Politik

Baerbock verspricht „wertegeleitete Außen- und Energiepolitik“

Die Bundesregierung werde eine „wertegeleitete Außen- und Energiepolitik“ betreiben, so Außenministerin Baerbock. Wirtschaftsminister Habeck zeigte mit seinem Knicks bei den Scheichs in Katar schon einmal, was damit gemeint sein könnte.
29.03.2022 10:00
Aktualisiert: 29.03.2022 10:49
Lesezeit: 2 min
Baerbock verspricht „wertegeleitete Außen- und Energiepolitik“
Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani (2.v.l.), Minister für Handel und Industrie von Katar, treffen sich im Ministerium für Handel und Industrie mit ihren Delegationen zu einem Gespräch. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Die Bundesregierung will nach den Worten von Außenministerin Annalena Baerbock eine „wertegeleitete Außen- und Energiepolitik“ betreiben. „Saubere Energien dürfen wir nicht mit schmutzigen Deals erkaufen“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei einer Konferenz des Auswärtigen Amts in Berlin. „Erneuerbare Energien und soziale Gerechtigkeit können nur Hand in Hand gehen.“

Bei allen schwierigen Abwägungen, die jetzt nötig seien, sei das zu beachten, sagte Baerbock beim „Berlin Energy Transition Dialogue“. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sei es am Anfang zu wenig um soziale Fragen gegangen, sagte Baerbock rückblickend. Es brauche aber zum Beispiel starke Gewerkschaften, wenn Windenergieanlagen gebaut würden.

Energiepolitik sei Sicherheitspolitik, sagte Baerbock mit Blick auf den russischen Krieg gegen die Ukraine und die in Folge angespannten Beziehungen zum wichtigen Energielieferanten Russland. Es sei wichtig, dass Deutschland und Europa ihre Bemühungen um Energieunabhängigkeit nicht auf Kosten anderer Länder vorantrieben.

Baerbocks Partei- und Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Robert Habeck, sorgte vor einigen Tagen für Aufsehen, als er in Katar um Erdgaslieferungen ersuchte. Das Emirat steht seit Jahren schwer in der Kritik, weil dort zehntausende Ausländer wie Arbeitssklaven gehalten werden - und etwa auf den Baustellen für die bevorstehende Fußball-WM verheizt werden.

Nicht bekannt ist, ob sich Habeck bei den Kataris im Sinne der wertegeleiteten Energiepolitik für die geknechteten Inder, Bangladeschis, Pakistanis und Phillipinos im Land eingesetzt hat.

„Von Ausbeutung betroffen“

Amnesty International sieht weiterhin gravierende Mängel im WM-Gastgeberland Katar. Trotz staatlicher Reformen seien Arbeitsmigranten im Jahr 2021 „weiterhin von Ausbeutung betroffen“ gewesen und hätten „Schwierigkeiten, ihren Arbeitsplatz frei zu wechseln“ gehabt, heißt es im Jahresbericht 2021/22 der Menschenrechtsorganisation.

Vor der Endrunde der Fußball-WM in diesem Jahr (21. November bis 18. Dezember) „schränkten die Behörden das Recht auf Meinungsfreiheit noch stärker ein“. Frauen sowie lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) seien zudem „sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben weiterhin diskriminiert“ worden.

Das Emirat steht seit Jahren in der Kritik. Berichte über Tausende tote Arbeiter sorgen immer wieder für laute Kritik - insbesondere aus Europa. Die Regierung des Emirats verweist auf etliche Reformen zur Verbesserung der Menschenrechtslage und der Bedingungen für ausländische Arbeiter. So baute Katar das Kafala-System ab. Dieses auch in anderen Ländern der Region verbreitete System bindet ausländische Arbeiter fest an einen einheimischen Bürgen wie einen Arbeitgeber und öffnet damit der Sklaverei faktisch Tür und Tor. Während weibliche philippinische Pflegekräfte häufig sexuell missbraucht werden, werden männliche Arbeiter auf den Baustellen des Landes verheizt.

Lesen Sie dazu: „Fußballfest auf den Gräbern tausender Arbeitsmigranten“: Fan-Bündnis fordert DFB zum Boykott der WM in Katar auf

„Trotz anderslautender Zusicherungen versäumte es die Regierung, Reformen einzuführen und durchzusetzen, was dazu führte, dass ausbeuterische Praktiken und die schlimmsten Elemente des Sponsorensystems (Kafala) fortbestanden“, schreibt Amnesty über die vergangenen Monate. Die Behörden hätten es zudem unterlassen, „den Tod Tausender Arbeitsmigranten gründlich zu untersuchen, die in den vergangenen Jahren plötzlich und unerwartet gestorben waren, obwohl sie vor ihrer Einreise nach Katar die vorgeschriebenen medizinischen Tests bestanden hatten“.

Diese „Unterlassung“ bedeute, dass Katar „ein zentrales Element des Rechts auf Leben nicht schützte, denn es ließ sich nicht feststellen, ob der Tod der Männer im Zusammenhang mit ihren Arbeitsbedingungen stand“. Außerdem bliebe den Hinterbliebenen dadurch die Möglichkeit verwehrt, von den Arbeitgebern oder den katarischen Behörden eine Entschädigung zu erhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist tief gefallen und löst weltweit Unruhe unter Anlegern aus. Der Fear-and-Greed-Index warnt vor extremer Angst am...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Selbstständige in Deutschland: Von der Politik vergessen – jeder fünfte Selbstständige steht vor dem Aus
18.11.2025

Die Zahlen sind alarmierend: Jeder fünfte Selbstständige in Deutschland steht vor dem Aus, während die Großwirtschaft auf Erholung...