Wirtschaft

Sprit bleibt trotz sinkender Ölpreise teuer

Der Ölpreis ist fast wieder zurück auf dem Niveau vor Kriegsbeginn. An den Tankstellen gibt es dagegen weiter Rekordpreise. Das sorgt für Kritik an den Mineralölkonzernen.
15.03.2022 14:54
Aktualisiert: 15.03.2022 14:54
Lesezeit: 2 min

Die trotz sinkender Ölpreise weiter extrem hohen Spritpreise sorgen für Kritik an den Mineralölkonzernen. „Mein Eindruck ist, dass ein paar Ölmultis gerade den großen Reibach machen“, schrieb der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) am Dienstag auf Twitter. Vielen Autofahrern dürfte er damit aus der Seele sprechen, denn während Rohöl inzwischen fast wieder auf das Preisniveau vor Beginn des Ukraine-Kriegs zurückgekehrt ist, bleibt Superbenzin rund 45 Cent teurer, Diesel sogar rund 64 Cent.

Normalerweise bewegen sich die Preise für Öl und Sprit relativ im Gleichschritt, doch derzeit sind sie weitgehend entkoppelt. Am Dienstagmittag sank der Preis für Öl der in Europa wichtigen Sorte Brent unter 100 Dollar pro Fass (159 Liter) und näherte sich den Werten vor Kriegsbeginn. Nach dem russischen Angriff war er bis Anfang vergangener Woche über 130 Dollar gestiegen. In der Spitze wurde kurzfristig sogar ein Wert von 139,13 Dollar erreicht. Seither ist der Preis allerdings wieder stark gesunken. Beim Sprit ist davon aber nichts zu bemerken. Im Gegenteil: Sowohl Superbenzin der Sorte E10 als auch Diesel sind in der Phase des Ölpreis-Rückgangs eher teurer als billiger geworden.

Auch beim ADAC betont man diese Diskrepanz. „Trotz aller kriegsbedingter Sondereffekte und Erklärungen für die hohen Spritpreise – irgendwo zwischen Ölförderung und Tankstelle bleibt das zusätzliche Autofahrergeld hängen“, sagt Kraftstoffmarkt-Experte Jürgen Albrecht. „Die Mineralölkonzerne verdienen im Raffineriegeschäft derzeit richtig gutes Geld.“

Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie (en2x) äußerte sich ähnlich. Ein Sprecher sagte der „Tageszeitung“ (taz): „Die Raffinerien verdienen derzeit deutlich mehr Geld als vorher.“ Am Dienstag verwies der Verband auf eine höhere Nachfrage bei gleichzeitig zurückgegangenem Angebot. Die höheren Preise für Kraftstoffe aus heimischen Raffinerien oder dem Ausland seien „ein Indikator für eine Produktknappheit, die in diesem Fall europa- und weltweit gilt“.

Auch der Geschäftsführer des Tankstellenverbands ZTG, Jürgen Ziegner, sieht diese Knappheit. Vor allem bei Diesel und ihm ähnlichen Produkten werde in Deutschland weniger produziert als verbraucht. Ein relevanter Teil des Imports sei bisher aus Russland gekommen, doch viele Händler nähmen bereits ein mögliches Importverbot vorweg. Dadurch werde der Treibstoff knapper und damit teurer. Dazu kämen Angst und Spekulation. Und es sei auch nicht auszuschließen, dass manche Unternehmen versuchten, etwas Speck anzulegen, um für sinkende Preise gewappnet zu sein. Die Tankstellen selbst hätten dagegen kaum Möglichkeiten, die Preise zu gestalten.

Die Spritpreise stagnieren seit einigen Tagen auf sehr hohem Niveau. Super E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Montags 2,203 Euro pro Liter, wie der ADAC am Dienstag mitteilte. Das sind 0,4 Cent mehr als am Vortag und knapp ein Allzeithoch. Diesel verteuerte sich um 0,2 Cent auf 2,307 und liegt damit 1,4 Cent unter seinem Rekordwert aus der vergangenen Woche.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Bürgergeldreform „Bullshit“: Arbeitsministerin Bas muss bei Jusos einstecken - wackelt die neue Grundsicherung?
01.12.2025

Die Bürgergeldreform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember durch das Bundeskabinett von Kanzler Merz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Materialmangel trifft Autoindustrie am härtesten – Ursache wohl in China
01.12.2025

Materialmangel trifft die deutsche Industrie unerwartet hart und legt Schwachstellen in globalen Lieferketten offen. Besonders Halbleiter...

DWN
Politik
Politik NATO-Krise: Ex-Spitzenoffizier fordert im DWN-Interview totale Umstellung von Gesellschaft und Wirtschaft
01.12.2025

Ein früherer NATO-Spitzenoffizier warnt in einem exklusiven Interview, dass Europa nur wenige Jahre hat, um sich auf einen möglichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Hugo Boss-Aktie: Machtkampf mit Großaktionär Frasers?
01.12.2025

Beim Modekonzern Hugo Boss knirscht es im Machtgefüge: Der wichtigste Investor zieht dem Aufsichtsratschef die Unterstützung weg,...

DWN
Finanzen
Finanzen Airbus-Aktie fällt nach A320-Software-Update
01.12.2025

Ein Pflicht-Update für die A320-Reihe schickt die Airbus-Aktie auf ein Zweimonatstief. Airlines reagieren hektisch, doch der Hersteller...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wird 2026 alles steigen? Prognose für Aktien, Bitcoin-Kurs und Goldpreis
01.12.2025

Der November brachte an den US-Börsen einen synchronen Aufschwung über sämtliche Anlageklassen hinweg. Jetzt legen die größten Häuser...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...