten teurer werden, Autofahrer können...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...