Weltwirtschaft

EU legt strikten Entwurf für Lieferkettengesetz vor

Lesezeit: 2 min
22.02.2022 15:58  Aktualisiert: 22.02.2022 15:58
Die EU-Kommission arbeitet an einem strikten Lieferkettengesetz. Die Reaktionen fallen gemischt aus.
EU legt strikten Entwurf für Lieferkettengesetz vor
Eine Frau näht am 15.10.2012 an einer Jeans mit der Aufschrift "If you can catch me" in dem Slum Shastri Park am Fluß Yamuna im Osten von Delhi, Indien. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Größere Unternehmen in der EU sollen künftig bei Umwelt- und Menschenrechtsverstößen ihrer Lieferanten stärker in die Pflicht genommen werden. Wie aus einem Gesetzesentwurf der EU-Kommission hervorgeht, soll ein EU-weites Lieferkettengesetz künftig auf Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten angewendet werden können. Für Unternehmen aus Branchen, bei denen ein größeres Risiko für Verstöße gegen Umwelt- und Menschenrechtsstandards besteht, soll die Regelung bereits ab 250 Arbeitskräften angewendet werden können. Die Reaktionen fielen gemischt aus.

Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Offiziell vorgestellt werden soll er aber erst am Mittwoch. "Freiwillige Maßnahmen scheinen nicht zu großangelegten Verbesserungen in allen Sektoren geführt zu haben", heißt es in dem Entwurf. Es gebe EU-Unternehmen, die mit negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt in Verbindung gebracht werden könnten. Das Gesetz soll auch auf größere Firmen, die nicht aus der EU kommen, aber dort Geschäfte machen, angewendet werden können. Diese müssten dann dafür Sorge tragen, dass auch Unternehmen, von denen sie beliefert werden, nicht die Umwelt zerstören oder ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbeuten.

Damit geht das Vorhaben der EU-Kommission über das für Deutschland geplante Lieferkettengesetz hinaus. In der Bundesrepublik werden Unternehmen mit mehr als 3000 Angestellten ab 2023 in die Pflicht genommen, dass in ihren Lieferketten Menschenrechte eingehalten werden und die Umwelt nicht zerstört wird. Ein Jahr später sinkt diese Grenze auf 1000. Bei Verstößen sind Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen vorgesehen. Einer Umfrage im Auftrag des TÜV zufolge begrüßt gut jedes zweite Unternehmen in Deutschland das nationale Lieferkettengesetz. Knapp 30 Prozent lehnen es ab und 15 Prozent haben noch keine Meinung.

Politikerinnen der Grünen begrüßen das Vorhaben der EU-Kommission. "Es ist gut, dass die EU-Kommission ein ambitioniertes Lieferkettengesetz vorschlägt", sagte etwa die Bundestagsabgeordnete Renate Künast (Grüne). Ihre Parteikollegin aus dem EU-Parlament, Anna Cavazzini, betonte, Firmen könnten nun nicht mehr die Augen verschließen, wenn beispielsweise in Indien Arbeiterinnen beim Färben von Baumwolle durch chemische Substanzen verätzt werden oder Arbeitsunfälle wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen passierten.

Vertreter der Union äußern sich hingegen kritisch. Dem CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber geht der Entwurf zu weit: "Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich europäische Unternehmen infolge dieses Vorschlags aus einigen Regionen dieser Welt zurückziehen." Er befürchtet, dass diese Lücken durch chinesische Konkurrenz genutzt würden. Der CDU-Parlamentarier Markus Pieper sagte der Rheinischen Post, er gehe davon aus, dass durch die schärfere Regelung aus Brüssel künftig 14 000 statt 4000 deutsche Unternehmen betroffen sein könnten.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie fordert, dass sich die EU-Regelung nur auf direkte Vertragspartner von Unternehmen beschränkt. Der Mittelstandsverbund ZGV sprach von einem drohenden Bürokratiemonster für mittelständische Unternehmen. Christoph Schröder von der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland rechnet damit, dass in absehbarer Zeit viele mittelständische Unternehmen gesetzlich verpflichtet seien, ein Risikomanagement einzurichten, um menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten zu vermeiden oder zu minimieren.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Politik
Politik CDU plant schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
08.05.2024

Nachdem die Bundeswehr 2011 von einer Regierung unter Führung der Union von der Wehrpflicht befreit wurde, macht die CDU nun nach 13...