Finanzen

Theo Waigel wollte Gold neu bewerten, doch er scheiterte an der Bundesbank

Lesezeit: 2 min
20.02.2022 17:26  Aktualisiert: 20.02.2022 17:26
Als im Jahr 1997 Finanzminister Waigel und Helmut Kohl eine Neubewertung der deutschen Goldbestände durchziehen wollten, wurden sie von der Bundesbank gestoppt. Doch angesichts der blamablen Schulden-Blase in der EU schließt die heutige Bundesbank eine Gold-Neubewertung nicht mehr aus.
Theo Waigel wollte Gold neu bewerten, doch er scheiterte an der Bundesbank
Theo Waigel und Helmut Kohl im Jahr 1998. (Foto: dpa)
Foto: Gero_Breloer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vielen Menschen ist nicht bekannt, dass der ehemalige Finanzminister Theo Waigel in der Ära von Helmut Kohl eine Goldneubewertung durchführen wollte. Doch er scheiterte am Veto der damaligen Führung der Bundesbank.

Am 16. Mai 1997 berichtete die „Irish Times“:

„Die Bundesregierung hat gestern erste Schritte unternommen, um mit den Goldreserven die sich verschlechternden Staatsfinanzen zu stützen und dem Land die Teilnahme an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ab dem geplanten Starttermin 1999 zu ermöglichen.

Der Schritt erfolgte, als ein Expertenbericht veröffentlicht wurde, in dem ein Defizit von 118 Milliarden D-Mark bei den budgetierten Einnahmen bis 2001 vorhergesagt wurde.

Finanzminister Theo Waigel stattete der Bundesbank in Frankfurt einen unangekündigten Besuch ab, um Pläne der Regierung für eine Neubewertung der Reserven und eine Nutzung der daraus resultierenden Gewinne zum Abbau der deutschen Schulden zu skizzieren.

Obwohl der Minister sagte, der geplante Schritt entspreche der internationalen Praxis, könnte er in anderen Ländern der Europäischen Union als kreatives Buchhaltungsinstrument angesehen werden, um die Kriterien für den Beitritt zur einheitlichen Währung zu erfüllen.“

Doch am 29. Mai 1997 berichtete die „taz“:

„Die Bundesbanker halten die von Finanzminister Theo Waigel angestrebte Höherbewertung der 95 Millionen Feinunzen Gold in den Tresoren der Bundesbank für unseriös. ,Wenn eine entsprechende Haushaltspolitik betrieben wird, brauchen Fragen nach der Seriosität bestimmter Maßnahmen erst gar nicht gestellt zu werden‘, sagte Ernst Welteke, Präsident der Landeszentralbank Hessen, nach der gestrigen Sitzung. Waigel will den Wert des Goldes an den Marktpreis angleichen. Der liegt bei rund 344 Dollar (590 Mark) pro Unze. Die Bundesbankunzen werden hingegen zu ihrem Anschaffungspreis mit nur 92 Dollar berechnet. Da die Bundesbank Überschüsse an den Bund abführen muß, würden mit einer Neubewertung der Goldunzen frisch gepreßte Milliarden in Waigels Kassen fließen.“

Der „Spiegel“ berichtete am 1. Juni 1997:

„Die Bonner Goldoperation ist eine Provokation ohne Beispiel. Denn der Finanzminister will die Goldreserven der Bank nicht nur höher bewerten (was unter Experten als unproblematisch gilt), er will sich einen Teil dieses Buchgewinns, dem keine realen Einnahmen gegenüberstehen, in mehreren Tranchen von insgesamt rund 20 Milliarden Mark auch ganz real von Frankfurt nach Bonn überweisen lassen - ein Akt der Geldschöpfung, wie er nirgendwo in Europa bisher praktiziert wurde.“

Doch mittlerweile hat sich die Meinung der Bundesbank geändert. Aus einer exklusiven E-Mail der Bundesbank geht hervor, dass eine Neubewertung von Gold nicht ausgeschlossen wird. Den südeuropäischen Staaten kann kein Schuldenerlass gewährt werden, solange der Goldpreis nicht neu bewertet wird. Eine Analyse des Analysten Jan Nieuwenhuijs.

Der Welt steht offenbar tatsächlich eine Neubewertung von Gold bevor. Denn nur auf diesem Weg wäre es möglich, den globalen Schuldenüberhang zu verringern. Eine Neubewertung würde den Goldpreis auf mindestens 10.000 US-Dollar hochtreiben.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...